Weltklasseboxer wie James Toney oder Floyed Mayweather haben bewiesen. Wer im Boxen erfolgreich sein will, muss über außerordentlich gute defensive Fähigkeiten verfügen. Mit Defensive alleine ist kein Kampf zu gewinnen, aber defensive Fähigkeiten sind essenziell, um sicher offensiv boxen zu können.
Zur Defensive im Boxen zählt: Ein gutes Deckungungsverhalten. Paraden, das Umleiten von Schlägen und das kraftaufwändigere Blocken. Meidbewegungen mit dem Oberkörper, um kein statisches Ziel zu bieten. Beinarbeit sorgt für vorteilhafte Positionen zum Gegner und die gerade benötigte Distanz.
Wenn du deine Verteidigungsfähigkeit im Boxsport verbessern willst, solltest du an folgenden Faktoren arbeiten.
Die richtige Deckung im Boxen – einfach und effektiv
Eine gute Deckung ist eine der einfachsten und effizientesten Möglichkeiten den Eigenschutz im Boxen zu erhöhen. Die Hände schützen dabei Kopf und Körper, die kurzen Rippen, Leber, Milz und Solar Plexus. Nach dem Schlagen werden sie wieder auf direktem Weg in die Ausgangsstellung zurückgeführt.
Gewöhne dir an, die Hände oben zu haben, nach Schlägen nicht fallen zu lassen und, mit den eng am Körper anliegenden Armen, die empfindlichen Stellen des Körpers zu schützen. Die Hände müssen auf direktem Weg wieder in die Ausgangsstellung zurückgeführt werden. Das muss zu einer Gewohnheit werden. Eine gute Deckung funktioniert, auch schon für Anfänger und ist sehr schnell zu erlernen.
Deckung – Ermüdung und Nachlässigkeit kann dich teuer zu stehen kommen
Wir sind nur allzu oft dazu verleitet, gerade bei leichtem Sparring das Deckungsverhalten zu vernachlässigen. Die Schmerzen beim getroffen werden, sind dann nicht schlimm und man gewöhnt sich sehr schnell an unvorsichtig und schlampig zu werden.
Das geht so lange gut, bis es ernst wird.
Hartes Sparring oder Wettkämpfe, offenbaren, dann die Trainingsfehler und die eigenen Schwächen.
Dann tut es leider auch richtig weh. Besonders hoch ist die Gefahr, wenn man nur über einen kleinen Pool an Sparringspartnern verfügt und alle einander schon in- und auswendig kennen. So gibt es kaum Überraschungen und man kommt mit so mancher, schlechter Gewohnheit durch. Bis dann jemand kommt, der anders ist. Schneller, aggressiver, unberechenbarer.
Um den Eigenschutz im Boxen, durch passive Deckung, zu erhöhen keinerlei besonderer Fähigkeiten. Das schlichte, immerwährende Arbeiten an guten Gewohnheiten genügt.
Auch das Deckungsverhalten wird im Zuge der Ermüdung und in der Hitze des Gefechts nicht besser. Wir sollten aber das Ziel haben, möglichst viele unserer Fähigkeiten auch dann noch abrufen zu können. Umso wichtiger ist es im Training ständig auf eine gute Defensive und Verteidigung zu achten.
Fortgeschrittene neigen oft, vor allem dann, wenn sie nicht regelmäßig sportlich gefordert werden, nachlässig zu werden.
Sie können durch ihre Fähigkeiten, ihre Deckung vernachlässigen und kommen meist damit durch. Wie wir aber alle wissen, reicht oft ein gut gezielter Schlag, um K.O zu gehen.
Der berühmte lucky punch, der auch schon verlorene Kämpfe mit einem Schlag entscheidet, wird oft durch (auch ermüdungsbedingte) Nachlässigkeit in der Deckung entschieden.
