Techniktraining im Kampfsport – 10 Tipps und Tricks


Techniktraining 10 Tipp
Techniktraining 10 Tipp

Grundlagen des Lernens zum besseren Verständnis

Das 4 Lernphasen – Modell

Ist ein grundlegendes Modell, das 4 Phasen des Lernens definiert.

Zum besseren Verständnis haben wir das am Beispiel eines imaginären Boxers erklärt.

Das Modell lässt sich jedoch auf jede x beliebige Sportart anwenden.

A. Die Lernphasen

1. unbewusste Inkompetenz

Dem Boxer ist nicht klar, dass er beim Schlagen die Deckung fallen lässt und die Schlaghand nicht auf direktem Weg zum Kopf zurückzieht. Ein Verhalten, das möglicherweise zu traumatischen Ereignissen in der Zukunft führen könnte.

Er hat in dieser Phase keine Vorstellung davon, dass er entscheidende Fehler begeht, oder worauf er im Techniktraining zu achten hat.

Dem Lernenden ist gar nicht bewusst, etwas nicht zu wissen oder zu können.

2. bewusste Inkompetenz

Der Boxer hat möglicherweise schon ein Negativerlebnis hinter sich und wurde getroffen. Nachdem er seinem Sparringspartner einige Erfolgserlebnisse ermöglicht hat, weiß er nun, er muss an seinem Deckungsverhalten arbeiten.

Er weiß, dass er etwas nicht weiß oder kann.

3. bewusste Kompetenz

Jetzt ist unserem Boxer klar – die Deckung muss oben bleiben! Er hat das Verhalten aber noch nicht in jeder Situation verinnerlicht, und muss sich immer wieder an die richtige Vorgehensweise erinnern, um sein Deckungsverhalten weiter zu verbessern.

Er weiß, dass er etwas weiß und kann.

4. unbewusste Kompetenz

Die Handlungen sind vollständig automatisiert, durch viele Übungen und zielgerichtetes Techniktraining.

Unser Boxer ist nun frei sich anderen Aspekten im Kampf zu widmen. Das Deckungsverhalten etc. läuft sozusagen auf Autopilot. Er kann nun aktiv an Strategie und Taktik im Kampf arbeiten.

Er weiß nicht und braucht es auch gar nicht zu wissen, dass er etwas weiß, weil er es weiß und es automatisch abläuft.

B. Motorisches Lernen – Bewegungslernen

Motorisches Lernen – Wie lernt der Mensch neue Bewegungen? Richtiges Techniktraining.

1. Grobkoordination

In dieser Lernphase findet lernen hauptsächlich durch Beobachten und Nachahmen statt.

Die optische Analyse dominiert, weil das Bewegungsempfinden noch unzureichend ausgebildet ist.

2. Feinkoordination

Die Kontrolle der Bewegungen hat sich verbessert, vieles läuft nun unbewusst ab. Auf plötzliche wechselnde Bewegungsanforderungen kann besser reagiert werden.

Unser Boxer kann auch in hartem Sparring seine Leistung abrufen, reagiert instinktiv richtig auf Täuschungsmanöver des Gegners und kann sich besser auf unterschiedliche Taktiken einstellen.

Der kinästhetische Analysator wird jetzt verstärkt in die Bewegungssteuerung und -regelung einbezogen, die Bewegungsantizipation (Voraussehen von Bewegungen) entschieden verbessert.

3. Stabilisierung der Feinkoordination und der variablen Verfügbarkeit

Feinkoordination

Die Bewegungen können nun auch unter widrigsten Umständen ausgeführt und an die wechselnden Erfordernisse angepasst werden. Unser Boxer hat jetzt die Fähigkeit, nach einem Treffer sein Gleichgewicht wiederzuerlangen und zu kontern, optimiert.

Er erfasst instinktiv Muster und Verhaltensweisen des Gegners und passt sich zielgerichtet an. Die Meidbewegungen sind auf das absolute Minimum beschränkt, um sofort kontern zu können…. Er kann auch in einem hohen Zustand von Ermüdung zielgerichtet und energiesparend handeln.

Die dritte Lernphase umfasst den Lernverlauf, bei dem der Lernende zunächst unter konstanten und später auch unter variablen bzw. schwierigen Bedingungen, die Bewegung sicher und erfolgreich anwenden kann.

C. Das passiert beim Lernen im Gehirn

Synapsenbildung – neuronale Plastizität

Beim Lernen kommt es zu physischen Änderungen im Gehirn durch Gedanken.

Neue neurologische Verbindungen im Gehirn werden geschaffen.

Neuronale Plastizität oder Neuroplastizität bezeichnet die Eigenschaft des Gehirns, durch Training veränderbar zu sein. Sie ist damit die Grundvoraussetzung für jede Form des Lernens.

