Körperliche Angriffe erfolgreich abwehren – kluge Selbstverteidigung


Körperliche Angriffe erfolgreich abwehren
Körperliche Angriffe erfolgreich abwehren

Opfer eines körperlichen Angriffes auf Leib und Leben, Besitz und vor allem bei Frauen, die sexuelle Integrität kann jeder werden. Wir sehen uns an, welche Handlungsoptionen, bzw. Selbstverteidigungstechniken sinnvoll und mit hoher Wahrscheinlichkeit umsetzbar sind.

Um spontane körperliche Angriffe erfolgreich abzuwehren, musst du deine Reaktionszeit reduzieren. Je geringer die Zahl deiner Handlungsmöglichkeiten ist, umso schneller deine Reaktion. Das erhöht deine Erfolgswahrscheinlichkeit beträchtlich, einen Angriff zu überstehen.

Hicks law

Der oben beschriebene Zusammenhang zwischen schneller Reaktion und der Anzahl der Handlungsmöglichkeiten ist auch unter dem Hickschen Gesetz bekannt.

Theoretisches Wissen für die praktische Selbstverteidigung

Wissen hilft dir, zwischen realistischer und unrealistischer Selbstverteidigung zu unterscheiden. Ob deine Selbstverteidigungstechniken funktionieren, hängt nicht davon ab, ob du möglichst viel weißt und im spielerischen Training abrufen kannst.

Nein!

Ob du dich erfolgreich verteidigen kannst, hängt entscheidend davon ab, wie schnell du die richtige Entscheidung treffen und umsetzen kannst.

Dazu musst du gar nicht viel „können“. Das aber gut und schnell anwenden können.

Let that sink in!

Lasse diesen Satz wirken und nimm dir Zeit die Information zu verdauen!

Dann kannst du das nächst mal, wenn dir ein Selbstverteidigungsexperte erzählt, er verfüge über 1001 Abwehrtechniken für jede denkbare Notsituation gelassen weggehen. Du darfst ihn aber auch gerne belächeln.

Vielleicht bewirkt das einen gewissen Lerneffekt bei ihm?

Je größer die Zahl der „Abwehrtechniken“, die dir zur Verfügung stehen, umso langsamer deine Reaktion auf einen Angriff.

Speed kills! – den Aggressor überrumpeln

Speed kills ist eine Weisheit aus dem Kampfsport. Sie besagt, dass schnelle Aktionen, die den Gegner überrumpeln mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Erfolg führen.

Den Luxus an deiner Strategie zu tüfteln, hast du bei einem spontanen körperlichen Angriff nämlich nicht. Du musst instinktiv richtig handeln. Und das schnell! Dann sind deine Chancen den Angreifer, der dich überrumpeln wollte, selbst zu überrumpeln sehr groß.

Wie wendest du dieses Wissen praktisch an?

Die Theorie ist eine Vermutung mit Hochschulbildung.

Jimmy Carter

Die schönsten Theorien helfen uns nicht weiter, wenn wir sie nicht praktisch umsetzten können. Das nachfolgende Modell ist aber hinreichend praxiserprobt und wird bei der Ausbildung von Soldaten, Behörden und Sicherheitskräften verwendet.

Das Trigger Response Modell

Besagt, dass ein bestimmter auslösender Reiz eine bestimmte Reaktion nach sich zieht. Für das Phänomen Kampf und die Selbstverteidigung im Speziellen bedeutet das:

  • Wir verknüpfen einen bestimmten Reiz, es können auch mehrere sein, mit einer immer gleichlautenden Antwort.
  • Diese Antwort muss auf eine Vielzahl von Reizen (Fragen) passen. (Denke an – „Ich kann mich nicht mehr erinnern“ in Gerichtsverfahren bei der Befragung von Verdächtigen. ;-))
  • In unserem Fall verknüpfen wir den Reiz – Angriff, der durchaus in unterschiedlichen Erscheinungsformen auftreten kann, mit unserer „Wunschreaktion“.
  • Jener Reaktion, die für unser Ziel unbeschadet zu bleiben am vielversprechendsten ist und gegen eine Vielzahl wahrscheinlicher Angriffe schützt.