Schläge blocken im Boxen
Schläge im Boxen können passiv, die gut platzierte Deckung fängt die Schläge ab, oder aktiv geblockt werden. Beim aktiven Blocken wird, mit möglichst kleinen Bewegungen, die Energie aus den Schlägen genommen. Das kann durch Veränderung der Körperhaltung oder mit Unterarmen oder Händen geschehen.
Das passive Blocken der Schläge geschieht automatisch, wenn der Schlag auf der Deckung aufgefangen wird. Dabei rumpelt es zwar zuweilen ordentlich im Gebälk, aber die Schlagwirkung wird doch deutlich verringert.
Siehst du den Schlag außerdem noch kommen, kannst du dich aktiv auf den Aufprall einstellen.
Der Vorteil ist, dein Gleichgewicht wird weniger beeinträchtigt und du bist schneller wieder handlungsfähig. Optimal ist es, mit nur sehr kleinen Bewegungen, die die Eigendeckung kaum öffnen, auf Schläge zu reagieren. Einen Schlag zum Körper kannst du durch minimales Verdrehen oder zur Seite neigen des Oberkörpers mit den Armen bzw. dem Ellenbogen blockieren.
Im Idealfall, dient diese Bewegung schon dazu den nächsten Angriff vorzubereiten und eine verdeckte Ausholbewegung zu generieren.
Du kannst die Schläge mit Händen und Armen blocken. Mit dem Kopf geht es auch, es gehört aber zu den weniger zu empfehlenden Varianten, die es sich nicht zu üben lohnt. ,-)
Schläge parieren – Defensive im Boxen
Schläge im Boxen lassen sich auch parieren. Voraussetzung ist, dass der Angriff rechtzeitig erkannt wird. Mit möglichst kleinen Bewegungen wird die Schlagenergie vom Ziel abgeleitet. Parieren ist weniger kraftaufwändig als das Blocken von Schlägen.
Paraden im Boxen sind der elegantere Weg im Vergleich zum bloßen Blocken von Schlägen. Es erfordert aber auch mehr Erfahrung, das erfolgreich zu tun. Die Angriffe müssen rechtzeitig erkannt und das Ziel des Angriffs muss klar sein. Wehe dem, der seine Deckung öffnet und Opfer von Finten wird.
Beispiel: Den gegnerischen Jab kannst du mit deiner hinteren Hand parieren. Dabei ist es wichtig die Hand vor dem Gesicht zu lassen und die angreifende Hand mit einer kleinen Bewegung, die kaum die Eigendeckung öffnet zu parieren. Gerade so viel, dass du nicht getroffen wirst. Verschätzt du dich dabei in der Distanz oder im Winkel, können Seithaken sehr gefährlich werden. Im Idealfall wehrst du so ab, dass du sowohl gegen den Jab als auch den Seithaken geschützt bist.
Wir haben im ETF Escrima die Cross Guard, die diese Bedingungen erfüllt und weniger fintenanfällig macht.
Meidbewegungen – Bob and Weave
Schlägen im Boxen kann sehr effektiv über Meidbewegungen ausgewichen werden. Meidbewegungen werden durch Pendeln und Abtauchen des Oberkörpers vollführt. Der Vorteil ist: Der Verteidiger bleibt sehr nahe am Gegner und kann so unmittelbar kontern. Je kleiner die Meidbewegung, umso besser.
Je routinierter, trainierter und talentierter der Boxer, umso kleiner sind seine Meidbewegungen. Im Englischen sind Meidbewegungen unter „Bob and Weave“ bekannt. Profis meiden nur um weniger Zentimeter, haben ein extrem gutes „Auge“ und Distanzgefühl und schaffen es so effektiv zu kontern. Der Sinn von Meidbewegungen ist es, sicher, nahe am Gegner zu bleiben, um selbst jederzeit kontern zu können.
Die Shoulder Role, wie sie der großartige James Toney, um nur einen zu nennen, in seinen Kämpfen demonstriert hat, verdeutlichen, wie effektiv Meidbewegungen eingesetzt werden können.
