Wenn es um mentale Stärke, Durchhaltevermögen, das beharrliche Verfolgen von Zielen geht, können wir ganz besonders von Extremsportlern, Kämpfern und Militärs lernen. Sie alle müssen lernen, unter extremen Umständen ihre Leistungsfähigkeit abzurufen, wollen sie erfolgreich sein.
Bekannt geworden ist die 40 % Regel durch die US-amerikanische Spezialeinheit der Navy Seals. Sie besagt, dass erst 40 % der tatsächlichen Leistungsfähigkeit erreicht sind, wenn du glaubst nicht mehr schaffen zu können. Mit der richtigen Einstellung lassen sich außergewöhnliche Ergebnisse erzielen.
David Goggins, Navy Seal und Extremsportler beschreibt in seinem Buch – „Can`t Hurt Me!“, wie er sich diese 40 % Regel, in Verbindung mit speziellen Mentaltechniken für sich nutzen konnte.
Goggins hat dreimal die sogenannte „hell week“, ein Auswahlverfahren, um sich für die Ausbildung der Navy Seals zu qualifizieren, erfolgreich absolviert.
Er hat mehrere Ultra Marathons überstanden und ist dabei am Stück über 100 Meilen (ca. 161 km) gelaufen.
Bei all diesen Extrembelastungen ist er wie jeder Mensch an seine Grenzen, oder besser seine subjektiv wahrgenommenen Grenzen, gestoßen. Was unterscheidet nun den „Sieger“ vom „Verlierer“? Warum gibt eine Person auf und eine andere trotz widrigster Umstände nicht? Während der eine wegen Blasen an den Füßen und Muskelkrämpfen aufgibt, machen andere trotz gebrochener Kochen weiter und erreichen das Ziel?
Die Antwort auf die Frage findet sich in der Einstellung, dem absoluten Willen zum Erfolg. Wie du von der 40 % Regel in deinem Leben profitieren kannst, erfährst du im folgenden Beitrag.
Die 40 % Regel – mentale Stärke erfahren und entwickeln
Erfahrungen basieren auf Erlebnissen, die man selbst durchlebt hat. Sie lassen sich nur bedingt weitergeben. Die Erfahrung bringt eine absolute Gewissheit, die durch angelesenes – oder auf andere Art weitergegebenes Wissen nur zum Teil, aber nie vollständig tradiert werden kann.
Deshalb sind gewisse Erfahrungen einfach durch nichts zu ersetzen. Du wirst und kannst nicht jede Erfahrung selbst machen, um subjektive, absolute Gewissheit für dich zu finden. Aber du kannst die Erfahrungen, die du bereits gemacht hast, auf unterschiedliche Herausforderungen und Problemstellungen adaptieren.
Aus ihnen mentale Stärke ziehen und deine Erfolgschancen erhöhen – unabhängig von der jeweiligen Aufgabenstellung.
Das Wesen der 40 % Regel, kann relativ leicht und risikoarm erlebt und überprüft werden. Du machst eine wertvolle Erfahrung, die dich definitiv mental stärker machen wird.
Übung – die 40 % Regel am eigenen Leib erfahren
- Mach so viele Klimmzüge, wie du am Stück durchführen kannst.
Wie viele waren es?
Wenn du nicht gut trainiert oder ein Fliegengewicht sein solltest, werden es vermutlich nicht mehr als 10 sein, möglicherweise auch deutlich weniger. Das spielt bei der Übung aber keine große Rolle.
- Nimm dir 30 Sekunden Pause und wiederhole den Vorgang. Du wirst einige Klimmzüge weniger schaffen als beim vorhergehenden Versuch.
- Nach weiteren 30 Sekunden Pause, versuchst du es wieder. Irgendwann, sehr bald vermutlich, wirst du nur mehr ein oder zwei Wiederholungen schaffen. Das Gefühl nicht mehr weiterzukönnen wird sich einstellen. Deine muskulären Reserven und Kapazitäten sind vollends erschöpft und die Muskulatur brennt.
Richtig?
Nun, die Muskulatur mag zwar brennen, erschöpft ist deine Leistungsfähigkeit aber noch lange nicht. Jetzt beginnt der interessante und spaßige Teil der Übung.
- Du machst noch 100 weitere Klimmzüge, solange es dauert, hörst nicht auf bis du dein neues Ziel erreicht hast.
An dieser Stelle bietet sich dir die Möglichkeit selbst zu erfahren, was es bedeutet über die eigenen subjektiven Grenzen hinauszugehen. Du erfährst, was in dir steckt und wie dich Annahmen über deine eigenen Leistungsgrenzen daran hindern, dein volles Potenzial zu entfalten.
40 % Regel – Lernerfahrungen
Hast du dein Übungsziel von 100 weiteren Klimmzügen erreicht, hast du Folgendes gelernt:
Dein tatsächliches Leistungspotential geht weit über das hinaus, was du dir vorher zugetraut hast
Ein Extrembeispiel dafür ist die schier übermenschliche Kraft, die Menschen in Notsituationen entwickeln können. Bekannt ist das Beispiel einer „schwachen“ Frau, die in der Lage ist ein Auto anzuheben, um ihr überrolltes Kind zu retten. In diesem Fall greift der Körper auf die willkürlich nicht nutzbaren sogenannten „autonomen Reserven“ zurück. Das sind Kräfte, die aus Sicherheitsgründen nur in Extremsituationen nutzbar werden.
