Visualisierung als Erfolgsfaktor im Kampfsport – Theorie & Praxis


Visualisierungen im Kampfsport

Visualisierungstechniken sind heute fester Bestandteil des mentalen Trainings im Kampfsport. Sie dienen der gezielten Steigerung der eigenen Leistungsfähigkeit und sind sowohl für ambitionierte Hobbysportler als auch für Leistungs- und Wettkampfsportler unverzichtbar geworden. Die dabei erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten können nicht nur im Kampfsport, sondern auch im Alltag von großem Nutzen sein.

Visualisierungen können im Kampfsporttraining zur Verbesserung aller Leistungsaspekte eingesetzt werden. Sie dienen der Zielerreichung, Motivation, der Optimierung von Kampfsporttechniken, der Entwicklung mentalen Stärke und dem erfolgsorientierten Verhalten in kritischen Wettkampfsituationen.

Der Aufwand für die bildliche Vorstellung, die Visualisierung von erwünschten Fähigkeiten, Zielen und mentalen Zuständen ist im Vergleich zu den möglichen Ergebnissen relativ gering. Es lohnt sich daher, sich mit diesem Thema näher zu befassen.

Was sind Visualisierungen und wozu dienen sie im Kampfsport?

Unter Visualisierung versteht man den mentalen Prozess der bildlichen Darstellung von Bewegungen und inneren Zuständen unter Einbeziehung aller Sinne, um eine möglichst realistische Vorstellung zu entwickeln.

Da das Gehirn nicht in der Lage ist, reale von vorgestellten visuellen Eindrücken zu unterscheiden, bieten Visualisierungen die Möglichkeit, beliebige Situationen mental durchzuspielen und das Verhalten in diesen Situationen zu trainieren.

Das Visualisierungstraining bietet Kampfsportlern eine Vielzahl von Möglichkeiten, ihre Leistungen zu verbessern. Die mentale Technik ermöglicht es, Kampftechniken zu verbessern, schneller zu erlernen und Bewegungsabläufe durch mehr Wiederholungen in kürzerer Zeit auf hohem Niveau zu stabilisieren.

Ein weiterer wichtiger mentaler Aspekt, der sich sehr gut mit Visualisierungen trainieren lässt, ist die mentale Verfassung in jeder Situation. Sei es der Ablauf eines Wettkampftages oder das Verhalten in entscheidenden Kampfsituationen, die ein bestimmtes Verhalten und eine bestimmte Einstellung erfordern.

Viele große Boxer der Vergangenheit, wie etwa Jack Dempsey oder Rocky Marciano, waren dafür bekannt, dass sie ihre Kämpfe, jede erdenkliche Situation, vor ihrem geistigen Auge durchspielten, um sie im Kampf besser meistern zu können. Sie wussten instinktiv um die Bedeutung des Visualisierungstrainings.

Im modernen Leistungssport, wo die Profis von Sportpsychologen und Mentaltrainern unterstützt werden, wird sehr systematisch an der Visualisierungsfähigkeit gearbeitet. So haben beispielsweise Georges St-Pierre oder Ronda Rousey, zwei Größen der Mixed Martial Arts, Visualisierungstechniken intensiv in ihrer Wettkampfvorbereitung genutzt.

Besonders bewährt im Mentaltraining haben sich dabei Methoden aus dem Neurolinguistischen Programmieren (NLP). Sie kommen in so gut wie allen Kampfsportarten zum Einsatz.

Wie jede andere Fähigkeit erfordert auch die Visualisierung Übung und das Wissen um ihre Möglichkeiten und Grenzen.

Welche Vorteile hat Visualisieren für Kampfsportler?

Wie oben bereits angesprochen, lassen sich mit Visualisierungstechniken verschieden mentale im Kampfsport wichtige Aspekte trainieren.

