Bewegungsabläufe schneller lernen, verbessern und stabilisieren und das ohne körperlich zu trainieren? Wer über das entsprechende Wissen verfügt, kann mit mentalem Training einen entscheidenden Vorsprung gegenüber seinen Konkurrenten generieren oder einfach nur deutlich schneller besser werden.
Mit mentalem Training kannst du als Kampfsportler, schneller lernen, Bewegungsmuster optimieren und effektiv „einschleifen“, da du in kürzerer Zeit mehr hochqualitative Wiederholungen durchführen kannst.
Mentales Training lässt sich zusätzlich zum körperlichen Training durchführen und kann im Fall von verletzungsbedingten Trainingsausfällen helfen, ein gutes technisches Niveau zu halten oder sogar noch zu verbessern.
Kampfsport Toolkiste – mit mentalem Training zum Erfolg
Mentales Training im Sport – lernen im Sport.
Bewegungstraining und Vorstellungsregulation
Mentale Techniken lassen sich alleine und in Kombination mit körperlichem Training nutzen. Übersicht – so eignest du dir Techniken und Bewegungen an:
A: körperliches Training – mentale Komponenten
1. Solotraining – Formen – trainieren von fixen vorgegebenen Abläufen – Schlagkombinationen
Du trainierst alleine, ohne Partner und lenkst deine Konzentration ganz auf die äußere Bewegungsausführung. In der Anfangsphase beim Erlernen neuer Bewegungsmuster konzentrierst du dich also hauptsächlich auf die vorgestellte Referenzbewegung.
Du stellst dir einen Könner bei der Ausführung vor, und versuchst die Technik, oder Bewegung zu imitieren. Der innere Aspekt der Bewegungsvorstellung (der kinästhetische Aspekt), welche Muskeln werden im Zeitverlauf der Ausführung angesteuert, fehlt noch weitestgehend.
2. Schattenarbeit
Das Solotraining mit Visualisierung eines Gegners, Übungspartners oder Trainingsgerätes.
In dieser Phase des Trainings solltest du schon weiter fortgeschritten sein, und eine gute äußere und innere Bewegungsvorstellung haben.
Toolkiste – Mentales Training – Beispiel: Kampfsportler
Jetzt kannst du versuchen, dich auf einen imaginären Trainingspartner oder Gegner zu konzentrieren. So kannst du dir beispielsweise vorstellen, wann du, an welchem Punkt, Kontakt zum Gegner bekommst, wie du auf wechselnden Druck oder Zug reagierst.
Im Brazilian Jiu-Jitsu könntest du so üben, wie du in bestimmte Hebel kommst, oder entkommst und was mögliche Folge – und Kontertechniken sein könnten.
Die Methoden lassen sich auf beliebige Sportarten übertragen. Ich habe kürzlich einen Beitrag über einen Sportkletterer gesehen, der aufgrund einer Verletzung nicht in der Wand trainieren konnte, und am Boden liegend körperlich und mental seine Bewegungen trainiert hat.
Wenn man so will – Schattenboxen – für Kletterer.
Schattenarbeit vs. Formen (Kata/ Kuen /Hyong)
Schattenarbeit wird hier als Überbegriff für so etwas wie „Schattenboxen“, in unterschiedlichen Sportarten verwendet.
In den FMA (filipino martial arts) wird es Carenza genannt.
Schattenarbeit erfordert, selbst aktiv zu visualisieren, kreativ zu werden und sich zu konzentrieren.
Sie ist die effektivste Form des Solotrainings. Du trainierst, sowohl körperlich, als auch mental und verbesserst deinen Lerneffekt.
Hier lohnt es sich, guten Boxern beim Training zuzusehen.
„Formen“ sind fixe, von anderen vorgegebene Bewegungsfolgen, oft ein Kampf gegen mehrere imaginäre Gegner. Vom Standpunkt des Bewegungslernens machen sie vor allem zu Beginn Sinn.
B: mentales Training – Vorstellungsregulation
Was ist mentales Training?
Die Zielsetzung im mentalen Training:
- lernen
- präzisieren
- stabilisieren
Ziel ist es kognitive Fertigkeiten, zur Bewältigung wiederkehrender Handlungen, zu entwickeln und abzurufen. Kognitive Fertigkeiten sind Fertigkeiten, die dir dabei helfen nicht nur motorische Fähigkeiten, sondern auch Aufnahme und Verarbeitung von Informationen und Handlungsmuster einzuprägen und automatisch auszuführen.
Mentales Training ist also nicht nur auf das Lernen und Stabilisieren von Bewegungen beschränkt.
Wie bei jeder anderen Art von Training ist Regelmäßigkeit im Training erforderlich.
Fertigkeiten müssen entwickelt und regelmäßig trainiert werden, um sicher, situationsangemessen abrufbar zu sein.
Die Vorteile auch mental zu trainieren sind vielschichtig. Du kannst, durch Mentaltraining, mehr Wiederholungen ausführen. Das ermöglicht dir, schneller und besser zu lernen. Im Verletzungsfall kannst du mit diesen Methoden weiter trainieren, am Ball bleiben und deine Motivation aufrecht halten.
Toolkiste – Mentales Training: Welche Methoden kannst du nutzen?
1. Subvokales Training
Du sagst dir den Bewegungsablauf während der Ausführung im Selbstgespräch vor.