Durch Training verändern sich die Verbindungen zwischen Nervenzellen im Gehirn, indem sie stärker oder schwächer werden.

Für uns ist also wesentlich. So schnell wie möglich stabile Verbindungen im Gehirn zu schaffen, diese untereinander gut zu vernetzen und diese Verbindungen vom Trampelpfad zum Datenhighway umzuwandeln. Das gewährleistet sicheren und schnellen Zugriff auf benötigte Informationen, sobald sie benötigt werden.

Was sind Spiegelneuronen?

Spiegelneuronen sind Nervenzellen im präfrontalen Cortex (Stirnlappen) des Gehirns. Das Besondere an Spiegelneuronen ist, dass sie dasselbe Aktivitätsmuster aufweisen, wenn man eine Handlung beobachtet, wie wenn man dieselbe Handlung selbst durchführen würde.

Folgende Effekte sind auf Spiegelneuronen zurückzuführen:

  • Beobachtetes Verhalten wird intuitiv nachgeahmt
  • Beobachtete Emotionen werden automatisch nachempfunden (emotionale Empathie)

Wie lernt der Mensch neue Bewegungen?

Gerade in der Anfangsphase durch Beobachtung.

Er lernt bewusst, indem er versucht den Lernstoff aktiv aufzunehmen, aber auch unbewusst durch Mustererkennung.

Beim Techniktraining, helfen die Spiegelneuronen beim intuitiven Erfassen von Bewegungen und Verhaltensweisen.

Der Mensch lernt ebenso durch Versuch und Irrtum. Ein Kind das gehen lernt, lotet durch die vielen Fehlversuche die Grenzen des Möglichen aus, um dann unbewusst das Richtige zu tun.

Der Trick – ein mal mehr aufstehen als man fällt.

Der Faktor Talent – Der Weg zum Meister, die 10.000 Stunden Regel

Jeder bringt unterschiedliche individuelle Voraussetzungen mit.

Wer sich als Kind viel bewegt hat und Sport betrieben hat, anstatt am PC zu sitzen wird sich bessere

grundlegende motorische Programme angeeignet haben. Er wird also „sportlicher“ sein und sich auf neue Bewegungsaufgaben besser einstellen können.

Die 10.000 Stunden Regel besagt, dass jeder gesunde Mensch unabhängig vom Talent nach 10.000 Stunden Übung zur Meisterschaft in dem trainierten Bereich kommen kann.

Das wären 1000 Stunden Training im Jahr, oder knapp 3 Stunden Training jeden Tag!

Talent spielt in der Anfangsphase eine große Rolle, später mit zunehmendem Training immer weniger. Es kann sogar zum Fluch werden, da der Talentierte nicht gewöhnt ist so hart zu arbeiten, wie andere um gute Ergebnisse zu erzielen.

So weit diese Theorie.

Was man sicher sagen kann – um wieder ein Sprichwort zu bemühen – Übung macht den Meister.

Mit dem nötigen Trainingsaufwand kann man verdammt gut werden.

Die Lernkurve ist zu Beginn steil ansteigend. Je besser man wird desto größer ist der Aufwand noch weitere Fortschritte zu erzielen.

D. Techniktraining Praxistipps – Werkzeuge zum schnelleren Lernen von Bewegungen

1. Definiere Ziele

Du kannst Ziele nach folgenden Kriterien definieren – SMART Goals:

  • Spezifisch
  • Messbar
  • Attainable – erreichbar
  • Relevant
  • Timely – Zeitraum – deadline

Ziele dienen dazu in die richtige Richtung zu arbeiten und die Ergebnisse des Trainings besser bewerten zu können.

Für unseren Boxer beispielsweise:

  • Lerne die Grundschläge.
  • Lerne dich schlagend in alle Richtungen zu bewegen.
  • In einem Zeitraum von 4 Wochen.
  • Der Trainer beurteilt, ob du dein Ziel erreicht hast.

2. Merksatz: Langsam üben – schnell lernen

Wer kennt das in der einen oder anderen Form nicht. Hektische Bewegungsausführungen, um Unsicherheiten zu überspielen?

Das ist leider keine zielführende Lernstrategie.

Stattdessen achte auf langsame Bewegungsausführung. Diese erlaubt dir, die Bewegung bewusster zu üben, erleichtert die Kontrolle über sie und verhindert durch „Hudeln“ schlampige Bewegungsausführung. Du kannst so bewusst, auf dein Bewegungsempfinden achten.

Dein Ziel muss sein, so viele hochqualitative Bewegungen wie möglich auszuführen und im Nervensystem abzuspeichern.

Aber Achtung!

