Systema die Kampfkunst der Kosaken und Slawen


Systema die Kampfkunst der Kosaken
Systema die Kampfkunst der Kosaken

Systema hat es nach dem Fall des eisernen Vorhangs in der Westen geschafft. Die Kampfkunst der Kosaken, die auch von Militär und Polizei in der Sowjetunion genutzt wurde, wird auch hierzulande immer bekannter.

Systema das „System“ ist eine Kampfkunst der Slawen und Kosaken, deren Ursprünge bis ins 10. Jh. zurückreichen und heute auch militärisch genutzt wird. Es ist ein ganzheitliches System, das neben Kampftechniken, auch großen Wert auf Atemübungen, Gesundheit und entspanntes, besonnenes Handeln legt.

Wer sich in einschlägigen Foren, wie dem Kampfkunstboard herumtreibt, wie ich es viele Jahre gemacht habe, kommt beim Thema Systema zu einem Schluss. Es ist durchaus umstritten, ob das System, sinnvoll, wirkungsvoll oder einfach nur Humbug ist.

In diesem Beitrag bekommst du von mir Informationen und Fakten zum Systema und meine persönliche Meinung dazu. Das mit meinem Background von über mehr als 25 Jahren Erfahrung in unterschiedlichsten Kampfkünsten und Kampfsportarten. Und als jemand, der tatsächlich Systema Lehrgänge besucht hat und sich persönlich Eindrücke davon beschafft hat.

Die Geschichte des Systema

Die Wurzeln dieser Kampfkunst reichen bis ins 10 Jh. zurück. Systema ist als auch als Kampfkunst der Kosaken und der Slawen bekannt. Es gibt Techniken mit und ohne Waffen im Systema. Ursprünglich wurde vorrangig mit Waffen trainiert und waffenloses Training diente lediglich der Ergänzung des Waffentrainings und der Körperertüchtigung.

Das ist vollkommen logisch, wenn du dir vor Augen hältst, dass der Schwerpunkt unbewaffneter Nahkampf in der Selbstverteidigung eine Erscheinung der modernen Zeit in Wohlstandsgesellschaften, mit funktionierendem Rechtssystem und entsprechender Sozialisierung ist. In anderen Gesellschaften, wie ja auch im Europa der Vergangenheit, wurden Auseinandersetzungen grundsätzlich mit Waffen geregelt.

Soldaten trainieren 99 % ihrer Zeit mit Waffen, wenn sie sinnvoll trainieren. Alles andere wäre vollkommen hirnrissig. Waffenloses Training hat untergeordnete Bedeutung, nämlich nur dann, wenn keine Waffen zur Verfügung stehen oder in Situationen, in denen mit nicht tödlicher Gewalt agiert werden muss. Für Militär (polizeiliche) Tätigkeiten zum Beispiel.

Im Zuge der Machtergreifung der Kommunisten im unglücklichen Mütterchen Russland, Millionen Menschen wurden von den Sowjets ermordet und in Arbeitslager gesteckt, wurde Systema auch von den Behörden für ihre Zwecke eingesetzt. Es wurde in Polizei und Militäreinheiten trainiert und gelehrt.

Die im Internet verbreitete Mär, das russische Sambo wäre nicht gut genug gewesen und deshalb durch Systema in der Ausbildung ersetzt, kann ich nicht glauben. Sambo hatte damals mit Sicherheit nicht das Wettkampfniveau moderner Zeiten erreicht, ist was rein kämpferische Qualitäten angeht, mit absoluter Sicherheit heute die bessere Wahl.

Sambo das russische MMA

Der Vorteil des Systema für polizeiliche und militärische Tätigkeiten liegt aber sicher daran, dass im Systema Waffen ursprünglich eine große Bedeutung hatten.

Die Säulen des Systema

Systema ist heute eine ganzheitliche Kampfkunst. Sie und das macht sie für viele Menschen wertvoll, beschäftigt sich nicht ausschließlich mit dem Thema Kampf, sondern beinhaltet auch einen Gesundheitsaspekt.

Viel Wert wird der Atmung, Körperhaltung, Bewusstseinsteuerung und Entspannungstechniken beigemessen.

