Vollkontakt Kampfsport – Was macht ihn so faszinierend?


Vollkontakt Kampfsport

Für Kampfsportler ist der Wettkampf im Vollkontakt, wohl die härteste, brutalste, aber auch ehrlichste Art sich miteinander zu messen. Die pure Lust an Gewalt treibt dabei die Kämpfer selten.

Im Vollkontaktkampfsport wird, bis zum K.o., der Aufgabe oder dem Kampfende, nach Zeitablauf, gekämpft. Die Härte der Auseinandersetzungen, gesundheitliche Risiken, die körperlichen und psychologischen Anforderungen an die Sportler, machen Vollkontakt, zu der ultimativen persönlichen Herausforderung.

Oft wird Kampfsport und allen voran der Vollkontakt, als Randsportart, dummer, geistig minder bemittelter, Gewaltverherrlicher abgetan, die im legalen Rahmen, ihre asoziale Ader ausleben. Warum das nur in Ausnahmefällen der Fall ist, was die Besonderheiten des Sports und der unterschiedlichen Vollkontaktstile angeht, sehen wir uns in der Folge genauer an.

Welche Vollkontaktkampfsportarten gibt es?

Im Vollkontaktkampfsport, gibt es Stilrichtungen, die schlagen (Boxen), schlagen + treten (Kickboxen), ringen (Ringkampfsportarten) oder, wie in den Mixed Martial Arts, sowohl ringen als auch schlagen und treten dürfen. Ihnen gemein ist, dass sie mit vollem Krafteinsatz kämpfen dürfen.

Weniger bekannt ist, dass es einige Stilrichtungen gibt, die mit Waffen, meistens Stöcken, Vollkontaktkampfsport betreiben.

Voller Kontakt ist dabei, nicht in allen Situationen gestattet, so ist bei ringerischen Kampfsportarten, die Anwendung von Hebeltechniken, reglementiert. Sie dürfen, abhängig vom jeweiligen Sport, nicht alle Hebeltechniken angesetzt werden. Außerdem werden Hebel langsam angezogen, um dem Gegner die Möglichkeit zur Aufgabe zu geben, bevor er schwer verletzt wird.

Vollkontaktkampfsportarten Übersicht

  1. Boxen
  2. Bare Knuckle Boxen – Boxen ohne Handschuhe
  3. Muay Thai – Thaiboxen
  4. Muay Boran
  5. Kickboxen
  6. Savate
  7. K1
  8. Lethwei – das burmesische Kickboxen
  9. Sanda
  10. Shidokan Karate
  11. Kyokushin Karate
  12. Karate Combat
  13. Mixed Martial Arts
  14. Sambo
  15. Brazilian Jiu-Jitsu
  16. Judo
  17. Ringen
  18. DBMA – Dog Brothers Martial Arts – Stockkampf
  19. Canne de Combat
  20. Balintawak Escrima
  21. Pekiti Tirsia Kali
  22. ETF Escrima
  23. HEMA – historische, europäische, mittelalterliche Kampfkünste

Ringen und ringerische Kampfsportarten, wie das Judo oder Brazilian Jiu-Jitsu zählen zum Vollkontakt, es wird zwar nicht geschlagen oder getreten, aber die Kämpfer arbeiten mit vollem Krafteinsatz und versuchen mit Technik und Kraft, ihre Gegner zu besiegen.

Es gibt auch Kampfkünste, die mit Waffen im vollen Kontakt kämpfen, wobei entsprechende Safety Waffen und Schutzausrüstungen verwendet werden, um die Sicherheit der Kämpfer weitestgehend zu gewährleisten. Zu diesen zählen verschiedene philippinische Kampfkünste und die mittelalterlichen, historischen, europäischen Kampfmethoden.

Wie gefährlich ist Vollkontaktkampfsport?

Die Verletzungsrisiken im Vollkontaktkampfsport sind groß, besonders in den Stilen, die sich nur auf das Schlagen und Treten beschränken, sind Gehirnverletzungen sehr häufig. Prellungen, Stauchungen, Hautabschürfungen kommen oft vor, Knochenbrüche, selten. Sie gehören aber, meistens an der Hand, ebenfalls zum Verletzungsbild.

Neben den im Training und Wettkampf auftretenden Verletzungen, bringt das Training für Vollkontaktbewerbe, erhebliche körperliche Belastungen mit sich. Wer sich auf einen harten Kampf vorbereitet ist gezwungen extrem hart zu trainieren und überschreitet dabei mitunter auch gesundheitliche Grenzen.

