Welcher Kampfsport für Sicherheitsdienste und Polizei?


Welcher Kampfsport für Sicherheitsdienste und Polizei?
Welcher Kampfsport für Sicherheitsdienste und Polizei?

Es gibt viele Missverständnisse und falsche Ansätze, was die Relevanz von Kampfsport, Kampfkunst und Selbstverteidigungstrainings für Sicherheitsdiensten und Behörden anbelangt.

Das beginnt mit der Eignung diverser Systeme, um in realistischen körperlichen Auseinandersetzungen zu bestehen, bis hin zur Eignung der jeweiligen Methoden, die spezifischen Problemstellungen zu lösen.

Kampfsport für Sicherheitsdienste, Polizei und Behörden ist hilfreich, deckt aber viele Bereiche nicht ab. Vorgehen im Team, gegen Gruppen, gegen Bewaffnete, sowie die Durchsetzung von Sicherungszielen mit geringst möglichem Gewaltaufwand und Deeskalation/Eskalation müssen auch trainiert werden.

Wichtiger als der Stil sind die Fähigkeiten des jeweiligen Lehrers. Hat der Lehrer hinreichend Praxiserfahrung, wird er, auch wenn er möglicherweise selbst suboptimal ausgebildet wurde, mit größerer Wahrscheinlichkeit praktikable Lösungen anbieten und Gefahren richtig einschätzen.

„Kampfsport“ für Sicherheitsdienste

  1. ETF Escrima: Die ETF wurde von Sicherheitsexperten Bernd Schubert begründet, mit dem Ziel Sicherheitskräfte auszubilden. Heute ist das Training auch normalen, unbescholtenen Bürgern zugänglich. Der Schwerpunkt liegt aber nach wie vor darin, Praktiker bestmöglich auszubilden. Einige ETF Gruppen sind ausschließlich Behörden vorbehalten.
  2. Krav Maga – Law Enforcement: Dieser Zweig hat sich auf die Bedürfnisse von Behörden spezialisiert. Es werden eingehend Themen wie die Waffenproblematik, Sicherung der eigenen Waffe und Festlege- und Abführtechniken trainiert.
  3. Combatives: Hier geht es in erster Linie um realistische Selbstverteidigung. Einzelne Lehrer haben ihre Expertise auf die Bedürfnisse von Sicherheitsdiensten erweitert, bzw. kommen aus diesem Bereich.
  4. Ju-Jutsu: Der moderne Selbstverteidigungssport aus Deutschland ist in vielen Polizeiausbildungen Pflichtfach.

Kampfsport & Selbstverteidigung – Was Sicherheitsdiensten und Behörden wirklich benötigen

Auf diesem Blog habe ich schon einige Beiträge zu den Unterschieden zwischen Kampfkünsten, Kampfsport und Selbstverteidigung geschrieben. Die oft als Synonyme verwendeten Begriffe, stellen unterschiedliche Aspekte des Thema-Kampfes dar. Sie meinen aber nicht dasselbe und sind nicht beliebig gegeneinander austauschbar.

Kampfkünste und Kampfsportarten decken nicht die Anforderungen von Behörden ab

So können wir uns sicher darauf einigen, dass die Mixed Martial Arts (MMA), im Rahmen des spezifischen Regelwerkes, die ausgereifteste Kampfmethode weltweit ist. Die MMA decken viele, aber noch lange nicht alle Aspekte waffenloser Auseinandersetzungen ab. Sie kommen aber einem regellosen Kampf, Mann gegen Mann, ohne Waffen sehr nahe. Das Training ist hart, fordernd und bildet psychische und physische Resilienz und Härte aus, die den Kämpfern sehr zunutze kommen.

In jedem Kampf.

Die MMA als Paradebeispiel, für eine sehr ausgereifte und effiziente Kampfmethode, haben aber auch ihre Lücken, die geschlossen werden müssen, wenn es um die Anforderungen an Sicherheitskräfte oder Behörden geht.

Was Sicherheitsdienste – Polizei – Behörden – Securitys nicht tun sollten

  • Schlagen/Treten: Praktisch und rechtlich bedenklich.
  • Ringen/Rangeln: Es entsteht eine Bindung an den Kontrahenten, so wirst du ein leichtes Ziel für Dritte, die jederzeit eingreifen könnten.
  • Würgen: Rechtlich bedenklich, wiederum körperliche Bindung an den Gegner.

Für viele stellt sich nun die voraussehbare Frage. Was bleibt denn dann noch über, wenn physische Interventionen gefragt sind? Ohne die oben genannte Aspekte lässt sich doch nicht kämpfen?

Sicherheitsexperte Bernd Schubert zeigt, wie es gehen kann. Über die sogenannte, Push and Pull Methode, wird das Gegenüber, ohne selbst (hart) schlagen zu müssen, unter Kontrolle gebracht.

Ein spezielles Training ist dafür aber absolut unabdingbar, um hier intuitiv richtig handeln zu können. Das dahinter stehende Training setzt viel Sparring untereinander und mit Kampfsportlern aller Art voraus. Nur so ist es möglich, im Idealfall, selbst mit einem Minimum an Gewalt auszukommen.