Systema besteht aus folgenden 4 Säulen:

  • Atmung,
  • Entspannung,
  • Körperhaltung
  • Bewegung

Quelle Wikipedia

Die Waffen im Systema

Unterschiedlicher Waffen wie, Säbel, Lanze, Messer und Stöcke in verschiedenen Längen werden im Systema genutzt. In der militärischen Ausbildungen spielen einschlägige Waffen, wie die Kalaschnikow und andere Sturmgewehre, mit und ohne Bajonett, eine wichtige Rolle.

Waffen dienen dabei auch sehr oft der Vermittlung von Prinzipien, die im Kampf genutzt werden und um Bewegungen besser verständlich zu machen. Hier liegt, so glaube ich, die Ursache für viele Missverständnisse, die dem Ruf der Kampfkunst immer wieder schaden.

Messerabwehrtechniken, wie sie von manchen Lehrern gezeigt werden, sind hier zuallererst zu nennen. Übungen, die zum besseren Verständnis von Bewegungen konzipiert wurden, werden von manchen Lehrern zu Messerabwehrtechniken uminterpretiert.

Der fachkundige Kritiker kann von außen nur mehr Selbstmordtechniken erkennen, die zu unterrichten grob fahrlässig ist. Wenn nicht ausdrücklich dazu gesagt wird:

„Leute, wir üben das, um ein besseres Körpergefühl und Verständnis zu erlangen. Waffen kann man so aber nicht abwehren!“

Systema – Stilrichtungen und Lehrer

  • Alex Kostic – Homo Ludens
  • Kevin Secours
  • Vladimir Vasiliev
  • Mikhail Ryabko

Kadochnikov Systema:

Ist eines der ältesten Systeme, die ganz klar militärischen Hintergrund haben.

Techniken – Konzepte im Systema

Systema und das ist einer der Aspekte, der mir persönlich wirklich gut daran gefällt, legt Wert darauf, dass sich die Leute intuitiv richtig zu bewegen lernen. Es setzt weniger auf einzelne Kampftechniken, als auf Prinzipien. Die Prinzipien und Konzepte beziehen sich sowohl auf die Art zu kämpfen als auch auf die Art sich zu bewegen und den eigenen Körper zu nutzen.

Es lässt den Schülern also maximale individuelle Freiheiten. Das Problem dabei allerdings ist, dass der Realitätsbezug dabei aber leicht verloren gehen kann. Noch schlimmer ist es, wenn Leute diesen Realitätsbezug nie hatten.

Dann entstehen Fantasietechniken, für potenzielle Selbstmörder. Deshalb müssen die erlernten Fähigkeiten, immer wieder einem Realitätscheck unterzogen werden. Das geschieht durch freie Übungskämpfe bzw. Sparring. So könnt ihr sicherstellen, auf der richtigen Spur zu bleiben. Viele Kampfkünstler, in allen möglichen Kampfkünsten, verweigern sich aber diesem Qualitätscheck und tragen dazu bei, dass ihre Kunst sich immer mehr von der Realität entfernt.

Waffenlose Techniken des Systema

Im waffenlosen Bereich werden alle Aspekte des Kampfes abgedeckt. Es gibt Würfe, Schläge, aber auch Bodenkampf, Hebel- und Würgetechniken.

Einen wichtigen Bestandteil des Trainings stellt die Fallschule dar. Die Fallschule und die Art sich effektiv und elegant am Boden zu bewegen haben im Systema ein hohes Niveau erreicht. Soldaten trainieren das sogar mit Sturmgewehren und können sich, mit dem entsprechenden Training, auf sehr beeindruckende Weise bewegen.

Ballistische Schläge – unkonventionell und effektiv

Die sogenannten ballistischen Schläge gehören wohl zu den bekanntesten Techniken im Systema. Das Konzept und die Theorie dahinter ist denkbar einfach und leicht zu erklären. Wenn du mit einem Hammer einen Nagel einschlägst, genügt das Gewicht des Hammers, um genug Energie zu übertragen. Du musst, weder deine Armmuskeln anspannen, noch deinen ganzen Körper in den Schlag hineinlegen.