Visualisierungen können den Kämpfern als Ergänzung zum physischen Training helfen, Kampftechniken und Bewegungsabläufe durch vorgestellte Bilder und Abläufe schneller zu erlernen und auf einem guten Niveau zu stabilisieren.

Die vorgestellten Bewegungen führen nachweislich zu Mikrokontraktionen in der beteiligten Muskulatur und helfen so, Bewegungsmuster zu verbessern, da mehr Wiederholungen durchgeführt werden können. (Dieses Phänomen der unbewussten Mikrokontraktionen ist in der Sportwissenschaft als Carpenter-Effekt bekannt.)

Entscheidende Kampfsituationen visualisieren und beherrschen lernen. Kämpfen ist chaotisch. Es liegt in der Natur der Sache, dass unerwartete und schwer zu bewältigende Situationen auftreten können. Umso wichtiger ist es, in solchen Situationen schnell und instinktiv mit der richtigen Einstellung richtig reagieren zu können.

Zu einer guten Trainingsvorbereitung gehört es daher auch, alle möglichen Schwierigkeiten und Situationen, die in einem Wettkampf auftreten können, im Vorfeld zu visualisieren und deren erfolgreiche Bewältigung mental durchzuspielen.

Dieses Szenariotraining erlaubt es dem so vorbereiteten Kämpfer, in den vorgestellten Situationen effektiv weiterzukämpfen. Er „kennt“ die Situation ja bereits und hat sie in seinem Training unzählige Male auf unterschiedliche Weise bewältigen können. (z.B. wenn der Gegner im MMA eine sehr dominante Position wie den Full Mount aufbauen konnte).

Mentale Stärke, Entschlossenheit, Siegeswille und Selbstvertrauen durch Visualisierungen entwickeln und festigen. Visualisierungen können auch entscheidend dazu beitragen, mentale Stärke und Selbstvertrauen zu entwickeln. Als Ergänzung zu einem durchdachten Training kann der Einsatz mentaler Techniken den entscheidenden Unterschied zwischen Sieg und Niederlage ausmachen.

Visualisierungen können auch mit so genannten Ankertechniken kombiniert werden. Dabei werden bestimmte mentale Zustände mit einem körperlichen Reiz verknüpft und können so gezielt abgerufen werden.

Wichtig beim Visualisieren für Kampfsportler

Visualisierungstechniken können für den Kämpfer nur dann nachteilig sein, wenn er sie falsch anwendet.

Der Kampfsportler muss eine klare und technisch korrekte Vorstellung von den visualisierten Techniken haben. Wer Bewegungsmuster übt, ohne die Abläufe genau zu kennen, trainiert falsche Techniken ein, unabhängig davon, ob er sie nur visualisiert oder tatsächlich körperlich ausführt.

Visualisierungen sind nachweislich effektiver, wenn sie von fortgeschrittenen Kampfsportlern eingesetzt werden, die über eine gute Basis an Kenntnissen und Fähigkeiten in ihrer jeweiligen Sportart verfügen.

Dies bedeutet nicht, dass Visualisierungstraining für Anfänger oder mäßig Fortgeschrittene ungeeignet ist. Diese benötigen jedoch eine sehr konkrete und detaillierte Anleitung, um die Fehlerquote im Training so gering wie möglich zu halten.

Ein nicht zu unterschätzender Vorteil beim Visualisieren ist, dass der Sportler gezwungen ist, sich eine klare Vorstellung der Bewegungsabläufe zu machen. Das wiederum hilft schneller zu lernen und Schwächen aufzudecken und auszubessern.

Richtig visualisieren im Kampfsport

Um als Kampfsportler den größtmöglichen Nutzen aus dem Visualisierungstraining zu ziehen, ist es wichtig, sehr detaillierte und realistische Bilder und Filme vor dem inneren Auge entstehen zu lassen.