Wie kannst du einen bevorstehenden Angriff erkennen?

Die wichtigste Regel – höre auf dein Bauchgefühl. Verhält sich jemand verdächtig? Du kannst nicht sagen warum, aber dein Unterbewusstsein wittert Gefahr? Höre auf deinen Instinkt. Sofern die Möglichkeit besteht, ziehe dich aus der Affäre und verlasse die Situation. Kannst du das nicht mehr, stell dich auf einen Angriff ein.

Tipp

An dieser Stelle darüber nachzudenken: Warum passiert das gerade mir? Bringt dir nur Nachteile. Bewerte die Situation nach bestem Wissen und Gewissen ziehe deine Schlüsse und handle entsprechend. Es könnte dein Leben davon abhängen. Wie du solche Entscheidungen schnell und mit möglichst geringer Fehlerquote triffst, erfährst du in meinem Beitrag über der OODA Loop und den Cooper Code.

Warnsignale

  • Sind die Hände des potentiellen Gefährders zu sehen?
  • Versteckt er sie, führt er möglicherweise eine Waffe?
  • Verhält er sich auffällig unauffällig?
  • Versucht er durch seine Kleidung sein Aussehen zu verschleiern? Sonnenbrillen, Kapuze.
  • Wirkt er angespannt, nervös. Meidet er Augenkontakt oder sucht er ihn in auffälliger Weise, etwa um zu provozieren?
  • Mehr zu diesem Thema habe ich hier geschrieben.

Wichtig

Die Reaktionszeit einen Angriff abzuwehren ist zu kurz, wenn dein Angreifer zu nahe bei dir steht. Der berühmt berüchtigte – Sucker Punch, ein überfallsartiger Schlag, der den Kampf eröffnet und mit einem KO des Opfers endet gehört dazu. Niemand kann in einer solchen Situation rechtzeitig reagieren. Er muss dann die Wirkung des Angriffs voll nehmen.

Dieses Problem lässt sich, wenn du im Vorfeld richtig gehandelt hast, du bist dir der drohenden Gefahr bewusst und stellst dich auf einen möglichen Angriff ein, ohne dein Bauchgefühl zu unterdrücken, leicht lösen.

Schrittlänge Abstand!

Lass einen potentiellen Angreifer niemals nahe an dich heran! Das bedeutet, solange er einen Schritt machen muss, um dich angreifen zu können bist du vor einem Sucker Punch, aber auch anderen Angriffen relativ sicher. Die Betonung liegt hier auf relativ. Deine Reaktionszeit reicht in diesem Fall aus, noch reagieren zu können.

Die besten Abwehren gegen körperliche Angriffe

Wie du schon erahnen wirst, wenn du bisher gelesen hast. Techniken, Griffe und Tricks wirst du hier nicht finden. Was ich dir aber mitgeben kann, sind drei Beispiele für eine erfolgversprechende Strategie gegen spontane körperliche Angriffe. Sie bauen auf einfache, grobmotorische Fähigkeiten auf und ermöglichen schnelles Reagieren.

Alle drei unten vorgestellten Lösungsansätze haben zum Ziel, gegen eine Vielzahl möglicher Angriffe zu schützen. Es ist zumindest, beim Ignoranzprinzip egal, ob der Angreifer schlägt, tritt oder versucht sein Opfer zu unterlaufen und auf den Boden zu bringen.

Das Speer System von Tony Blauer

Der US-amerikanische Selbstverteidigungsexperte hat sein System um den sogenannten Flinch herum entwickelt. Der Flinch entspricht nach Blauer dem natürlichen Schutzmechanismus des menschlichen Nervensystems, bei überraschenden Bedrohungen.