Für gewöhnlich ist uns ja nur ein kleiner Teil unserer Leistungsfähigkeit zugänglich. So werden auch bei hoch trainierten Athleten nur ein geringer Prozentsatz ihrer Muskelkraft genutzt.
Dies schützt die Sportler vor Verletzungen. Ein gutes Beispiel, was passieren kann, wenn ein Mensch seine Muskulatur in „Übermaßen“ nutzt ist das Beispiel des vom Blitz getroffenen Wanderers. Der Stromstoß führte zu einer solch starken Kontraktion der Muskulatur, dass Knochen brechen. Das Skelett ist nicht stabil genug, um mit der vollen Leistung der Muskulatur schadlos umzugehen.
Sobald du die Entscheidung getroffen hast, trotzt aller Widrigkeiten weiterzumachen, erschließen sich dir ungeahnte Energiereserven
Schon der chinesische Feldherr Sun Tzu schrieb in seinem Buch, die Kunst des Krieges:
Sobald du keine andere Wahl mehr hast, oder dir zugestehst, wirst du ungeahnte Kräfte mobilisieren. Das betrifft nicht nur deine körperlichen Reserven, sondern auch deinen Geist. Er wird neue Möglichkeiten zur Problemlösung finden, Wege finden, Hindernisse zu umgehen und all seine Fähigkeiten auf den erfolgreichen Abschluss der Mission konzentrieren.
When the Going Gets Tough, the Tough Get Going
Müdigkeit und Schmerzen sind nicht zwangsläufig Gründe, aufzugeben.
Sie können mental sogar ausgeblendet werden.
(Selbstverständlich kann ich dir, aus gesundheitlichen Gründen, nicht nahelegen, trotz starker Schmerzen oder schwerer Verletzungen, bei denen du den Arzt aufsuchen solltest, weiterzumachen. Die Entscheidung liegt aber immer bei dir. Es ist dein Leben und du musst die Konsequenzen tragen.)
Ein körpereigener Hormoncocktail sorgt dafür, Schmerzen auszublenden oder stark abzumildern, sobald das Signal weitermachen – aufgeben ist keine Option – angekommen ist. David Goggins beschreibt in seinem Buch, wie er trotz gebrochener Knochen, zeitweilig sogar schmerzfrei laufen konnte, wenn auch der Schmerz wellenförmig immer wieder kam.
Verletzt und körperlich angeschlagen weiterzumachen, ist ein Zeichen von großer mentaler Stärke und einem eisernen Willen. Natürlich ist das nicht unbedingt gesund, zeigt aber, was in ausweglosen Situationen oder durch schiere Entschlossenheit möglich ist.
Auch wenn das Ziel unerreichbar scheint, du konzentrierst dich auf den nächsten kleinen Schritt
In unserem Fall den einzelnen Klimmzug, oder auch nur die Hände an die Stange zu bringen.
Diese Methode wird Chunking genannt. Du unterteilst die Aufgabe in so viele Schritte wie nötig und konzentrierst dich im Moment der Ausführung nur auf den nächsten kleinen Schritt. Mag er noch so klein sein. So verhinderst du, dass du durch die Größe der Aufgabe im Vorhinein überwältigt wirst und es gar nicht ernsthaft versuchst.
Du gewinnst Selbstvertrauen durch dieses Erlebnis und traust dir in Zukunft wesentlich mehr zu
Die 40 % Regel ist in viele Bereiche des Lebens übertragbar. Ihre Wirkungsweise anhand einer sportlichen Übung bietet eine gute Möglichkeit eine wertvolle Erfahrung zu sammeln und die eigenen Möglichkeiten und Stärken realistisch zu bewerten.
Die Erkenntnisse aus der 40 % Regel, lassen sich in allen Bereichen des Lebens umsetzen. Die Regel besagt, dass du noch 60 % mehr zu geben hast, auch wenn du dich am Ende deiner Leistungsfähigkeit wähnst. Die Fähigkeit durchzuhalten, weiterzumachen auch dann, wenn du glaubst, du kannst nicht mehr, machen schier unglaubliche Erfolge möglich.
Du lernst, was tatsächlich möglich ist und wie weit deine tatsächliche Leistungsgrenze, von der subjektiv empfundenen entfernt ist.
Um dein Ziel zu erreichen, kannst du:
- Die Aufgabe in kleine, leichter zu bewältigende kleinere Happen unterteilen. So musst du dich nur auf den nächsten Schritt konzentrieren.
- Auf Vorerfahrungen, Erlebnisse und Aufgaben, die du trotz Schwierigkeiten erfolgreich bewältigen konntest, zurückgreifen.
- Dich immer wieder neuen Herausforderungen stellen und deine mentale Stärke und dein Selbstvertrauen erhöhen.
- Die Situation in einen anderen Kontext setzen. Du kannst ein – ich bin verletzt (müde…) und kann nicht mehr, in ein – Trotz meiner Verletzung (Müdigkeit) mache ich weiter und beweise damit wie stark ich bin, umdeuten.
Viel Spaß beim Training!