Über die Jahre führen das Training im Vollkontaktsport und die Wettkämpfe, neben typischen, meist leichten Verletzungen im Training, zu erheblichen Abnutzungserscheinungen und dauerhaften Gesundheitsschäden. So entstehen durch Treffer auf den Kopf, immer wieder Gehirnerschütterungen und damit einhergehend, dauerhafte Schäden am Gehirn. Die Risiken, in späteren Jahren an Demenz zu erkranken, steigen signifikant.

Thaiboxer, im Mutterland des Muay Thai, Thailand beginnen ihre Wettkampfkarriere zwar sehr früh, gehören aber auch schon mit Mitte 20, oft zum alten Eisen. Der überaus harte Sport fordert seinen gesundheitlichen Preis. Abnützungen in der Hüfte, abgetötete Nerven, vor allem im Bereich der Schienbeine, sind typische Verletzungen.

Die Trainingsgestaltung, die Qualität von Trainern und Sportlern, sowie deren Art zu kämpfen haben aber einen wesentlichen Einfluss, auf die Risiken, die Vollkontaktkämpfer eingehen. Dazu gehört es auch zum richtigen Zeitpunkt, mit der aktiven Wettkampfkarriere aufzuhören.

Boxen – der klassische westliche Vollkontaktsport

Der Boxsport gehört zu den ältesten und am weitesten verbreiteten Vollkontaktsportarten. Seinen Ursprung hat er in England. Er wird weltweit nach den Queensberry-Regeln im Amateur- und Profibereich praktiziert und gehört neben dem Ringkampf zu den klassischen und ältesten olympischen Disziplinen.

Boxen ist die zweifelsohne effektivste Art, Hände zum Schlagen einzusetzen. Der Sport ist körperlich, äußerst fordernd, auf hohem Niveau, aber durchaus sehr strategisch und taktisch. Das Fechten mit der Faust, hat seinen Ursprung tatsächlich im Fechten. Die ersten Boxlehrer waren arbeitslos gewordene Fechtmeister.

Beitrag: Boxen Grundlagen – alles was du wissen musst

Muay Thai – Thaiboxen

Der Nationalsport der Thailänder, Muay Thai, ist einer der härtesten Vollkontaktsportarten überhaupt. Zum Schlagen werden Fäuste, Ellenbogen, Knie, Schienbeine und Tritte verwendet. Die Kämpfer sind außergewöhnlich hart, zahlen aber auch oft einen hohen gesundheitlichen Preis, als Profikämpfer.

Das Thaiboxen ist völlig anders konzipiert, als die oberflächlich betrachtet, sehr ähnlichen, westlichen Sportarten, wie Boxen oder Kickboxen.

Muay Thai hat sich, was schlagen und treten betrifft, auch sehr in den Mixed Martial Arts bewährt.

Beitrag: Muay Thai – Thaiboxen, der Vollkontaktsport Thailands

Kickboxen

Unter Kickboxen werden alle Kampfsportarten zusammengefasst, die ausschließlich Schläge und Tritte im Kampf verwenden. Im Kickboxen gibt es kein ringen und keinen Bodenkampf. Es haben sich aber teilweise sehr unterschiedliche Stile herausgebildet.

  • Muay Thai
  • Muay Boran
  • Lethwei – aus Burma
  • Savate – aus Frankreich
  • K1 – Kickboxen mit Low Kicks
  • westliches Kickboxen

So erlaubt das klassische westliche Kickboxen nur Schläge und Tritte zum Oberkörper und Kopf. Im K1 werden Tritte auf die Oberschenkel, sogenannte Low Kicks, zusätzlich erlaubt.

Das französische Savate, verfügt über eine völlig eigenständige Stilistik und legt großen Wert auf Tritte im Wettkampf, die entsprechend hoch bewertet werden.

Thaiboxen, wie oben beschrieben, stellt einen eigenständigen Stil dar und bietet das größte Spektrum an erlaubten Techniken, sieht man vom burmesischen Lethwei ab, das sogar Kopfstöße erlaubt und ohne Handschuhe auskommt.

Vollkontakte Karate

Neben dem klassischen Leichtkontakt oder „Point Karate“, wie dem Shotokan, haben sich auch einige Vollkontaktkarate Stilrichtungen gebildet. Die Mutter dieser Stile war das Kyokushin Karate, aus dem sich wiederum andere Vollkontaktstile, wie das Shidokan/Seidokan, entwickelt haben.

Karate Combat, ist die neueste Entwicklung im Bereich des Vollkontaktkarate. Es erlaubt, im Gegensatz zum Kyokushin Karate, auch Faustschläge zum Kopf, verbietet aber, Tritte zum Oberschenkel. Das Reglement macht die Wettbewerbe, auch für Karatekas aus dem Leichtkontakt, wie dem Shotokan Karate interessant und bietet blitzschnelle Kämpfe auf sehr hohem Niveau.