  • Zum effektiven Visualisieren müssen möglichst alle Sinne in die Übungen einbezogen werden. Nicht nur Bilder, sondern auch Geräusche, das Körpergefühl – welche Muskeln werden beansprucht, wie fühle ich mich körperlich in der Situation – bis hin zu Gerüchen sollten einbezogen werden.
  • Dies kann sich auf Situationen im Wettkampf beziehen, aber auch auf die konkrete Wettkampfvorbereitung, den Gang zum Ring oder Cage, die Atmosphäre und die eigene Gefühlslage. Selbstbewusst, leistungsbereit und optimistisch oder ängstlich, verkrampft und mental auf Niederlage programmiert – all das kann im Vorfeld des Kampfes mental trainiert werden.
  • Erstelle durch Visualisierung realistische Bilder und Filmsequenzen. Sie prägen sich in dein Unterbewusstsein ein und verbessern gezielt deine Leistung!
  • Um Visualisierungen noch effektiver zu machen, kannst du alle Details der erzeugten Bilder bewusst zu deinem Vorteil manipulieren und feintunen. Welche das sind, ist von Person zu Person verschieden. Achte auf Farben, Schärfe und die jeweilige Perspektive, die du in deinen Vorstellungen verwendest. (Submodalitäten aus dem NLP)
  • Was unterscheidet negative von positiven Bildern? Welche Bildmanipulationen kann man in der Vorstellung vornehmen, um Visualisierungen wirkungsvoller zu gestalten?
  • Eine weitere wichtige Methode ist die Verwendung verschiedener Perspektiven – Blickwinkel beim Visualisieren. Du kannst die Innenperspektive oder die Außenperspektive einnehmen. Man kann Bilder und Szenarien aus allen möglichen Blickwinkeln betrachten. Letzteres ist meiner Erfahrung nach besonders wertvoll, wenn es um das Erlernen oder Verstehen von Kampftechniken und Bewegungsabläufen geht.
  • Achte während der Visualisierung auf eine kontrollierte Atmung. Du kannst die Übungen im Sitzen, Liegen oder wie beim Schattenboxen in Bewegung ausführen.

Wie häufig und wie lange sollte man Visualisieren?

Welche Trainingsmethoden in welcher Intensität von Kampfsportlern eingesetzt werden, hängt von vielen individuellen Faktoren ab. Während einige Spitzenathleten täglich bis zu einer halben Stunde für mentales Training aufwenden, kommen andere mit deutlich weniger aus.

Wer sich als Kampfsportler ernsthaft mit mentalem Training und Visualisierung beschäftigen möchte, sollte mindestens dreimal pro Woche für jeweils mindestens 5 Minuten trainieren. Regelmäßigkeit und Sorgfalt beim Training sind auch hier entscheidend. Plane die Übungen in deinen Trainingsplan ein.

Visualisierungen beim Schattenboxen und Gerätetraining sollten ergänzend dazu, ebenfalls sehr bewusst und sorgfältig durchgeführt werden.

Mentaltraining und Visualisierung sind ein wichtiger Bestandteil jedweden sportlichen Trainings und sind heute aus dem Leistungssport nicht mehr wegzudenken.

Fazit – Visualisierungen – Mentaltraining für Kampfsportler

Die Arbeit mit der Kraft der Vorstellung und der inneren Bilder ist eine sehr effektive Methode des mentalen Trainings, die auch Kampfsportler mit großem Erfolg anwenden. Die Methode der Visualisierung ist nicht nur für Leistungssportler, sondern auch für Freizeitsportler zu empfehlen.

Visualisierungstechniken helfen, Bewegungsabläufe schneller zu erlernen und zu festigen und können gezielt eingesetzt werden, um angestrebte mentale Zustände zu erreichen und im richtigen Moment abrufbar zu machen.

Wer mit wenig Aufwand besser werden möchte in dem, was er tut, den lade ich herzlich ein, es zu versuchen und sich dem Thema – Visualisierung als wichtiger Aspekt des mentalen Trainings für Kampfsportler – näher zu widmen.

Viel Spaß beim Training!

Letzte Beiträge