Hier ist es sinnvoll, die Beschreibung im Selbstgespräch abzukürzen, oder durch Symbole zu kodieren, um zeitlich im Selbstgespräch mit der Bewegungsausführung mitzukommen.
Für Schnelligkeit, oder Explosivität könntest du dir einen Blitz vorstellen, oder was auch immer für dich passend ist auswählen.
2. Observatives Training – Beobachtung eines anderen – Lernen durch Imitation
Je intensiver die Bewegungsvorstellung, umso mehr wird über den Carpenter Effekt (ideomotorischer Effekt), die Tendenz zur Ausführung dieser Bewegung ausgelöst.
Es konnte nachgewiesen werden, dass es dadurch zur Aktivierung der Zielmuskulatur kommt. Der Körper trainiert, die gedachte Bewegung gleichsam unterschwellig mit.
3. verdecktes Wahrnehmungstraining
Außenperspektive – Man sieht sich selbst, oder ein Vorbild vor dem inneren Auge die Bewegung ausführen. (Die Fachliteratur ist sich in diesem Punkt offenbar nicht einig.)
Diese Art des Trainings ist vor allem am Anfang zu empfehlen, wenn die Innenperspektive der Bewegung noch nicht gut ausgeprägt ist. (vgl. ideomotorisches Training, Kinästhetik)
4. ideomotorisches Training
Du versuchst dich selbst in die Bewegung hineinzuversetzen, sie so realistisch wie möglich nachzuempfinden. Du spürst Zug/Druck, die Spannung und Entspannung der Muskulatur…
Du nimmst also die Innenperspektive ein. Das kinästhetische Empfinden wird trainiert, was eine sehr gute Körperwahrnehmung erfordert und fördert.
Toolkiste – Mentales Training: Beispiel – so kannst du vorgehen
Du rufst dir den zu erlernenden Bewegungsablauf, so detailliert es geht, ins Gedächtnis. Nutze dazu alle verfügbaren Mittel. Videoaufzeichnungen sind hier besonders zu empfehlen.
Jetzt beginnst du den Bewegungsablauf zu beschreiben. Am besten schreibst du ihn nieder.
Wenn die Möglichkeit besteht, lasse die Beschreibung von einem Trainer, oder jemandem der den Ablauf beherrscht kontrollieren.
In Folge kannst du beginnen, die Beschreibung auswendig zu lernen, und im Selbstgespräch während der Bewegungsausführung abzurufen.
Du kannst diese Methode weiter verfeinern, wenn du Schlüsselstellen in der Bewegungsausführung herausarbeitest und dann mit Symbolen besetzt. Dazu kannst du Bilder, aber auch Worte oder Silben benutzen.
C. Toolkiste – Mentales Training: Ein Praxisbeispiel aus dem Boxen
1. Detaillierte Bewegungsbeschreibung:
- Schlag mit der Führhand vom Kopf des Gegners – Schulter oben – Kinn tief.
- In die Knie gehen und zeitgleich mit dem Absenken des Körpergewichts, dieses in den Jab tief bringen, um mehr Wirkung zu erzielen.
- Seitlich rausdrehen in den toten Winkel des Gegners weg von dessen Schlaghand – gleichzeitig Führhand zum Kopf.
- Unmittelbar danach mit der Schlaghand nachsetzen – und weg.
Diese Beschreibung lässt du von deinem Trainer überprüfen. Anschließend beginnst du die Schlüsselstellen der Bewegung zu benennen und kürzt die Bewegungsbeschreibung wieder ab.
2. identifiziere die Schlüsselstellen der Bewegung:
- Jab hoch – Jab tief – Sidestep – Jab hoch – Schlaghand – weg!
Diese Abkürzungen kannst du mit Symbolen besetzen. Als Symbole kannst du Bilder, Laute, Worte und alles, was dir geeignet erscheint, nutzen.
3. Besetze diese Schlüsselstellen mit Symbolen:
- Bum – Bum …..- Bum -Bumm – weg!
Wer Rene Latosa bei Vorführungen gesehen hat, weiß, was ich meine. In der Forschung wurden über 300 unterschiedliche „Pfumm – Bum“ im Boxsport identifiziert. Sie sind aber erst am Anfang. 😉
4. Trainiere regelmäßig
Diese Symbolkette, wenn man sie so nennen will, kannst du in jeder Art von Training abrufen und trainieren. Ich kann dir nur raten, mit diesen Spielarten des mentalen Trainings zu experimentieren und sie in dein Training einzubauen.
Du kannst den Bewegungsablauf gewinnbringend, vor der Ausführung, während, und nach der Ausführung trainieren und visualisieren.
Gelungene Ausführungen sollten im Training, sofort und mehrmals wiederholt werden.
Du darfst mit einer positiven Einstellung ans Training herangehen, denn:
Ob du denkst, du kannst es, oder du kannst es nicht: Du wirst auf jeden Fall recht behalten.
Henry Ford (1863-1947), amerik. Großindustrieller
In diesem Beitrag habe ich mich auf das Erlernen und Stabilisieren von Bewegungen konzentriert. Es gibt aber noch viele weitere Aspekte, die man mittels Mentaltraining trainieren kann. Möglicherweise behandle ich diese Themen noch in Folgebeiträgen.
Viel Spaß beim Training!