Make him miss make him pay!
Defensive Beinarbeit – die richtigen Schritte zur richtigen Zeit
Beinarbeit ist eine der meist unterschätzten Fähigkeiten im Boxen generell. Wer über eine gute Beinarbeit verfügt kann, die Distanz zum Gegner und die Ausrichtung, den Winkel zu ihm, bestimmen. Wer gute Winkel erzeugen kann, nimmt dem Gegner Angriffsmöglichkeiten oder schränkt diese stark ein.
Mit guter Beinarbeit ist also nicht nur die Fähigkeit gemeint, die Füße schnell bewegen zu können. Das können Läufer und Tänzer auch, sondern zur richtigen Zeit am richtigen Platz zu sein. Das erfordert viel Erfahrung und ständiges Training. Wer die Beinarbeit aber meistert und auf ein wirklich hohes Level bringt, der benötigt seine Deckung nur mehr selten und als zusätzlichen Schutz.
Roy Jones Jr. hat das in vielen seiner Kämpfe meisterhaft bewiesen.
Strategie Taktik
Für Boxer mit den entsprechenden Fähigkeiten, gutem Reaktionsvermögen und einer für Konterboxer passenden Persönlichkeitsstruktur, legen ihren gesamten Gameplan darauf aus. Für kleinere Boxer ist es oft die beste Möglichkeit über Konter, aus einer starken Defensive heraus, an den Mann zu kommen.
3 Boxer mit herausragender Defensive
James Toney – Weltklasse Old School Boxen
Toney hat in vielen Gewichtsklassen vom Mittelgewicht bis hin zum Schwergewicht bewiesen, dass er mit den besten der Welt mithalten kann. Ein außergewöhnlicher Boxer, der über eine hervorragende Defensive als Konterboxer verfügt hat. Hier zeigt es sich, wie gefährlich jemand sein kann, der auf engstem Raum Schlägen ausweichen kann, um sofort zu kontern. Weltklasse im wahrsten Sinn des Wortes.
Mike Tyson – Peek a Boo in Perfektion
Mike Tyson ist der bekannteste Vertreter des Peek a Boo Boxstils. Der Stil wurde schon von früheren Boxern, wie Floyd Patterson erfolgreich verwendet, niemand hat ihn aber so zur Geltung gebracht wie Tyson. Der von seiner Statur, Genetik, seinem Ehrgeiz in Cus D’Amato seinem Trainer zu einem der besten Boxer aller Zeiten gemacht wurde.
Tysons außergewöhnlichen Verteidigungsfähigkeiten waren, neben seiner Schlagkraft, die wichtigsten Elemente für seinen Erfolg.
Emanuel Augustus – unorthodox und unberechenbar
Augustus verdient es hier unter den ganz Großen genannt zu werden. Er ist vielen Boxfans immer noch unbekannt und war einer der ungewöhnlichsten und herausragendsten Boxer aller Zeiten. Augustus macht so ziemlich alles falsch, was ein Boxer nach dem Lehrbuch falsch machen kann.
Für 99,9 Prozent der Boxer nicht machbar. Wir würden auch, wenn wir uns nur hin und wieder solche Aktionen erlauben würden, bitter dafür zahlen. Augustus konnte sich seinen Stil, sogar gegen die besten der Welt wie Floyd Mayweather leisten.
Augustus wurde bei einem Überfall angeschossen.
Defensive Boxstile
Die Philly Shell und der Peek a Boo Boxstil sind zwei Stile, die weltbekannt sind. Vertreter dieser Stile beweisen, wie wesentlich eine gute Verteidigung ist. Eine gute Defensive ist Voraussetzung für effektives Boxen und einen sicheren Übergang zum Angriff.
Die Philly Shell
Die Philly Shell wurde äußerst erfolgreich von Boxern wie Floyd Mayweather und James Toney verwendet. Es ist ein Stil für fortgeschrittene Boxer. Eine Hand schützt den Kopf, die andere ist in Verbindung mit Meidbewegungen und Beinarbeit, für den Schutz des Körpers verantwortlich.