Auf Schläge oder Tritte umgelegt bedeutet das: Das Gewicht des Arms oder Beins reicht aus, um genug Energie beim Schlagen oder Treten zu übertragen. Ein Arm wiegt ungefähr 5 kg, ein Bein 15 kg. (Mann mit 80 kg Körpergewicht, als Referenzwert) Wichtig dabei ist allerdings, dass der Schlag oder Tritt mit maximaler Entspannung erfolgt.

Schnell und entspannt bedeutet nämlich ungebremst. So wie der Hammer, der oft nur wenige hundert Gramm wiegt, ungebremst einen Nagel einschlägt, können ballistische Schläge genug Schaden anrichten.

Diese Schläge werden oft belächelt. Ich kann dir aber aus eigener Erfahrung sagen, zu Unrecht!

Ich hatte das Glück, einen Lehrgang mit Alex Kostic in Graz besuchen zu dürfen. Wer die Gelegenheit hat einen Lehrgang von Alex Kostic zu besuchen sollte das unbedingt tun. Egal, welchen Kampfsport oder welche Kampfkunst du betreibst. Grundsätzlich ist der Lehrer wichtiger als die jeweilige Kampfkunst, das ist meine Meinung. Wenn du von einem guten Lehrer lernen kannst, mache das. Du musst ja nicht ausschließlich von ihm lernen, sondern kannst und sollst über den sprichwörtlichen Gartenzaun sehen.

Die ballistischen Schläge sind eigenartig. Sie wirken wie eine Welle, die sich durch Muskeln und Organe fortpflanzt. Ein Schmerz, der richtiggehend in die Tiefe geht und sozusagen in den Körper kriecht. Die Schläge, die ich erhalten habe, waren sehr dosiert, haben aber gereicht, um nicht an der Wirkung dieser Art zu schlagen zu zweifeln.

Die Schockwelle kann in verschiedene Richtungen gelenkt werden. Auch in den Genitalbereich, vom Bauch nach unten zum Beispiel. Ausprobieren wollte ich das allerdings nicht.

Sind ballistische Schläge nun das Non plus Ultra, die einzige Art effektiv zu schlagen?

Mit Sicherheit nicht.

Diese Art zu schlagen und grundsätzlich Energien zu übertragen funktioniert aber und wird zu Unrecht belächelt. Ich habe es ausprobiert und war durchaus beeindruckt. Du kannst das auch tun. 😉

Der „Slawischer Haken“

Manche Techniken wie der slawische Haken haben Eingang in andere Kampfkünste und Kampfsportarten gefunden. So finden sich auch manche Techniken im Boxen und Sambo dem russischen MMA wieder. Fedor Emilianeko hat den slawischen Haken in seinen Kämpfen oft genutzt.

Ich habe mehrere Varianten dieses Schlages gesehen. Grundsätzlich ist es ein peitschenartiger runder Angriff, der fast ausschließlich zum Kopf geschlagen wird. Er ist schwer im Ansatz zu erkennen, weil er optisch kaum von einem geraden Schlag zu unterscheiden ist und nur minimale Ausholbewegungen nutzt. Getroffen wird mit den Knöcheln der Faust, wobei der Daumen nach unten zeigt.

Diese Art zu schlagen ist bei ungeschützten Händen besonders sinnvoll, dass das Risiko von Handverletzungen vergleichsweise relativ gering ist.

Dieser slawische Haken kann, wenn er nicht trifft, durchgezogen und über eine kreisförmige Bewegung zu einer nachfolgenden Hammerfaust umgewandelt werden. Dieses Konzept ähnelt, dem, was wir im Escrima unter der Figur 8 verstehen, die praktische Ausführungen unterscheiden sich aber voneinander.

Der Haken kann auch als Eingang zu einem Wurf oder in den Clinch genutzt werden, falls sich der Gegner nach vorne bewegt und der Haken sein Ziel verfehlt.

Ist Systema zur Selbstverteidigung geeignet?

Ja, unter einem guten Lehrer, der sich ernsthaft der Thematik annimmt durchaus. Das gilt so ziemlich für jeden Kampfsport und jede Kampfkunst und sollte offensichtlich sein.