3. Keine Angst vor Fehlern!

Fehlerhaft Bewegungsausführung ist Teil des Lernprozesses. So wie ein Kind das gehen lernt, immer wieder hinfällt und lernt was funktioniert und was nicht, bis es schließlich unbewusst alles richtig macht. Es lernt zu gehen, ohne sich jemals Gedanken übers Aufgeben zu machen.

Versuch – Irrtum

Wer zwanghaft Fehler vermeiden will, kann nicht üben und macht damit den Kardinalfehler.

Der Trick, einmal mehr aufstehen als man fällt.

4. Kontrolle – Feedback

Benütze einen Spiegel – oder Videoaufzeichnungen

So kannst du überprüfen, ob deine Bewegungen mit den Zielbewegungen übereinstimmen.

Oft kann man auch Schwächen in der Bewegungsausführung entdecken, die man sonst nicht wahrgenommen hätte.

Wenn du einen Trainer oder Trainingspartner hast bitte ihn um Feedback.

Überprüfe/validiere deine Fortschritte regelmäßig

Videoaufnahmen alle paar Wochen, zeigen ob du in die richtige Richtung gehst.

Im Verlauf deines Trainings, wirst du deutliche Verbesserungen feststellen, und dich noch besser motivieren können.

5. Schau dir gute Leute in deinem Bereich an

Im Idealfall kommen diese Vorbilder deinem persönlichen Stil und deinen körperlichen Voraussetzungen sehr nahe.

Über die Spiegelneuronen und den Carpenter Effekt kannst du durch Zusehen, tatsächlich besser werden. (zum Carpenter Effekt und dem ideomotorischen Training in einem anderen Beitrag)

6. Achte auf deine Atmung

Du willst entspannt, mit einer positiven Einstellung zum Erlernen der Bewegung trainieren. Pressatmung stört dabei. Du bringst dich damit in meinen guten Lernzustand und ermüdest und verkrampfst schneller.

7. Setze unterschiedliche Bewegungsakzente

Variiere unterschiedliche Parameter wie:

  • Bewegungsgeschwindigkeit
  • Krafteinsatz
  • Einsatz der Beine
  • Einsatz der Arme
  • Spannung – Entspannung – Ökonomie der Bewegung!
  • Groß – klein

Im Techniktraining übe unterschiedliche Aspekte der Bewegung

Ein Kugelstoßer hat 60 Wiederholungen nach Anweisungen seines Trainers durchgeführt. Jede Wiederholung hat einen anderen Aspekt der Bewegung betont. Die letzte Wiederholung wurde dann ohne Anleitung durchgeführt und führte zu einem neuen persönlichen Rekord!

Der Körper hat aus all den ihm zur Verfügung gestellten Bewegungsmustern das Beste herausgeholt.

8. Nutze Musik – Rhythmus – Takt

Ich verwende neben Musik die App Metronom, so kannst du zu unterschiedlichen Taktvorgaben trainieren. Experimentiere damit, wenn du alleine trainierst aber auch im Partnertraining.

9. Lernen durch Schmerz?

Gleich zur Klarstellung: Dieser Zugang zum Lernen kann ein Zugang unter vielen sein. Ganz sicher ist er weder zur Kinder oder Hundedressur geeignet, noch in dem Kontext ethisch vertretbar.

Wer das macht, macht sich zumindest in zivilisierten Kulturen zu Recht strafbar.

Mit etwas Hirn kann man diese Methode aber als Kämpfer für sich nutzen, ohne nachhaltige Schäden zu erleiden, Gesetze zu brechen und unmoralisch zu handeln.

Seitdem ich beim Hiebfechten die schützenden Handschuhe weggelassen habe, werde ich wesentlich seltener getroffen. Ein Treffer kann aber durchaus schmerzhaft sein.

Das Unterbewusstsein hilft dir weniger oft getroffen zu werden. Es kann Muster erkennen, die dem Bewusstsein verborgen und nicht zugänglich sind. Es gibt dazu einige interessante Untersuchungen. In diesen wurde nachgewiesen, dass das Unterbewusstsein in der Lage ist hochkomplizierte Muster zu erkennen und mit erstaunlicher Sicherheit zu Lösungsfindungen beizutragen.

10. Strategie – effektive Trainingszeit maximieren

Mach es dir einfach zu trainieren.

Du kannst einen eigenen Trainingsbereich in deiner Wohnung einrichten, oder wie manche Verrückte Trainingsgeräte griffbereit haben, um damit immer wieder ein paar Minuten zu trainieren.

(sofern das in deinem Umfeld als sozial verträglich akzeptiert wird)

Entwickle Gewohnheiten, die deine Trainingsziele unterstützen. Mehrmals am Tag auch nur eine Minute bewusst zu üben summiert sich auf.

Viel Spaß beim Training!

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