Reicht das nicht,  können jederzeit härtere Mittel, wie Schläge und Bohrtechniken, zur Grifflösung auf eingstem Raum eingesetzt werden.

Das entsprechende Training immer vorausgesetzt! 😉

Handelt es sich um körperlich sehr starke, oder besonders trainierte, fähige Kontrahenten, wird es zunehmend zum riskanten Luxus, mit sanften Mitteln zu agieren. Im Team, kann das aber schon wieder anders aussehen und gut kompensiert werden. Anwendung der L Taktik, die Zielperson in die Zange nehmen und zu flankieren, um Kontrolle zu erlangen, gehören hier zu den Standards.

Welche Anforderungen an den Nahkampf haben Sicherheitskräfte und Behörden?

  1. Sicherungsziele durchsetzen.
  2. Waffenlose Techniken gegen Angriffe aller Art.
  3. Die Verhältnismäßigkeit der Mittel wahren, dabei aber entschieden den Sicherungsauftrag durchsetzen.
  4. Einsatz im Team, gemeinsames Vorgehen und gegenseitiges sichern.
  5. Bewaffnete Aggressoren handeln.
  6. Selbst, wenn es die Situation nicht anders zulässt, als äußerste Maßnahme Waffen einsetzen und dabei den Aggressor so weit wie möglich noch schonen.
  7. Resilienz Training – Umgang mit Angst und Stress – Situationskontrolltechniken – nach Bernd Schubert.

Waffenlose Techniken gegen Angriffe aller Art

Als Sicherheitskraft, Polizist oder Security weißt du, in den seltensten Fällen, mit wem du es gerade zu tun hast. Du kannst das Aggressionspotential und die Fähigkeiten deines Gegenübers vielleicht grob abschätzen, musst dir aber darüber im Klaren sein, dass du damit auch völlig daneben liegen kannst. Einen Menschen und dessen Gefährlichkeit rein nach dem Äußerlichen zu beurteilen kann, völlig schiefgehen.

Wir müssen davon ausgehen, dass jeder ein ernstzunehmender Gegner ist. Dann gibt es im besten Fall nur mehr positive Überraschungen, aber keine negativen.

Im richtigen Moment die Initiative zu ergreifen, kann den anderen, egal wer er ist, so auf dem falschen Fuß erwischen, dass er nicht dazu kommt seine Fähigkeiten und Stärken auszuspielen. Der routinierte Straßenschläger macht das über den Sucker Punch. Den K.-o.-Schlag, den er so vorzubereiten weiß, dass der andere völlig unvorbereitet und kalt erwischt wird.

Ein Kampf findet nicht statt. Die Fähigkeiten, die das Opfer in einer offenen Auseinandersetzung gehabt hätte, spielen dann keinerlei Rolle.

Für Behörden sind ähnliche Methoden interessant, wenn sie auf rechtsstaatliche Weise eingesetzt werden, weil sie hervorragend dazu geeignet sind, Situationen schnellstmöglich und gewaltarm zu beenden.

Eskalation – Deeskalation nach Bedarf und Situation

Gezieltes Eskalieren gehört genauso dazu wie die Deeskalation, die ja in aller Munde ist.

Nun ist Deeskalation nicht immer möglich und angebracht.

In manchen Situationen ist Eskalation, gezielt und emotionslos absolut notwendig, um die Situation unter Kontrolle zu bekommen. Ein schnelles, entschlossenes Eingreifen verhindert dann viele Probleme, die sich sonst gestellt hätten.

Dies ist zum Beispiel auch im Notwehrrecht so vorgesehen, wenn es darum geht, einen unmittelbar bevorstehenden Angriff abzuwenden. Niemand ist dazu verpflichtet, sich erst angreifen zu lassen, um sich dann erst verteidigen zu dürfen.

Sicherungsziele durchsetzen – Unterschied zur Selbstverteidigung

Sicherheitskräfte können es sich in der Regel nicht leisten, gefährlichen Situationen aus dem Weg zu gehen oder wegzulaufen. Verhaltensweisen, die für den zivilen Selbstschutz sehr zu empfehlen sind. Ein weiterer Unterschied zur zivilen Selbstverteidigung ist. Exzessive Gewalt auszuüben ist für Polizei, Securitys und Behörden, weit weniger akzeptabel, als für den Bürger in einer Notwehrhandlung.

Von den Profis werden höhere Standards erwartet.

Aber nicht immer geliefert. Drei Polizisten, die es nicht schaffen, eine Einzelperson unter Kontrolle zu bekommen. Das trotz Bewaffnung, Pfefferspray und Schlagstock kommen zum Einsatz. Sie schaffen es dennoch nicht den Aggressor daran zu hindern sich mit einem Stock zu bewaffnen.

Es hätte deutlich schlimmer kommen können und hätte ernsthafte Angriffsabsichten des Täters bestanden, sehr leicht bis auf das Äußerste eskalieren können, wenn beispielsweise ein Messer zum Einsatz gekommen wäre.