Der Peek a Boo Stil
Mike Tyson ist der wohl bekannteste Vertreter dieses Boxstils, der von Cus D’Amato entwickelt wurde. Tyson war einer der gefürchtesten K.O. Schläger aller Zeiten im Boxsport. Aufgrund dessen, wird der Peek a Boo Stil oftmals als Offensivstil wahrgenommen.
Tyson war als kleiner Boxer aber dazu gezwungen über hervorragende defensive Fähigkeiten zu verfügen, um sicher überhaupt in seine Schlagdistanz zu kommen. In der Schlagdistanz war er dann, wie wir wissen, hochgradig effektiv.
Der Peek a Boo Stil baut auf dem Ideal nicht getroffen zu werden und selbst zu treffen. Die defensiven Fähigkeiten sind das Rückgrad dieser Kampfmethode.
Tipps zur Verbesserung der Verteidigungsfähigkeit im Boxen
- Sparre auf begrenztem Raum. Das zwingt dich, das Optimum an deinen Fähigkeiten herauszuholen. Du kannst schließlich nicht weit weglaufen. Dieser Tipp ist naheliegend, wird aber oft nicht berücksichtigt. Wir trainieren mit und ohne Waffen auf einer Fläche von maximal 4,5 mal 4,5 Metern. Das zwingt uns besser zu werden und auch mit mehr Druck umgehen zu können.
- Übe die einzelnen Aspekte, die deine Verteidigungsfähigkeit ausmachen, einzeln und in unterschiedliche Kombinationen. So kannst du bestimmte Fähigkeiten gezielt verbessern, weil du gezwungen bist, auf andere zu verzichten. Voraussetzung dafür sind vernünftige Trainingspartner, die dich gezielt mit Schlägen füttern und trainieren. Schlecht wären Sportsfreunde, die dich bei solchen Übungen auszuknocken versuchen.
Das Training muss so gestaltet werden, dass du gefordert, aber nicht überfordert wirst. In „Überlebenskämpfen“ wirst du keine neuen technischen Fähigkeiten, herausarbeiten und verbessern können.
- Gezieltes Training an Geräten wie dem Doppelendball, der Boxbirne und dem Sandsack lassen es auch ohne Partner zu, sehr sinnvoll trainieren zu können.
- Wer einen Partner oder Trainer hat, macht natürlich zusätzlich entsprechende Drills an den Pratzen.
Fazit – Defensive im Boxen
Defensive Fähigkeiten sorgen dafür, dass du weniger oft getroffen wirst und harte Schläge abgemildert ankommen. Du kannst deine Verteidigungsfähigkeiten im Boxen durch eine hochgezogene enge Deckung, die Doppeldeckung, sehr einfach verbessern. Die Fähigkeit Schlägen möglichst knapp auszuweichen, um zu kontern, erfordert wesentlich mehr Training und Erfahrung.
Schlägen ausweichen kannst du auf drei Arten. Durch Meidbewegungen und durch Beinarbeit, Schritten und Steps also, oder einer Verbindung beider Methoden. Meidbewegungen bezeichnen Pendelbewegungen mit dem Oberkörper.
Blocken und Parieren von Schlägen gehört ebenfalls zu einer soliden Verteidigung im Boxsport. Ein weiteres wesentliches Element in der Verteidigung ist die Beinarbeit, sie ermöglicht dir in der richtigen Distanz im richtigen Winkel zum Gegner zu stehen.
Alle Elemente der Verteidigung haben ihre Vor- und Nachteile. Sie können auf unterschiedliche Arten für Folgeaktionen genutzt werden. Viel Sparring mit möglichst vielen unterschiedlichen Partnern hilft dir, dich schneller auf neue Gegner einzustellen, Routine zu entwickeln und deinen eigenen Stil zu entwickeln.
Viel Spaß beim Training!