Deshalb gebe ich dir ein paar Kriterien an die Hand.

  • Gibt es regelmäßig Sparring im Training? Wer sich nicht daran gewöhnt, auch nur halbwegs ernsthaft angegriffen zu werden, hat schlechte Chancen im Ernstfall. Da helfen keine Theorien und Ausreden.
  • Behandelt das Training auch die Waffenproblematik? Das sollte realistisch und ernsthaft geschehen. Wer lernt Messerangriffe mit Leichtigkeit abzuwehren, der ist schlecht beraten. Das ist absolut unrealistisch und kontraproduktiv. Ein verantwortungsvoller Trainer wird das vermitteln.
  • Zur Selbstverteidigung gehört auch der psychologische Aspekt und das Durchspielen unterschiedlicher Szenarien. Kampf ist immer die allerletzte Option, wenn alle anderen Strategien versagt haben.

Systema als Gesundheitssystem

Systema umfasst neben den Kampftechniken viele Übungen, die der Gesundheit und Gesunderhaltung der Trainierenden dienen.

Atemübungen sind ein integraler Bestandteil des Systems und im Training.

Die oben vorgestellten ballistischen Schläge werden mittels spezieller Atemtechniken absorbiert. Da die Atmung unser Nervensystem und unsere mentale Haltung wechselseitig beeinflusst, ist es nur logisch für Kämpfer bewusstes richtiges Atmen zu erlernen und zu üben.

So können Schmerzen kontrolliert und bis zu einem gewissen Grad unterdrückt werden. Die nötige entspannte Haltung innerlich, und äußerlich tragen dazu bei, dass der Kämpfer intuitiv richtig und unverkrampft agieren kann. Sogar Massagetechniken und Ernährungsempfehlungen runden das Systema als ganzheitliche Kampfkunst ab.

Fazit – Systema die Kampfkunst der Kosaken

Systema ist eine äußerst interessante und vielseitige Kampfkunst. Du kannst in ihr eine Fülle von interessanten Denkansätzen, Übungen und Ideen finden, die für jeden Kampfsportler und Kampfkünstler wertvoll sein und das eigene Training bereichern können. Da Systema ein umfassendes holistisches System ist, bietet es auch wertvolle Aspekte für das allgemeine Wohlbefinden und die Gesundheit.

Systema wird in Kampfkunst und Kampfsportkreisen oft kritisiert und belächelt. Das ist meiner Meinung nach zum Teil berechtigt. Gerade im Hinblick auf oft auch von den Lehrern missverstanden Waffentechniken und Abwehren. Sogenannte No Touch Techniken, von manchen Lehrern propagiert, die einen Gegner mittels unsichtbarer Energie durch den Raum wirbeln, runden dann das Bild einer „Fake Martial Art“ ab.

Leider auch zum Schaden seriöser, ehrlicher und kompetenter Lehrer.

Ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass bestimmte Techniken auch ohne Berührungen funktionieren. Aus eigener Erfahrung. Das liegt aber nicht an unsichtbaren Energien oder übernatürlichen Kräften. Ein einfaches Beispiel sind Finten, Täuschungsmanöver, die in jedem Kampfsport genutzt werden. Ich bin mit unterschiedlichen sehr subtilen „Finten“, nennen wir sie mal mangels besseren Ausdrucks so, die verblüffend gut funktionieren und mich wirklich zum Nachdenken gebracht haben.

Sie funktionieren, weil sie in subtiler Weise unser Unterbewusstsein manipulieren, auf übernatürliche Kräfte sind sie nicht zurückzuführen.

Wer Interesse am Systema hat, sollte es sich vor Ort bei einem hoffentlich kompetenten Lehrer ansehen und nachfragen. Persönlich kann ich dir Kostic Alex mit seinem „Homo Ludens“ System, seiner Interpretation der Kampfkunst empfehlen. Er ist sehr zugänglich, beantwortet Fragen in Theorie und Praxis, hat von den bekanntesten Lehrern persönlich gelernt und als ehemaliger Türsteher und MMA Kämpfer einen gesunden Bezug zur Realität.

Wenn du die Gelegenheit hast, schau es dir an!

Viel Spaß beim Training!

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