Beitrag: Zwei Vollkontaktkarate Stile, die du kennen solltest!

Taekwondo, der koreanische Vollkontaktsport

Taekwondo ist wie auch das Karate eine olympische Disziplin. Im Wettkampf wird mit Helm und Schutzweste, neben der üblichen Schutzausrüstung, im Vollkontaktsport gekämpft. Der Sport hat sich besonders auf spektakuläre Tritte spezialisiert. Mit der Faust darf nur zum Körper geschlagen werden.

Tritte auf die Beine sind nicht erlaubt. Faustschläge werden niedriger im Punktesystem gewertet als Beintechniken. Das Regelwerk bestimmt den Kampfverlauf. So sieht ein Kampf im Taekwondo völlig anders aus, als im Kyokushin Karate.

Mixed Martial Arts – fast alles ist erlaubt

In den Mixed Martial Arts (MMA) ist fast alles erlaubt, zumindest oberflächlich betrachtet. Bei näherem Hinsehen, gibt es durchaus Beschränkungen, die den Wettkampf zu einem sportlichen Bewerb und keinem regellosen Kampf, auf Leben und Tod werden lassen.

Im MMA sind Schläge, Tritte, der Ring- und Bodenkampf erlaubt. Das macht die Kämpfe unglaublich variantenreich und erlaubt es den Kämpfern, ihre besonderen Stärken zu entwickeln.

MMA hat den Boxsport in seiner Popularität fast schon überholt, auch wenn die sogenannten „Käfigkämpfe“ in einigen Ländern verboten sind und einen schlechten Ruf genießen. Das liegt zu einem großen Teil daran, dass es erlaubt ist am Boden weiterzukämpfen, zu schlagen und zu treten und in einigen Organisationen das Treten auf einen liegenden Gegner erlaubt ist.

Beitrag: Die Geschichte der Mixed Martial Arts (MMA)

Vollkontakt „Sport“ mit Waffen

Weniger bekannt, sind die Vollkontaktsportarten, die mit Waffen, Stöcken stellvertretend für Hieb- und Stichwaffen, kämpfen. Um das einigermaßen sicher zu gestalten, werden entsprechende Schutzausrüstungen verwendet.

Der Ursprung dieser Wettkämpfe liegt darin, bewaffnete Auseinandersetzungen möglichst realistisch simulieren zu können.

Viele Sportarten haben aber mittlerweile eine Eigendynamik entwickelt und sich weit vom ursprünglichen Ziel entfernt. Die Kämpfe sind in der Regel spektakulär und gelten unter den Vollkontaktsportarten, als extrem, bzw. eine Randgruppenerscheinung.

Bei den sogenannten Gatherings der Dog Brothers, einer Gruppe, die sich dem Vollkontakt Stockkampf verschrieben hat, müssen die Teilnehmer vor Beginn, Verzichtserklärungen unterschreiben und auf Schadenersatz im Falle schwerer Verletzungen verzichten.

In den HEMA, den historischen, mittelalterlichen Kampfkünsten, gibt es ebenfalls bewaffnete Zweikämpfe im Vollkontakt. Hier stehen aber Tradition und die Erforschung, alter, vergessener Kampfmethoden im Vordergrund.

Fazit – Vollkontaktkampfsport

Es gibt eine große Auswahl an Vollkontaktkampfsportarten, die man heutzutage wettkampfmäßig betreiben kann. Es handelt sich um eine extreme Art des Kämpfens, der menschlichen Auseinandersetzung, die eher einer Minderheit, besonders hartgesottener Gesellen vorbehalten ist.

Vollkontakt hat aber nur sehr wenig mit asozialen Schlägern zu tun. Die absolute Mehrheit möchte sich auf ehrliche und manchmal mehr oder weniger realistische Art und Weise, in sportlichen Vergleichskämpfen, mit ihren Gegnern messen.

Zwei Kämpfer, die ihr Bestes geben und definitiv kein Sport für Feiglinge. Auch dumme Menschen haben in diesem Sport eher schlechte Karten, da sinnvolles Training, Strategie, Taktik und die geistige Vorbereitung, wesentlich in dieser Art von Extremsport sind.

So erweisen sich die meisten Vorurteile, den Kämpfern gegenüber als haltlos. Schwarze Schafe, wie überall, gibt es in dem Sport natürlich auch, aber das ist eine kleine Minderheit.

Viel Spaß beim Training!

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