Im Team hätten die Polizisten es leicht schaffen müssen, den Mann unter Kontrolle zu bringen, ohne den Einsatz von Waffen oder unverhältnismäßiger Gewaltanwendung. Die Tatsache, dass der Aggressor ganz offensichtlich stark und den einzelnen Beamten körperlich überlegen war, tut dem keinen Abbruch.

Voraussetzung dafür ist ein entsprechendes Training, für das in der Ausbildung und im Dienst, für den durchschnittlichen Polizisten, viel zu wenig Zeit bereitgestellt wird.

Festlegetechniken – Kontrolle der Zielperson

Wie schwer es sein kann, eine renitente Person zu kontrollieren und abzuführen, hat unlängst der Fall Floyed in den USA gezeigt. Am erfolgversprechendsten ist ein gutes Training, begleitet von einer zahlenmäßigen Überlegenheit. Schwere Verletzungen mit Todesfolgen sind, wie der Fall gezeigt hat, dennoch leider nicht auszuschließen.

Oft und gern wird von Außenstehenden das Risiko, das die Beamten eingehen, unterschätzt, wenn es diesen nicht gelingt, den Verdächtigen zu kontrollieren.

Waffen – Werkzeuge – Womit Sicherheitskräfte rechnen müssen

Sicherheitskräfte müssen damit rechnen, mit bewaffneten Angreifern konfrontiert zu werden. Zwar sind Schusswaffen im deutschsprachigen Raum weniger verbreitet als in den USA, ein Schusswaffeneinsatz gegen Behörden ist aber durchaus im Bereich des Möglichen.

Messer werde als Tatwaffe, wie alle Statistiken zeigen, immer häufiger eingesetzt.

Das zeigt alleine schon die Waffengesetzgebung in der BRD, die von verzweifelten Politkern, immer noch als geeignete Problemlösung verstanden wird.

Grundsätzlich sind neben den Schusswaffen, zwischen Klingen und Stumpfwaffen zu unterscheiden. Klingen sind ungleich gefährlicher. Selbst kurze Klingen, können tödliche Verletzungen hervorrufen, wenn sie Gefäße öffnen. Stumpfwaffen hingegen müssen, mit großer Wucht, zielgenau zu empfindlichen Stellen des menschlichen Körpers geführt werden, um entsprechende Wirkung bzw. Stoppwirkung zu erzielen.

Bewaffnete Angreifer müssen, wenn irgendwie möglich, am Ziehen ihrer Waffen im Vorfeld gehindert werden.

Dazu müssen ständig die Hände des Verdächtigen im Blick sein und im Zweifelsfall ist unmittelbar einzuschreiten, um eine weitere Eskalation und Gefährdung der eigenen Sicherheit zu unterbinden.

Schlagen, treten, ringen oder würgen sind hier keine geeigneten Mittel. Sind Schläge und Tritte, ohnehin in einem funktionierenden Rechtsstaat, keine akzeptablen Mittel für den Einsatz bei Polizei und Behörden, aber auch privaten Securitys, haben sanftere Varianten wie ringen und würgen wesentliche Nachteile.

Wer ins Ringen verfällt, bindet sich zwangsläufig an seinen Kontrahenten. Das nimmt Mobilität und macht zu einem leicht angreifbaren Ziel für Dritte, die jederzeit eingreifen könnten und deren Zugehörigkeit meist nicht klar ist.

Umgang mit Stress im Sicherheitsdienst

Stress lernt man zu kontrollieren, indem man sich ihm immer wieder gezielt aussetzt. Diese Desensibilisierung genannte Methode, muss im Training ganz gezielt und dosiert eingesetzt werden, um die gewünschte Gewöhnung zu erreichen.

Szenariotrainings, zielgerichtetes Sparring und Praxiserfahrung sind die geeigneten Mittel dazu. Im Zuge von Szenariotrainings lassen sich gezielt problematische Situationen nachstellen und die richtigen Verhaltensweisen einüben. In der nachfolgenden Manöverkritik werden die Situation dann gemeinsam analysiert, konstruktiv kritisiert und alternative Handlungsmöglichkeiten erörtert.

Dabei sind klare Handlungsrichtlinien und eine Firmenphilosophie, die Werte und das erforderliche Mindset beschreibt, äußerst hilfreich. So hat es sich bewährt Randalierer, als Patienten zu betrachten und nicht als Gegner, ein Mindset wie wir es aus dem Kampfsport kennen.

Patienten hilft man, Gegner bekämpft man.

Fazit – Kampfsport für Sicherheitsdienste und Behörden

Kampfsport und Kampfkunst haben zwar mit Kampf zu tun, sind aber für die Bedürfnisse von Sicherheitsdiensten und Behörden nicht optimal geeignet. Das Vorgehen im Team, der Einsatz möglichst schonender Mittel zur Durchsetzung der Sicherheitsziele, der Umgang mit und gegen Waffen, gehören unbedingt zur Ausbildung von Sicherheitskräften.

Schlagen, Treten und Würgen sind ebenfalls Vorgangsweisen, die Sicherheitskräften nicht anzuraten sind.

Mehr Informationen dazu unter:

Viel Spaß beim Training!

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