Egal, ob es sich dabei um einen herabfallenden Ast, oder einen Schlag handelt. Die Arme werden instinktiv zum Schutz nach vorne Richtung der Bedrohung gestreckt, um Kopf und Körper zu schützen. Auf diesen Flinch bauen alle weiteren Reaktionen auf.

ETF Escrima – das Ignoranzprinzip

Das wie wir es nennen Ignoranzprinzip, leitet sich aus den praktischen Erkenntnissen von Sicherheitskräften ab. Es besagt, dass die beste Reaktion auf eine Bedrohung so einfach wie möglich sein muss und dabei ein möglichst großes Spektrum an Angriffen abdecken muss. Wir nutzen dazu, im waffenlosen Bereich, unsere Cross Guard, ein Angriffs – und Schutzmechanismus mit den Armen in Verbindung mit Beinarbeit.

Wing Tsun die Universallösung

Die Universallösung wie ich sie damals als ich noch Wing Tsun/Wing Chun, einen chinesischen Kung fu Stil trainiert habe, kennengelernt habe sieht folgendermaßen aus:

Jeder Angriff wird, mit einem Vorwärtstritt und Kettenfausstössen bei gleichzeitigem Vorgehen auf den Gegner beantwortet. Diese Lösung ist aus meiner heutigen Sicht, aber hochriskant. Ich habe mehrmals Situationen erlebt, wo sie funktioniert hat, aber auch genügend, wo diese Vorgehensweise fürchterlich in die Hose gegangen ist.

Für die technisch interessierten, eine Manöverkritik an dieser Universallösung.  Jeder Boxer hat gelernt seitlich raus aus der Angriffslinie zu gehen und gleichzeitig die Führhand einzusetzen. Der WT Experte läuft dann gerade vor ins Sprichwörtliche Nichts, während sein Gegner ihn von der Seite trifft. Dabei hat der Gegner Vorteile in der Reichweite und im Angriffswinkel, zudem kann er den Wtler leicht aus dem Gleichgewicht bringen.

Abgesehen davon, ist es möglicherweise notwehrrechtlich bedenklich, den Angreifer mit einem Hagel an Schlägen und Tritten einzudecken.

Der Grundgedanke an den drei oben vorgestellten Konzepten ist aber immer ident.

Es wird eine Reaktion abgerufen, die aus Sicht des Anwenders erfolgversprechend ist und im Training automatisiert wurde. Zusätzlich wird in weiterer Folge der Angriffsdruck stark erhöht, um das Nervensystem des Angreifers zu überfrachten. Das zwingt ihn in die Defensive und macht den Angreifer im Idealfall selbst zum Opfer. Ob das dann tatsächlich funktioniert, hängt von der Situation und den Fähigkeiten der Kontrahenten ab. Die Chancen stehen gut.

Handelt es sich bei dem Angreifer um einen Bewaffneten, beispielsweise einen Messerstecher, kommen die oben beschriebenen Strategien allerdings an ihre Grenzen. Sie müssen dann der Situation angepasst werden, was voraussetzt die Gefahrenlage rechtzeitig erkannt zu haben.

Fazit – körperliche Angriffe erfolgreich abwehren

Um körperliche Angriffe erfolgreich abwehren zu können, müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein:

  • Schnelle Reaktionen durch geringen Entscheidungsdruck. Dazu haben wir das Hiksche Gesetz und das Trigger – Response Modell betrachtet.
  • Einfache grobmotorische Bewegungsmuster mit hoher Erfolgswahrscheinlichkeit gegen eine Vielzahl möglicher Angriffe.
  • Ein Gefahrenbewusstsein. Achtsamkeit im Alltag. Behalte deine Umgebung im Auge!

Wir haben drei konzeptionell sehr ähnliche Strategien aus unterschiedlichen Selbstverteidigungssystemen vorgestellt, die obige Voraussetzungen erfüllen. (Mit Abstrichen bei der praktischen Umsetzbarkeit der Universallösung.)

Viel Spaß beim Training!

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