Immer wieder wird uns Trainern die Frage gestellt: Wie lange muss ich trainieren, um den jeweiligen Kampfsport, oder „Selbstverteidigung“ zu erlernen?
Wie oft und wie lange du trainieren musst, um einen Kampfsport zu lernen, hängt von vielen Faktoren ab. Was genau willst du lernen, welche Voraussetzungen bringst du mit, wie gut ist das Training? Was genau sind deine Ziele? Als Minimum solltest du 2 Mal/Woche über 6 Monate trainieren.
So verständlich und nachvollziehbar die Frage nach dem nötigen Trainingsaufwand ist, so schwer ist sie auch zu beantworten. Fortgeschrittene Schüler und Meister, unabhängig davon, ob es sich um einen Kampfsport, Kampfkunst, Selbstverteidigung oder ein anderes Spezialgebiet handelt, wissen.
Meisterschaft, etwas vollendet zu beherrschen, ist ein unerreichbares Ideal. Wir versuchen uns dem anzunähern, indem wir uns kontinuierlich verbessern. Wenn wir aufhören, besser zu werden, werden wir schlechter. Es ist wie schwimmen gegen die Strömung.
Etwas gelernt zu haben, zu „können“ und danach wieder vergessen zu können, ohne die Fähigkeiten wieder einzubüßen, trifft vielleicht auf das Schuhe-Binden und Radfahren zu. Auf komplexe Fähigkeiten nicht. Urkunden, bunte Zettel, mit der Bestätigung deiner Kompetenz helfen dir auch nicht wirklich weiter. Sie helfen bei der Motivation, dem Selbstbewusstsein, ansonsten haben sie aber keinen Wert!
Wie oft und wie lange also trainieren, um Kampfsport zu lernen?
Fakt ist – auch im Kampfsport und der Selbstverteidigung gilt:
The strongest with the mostest is the bestest.
Übersetzt in etwa: Der stärkste, schnellste, schlaueste, mutigste, mit der besten Ausrüstung, dem besten Training und den meisten Freunden und viel Glück ist der Beste.
Der im Englischen grammatikalisch falsche, aber umso zutreffendere Spruch verdeutlicht, wie absurd letztendlich Fragen sind wie:
- Wie lange brauche ich, um mich erfolgreich verteidigen zu können?
- Reicht es 1 Mal für 12 Wochen zu trainieren?
Antwort:
Es hängt davon ab!
Diese Frage lässt sich pauschal nicht wirklich beantworten. Die Ergebnisse sind nicht in absoluten Zahlen messbar, sondern immer nur relativ zur Ausgangssituation. Garantien kann hier niemand, der auch nur einigermaßen seriös sein will, geben.
Persönlich sind mir deshalb Werbesprüche wie – Selbstverteidigung, die Kraft, Größe und das Gewicht des Gegners spielt keine Rolle. Wir nutzen die Kraft des Gegners gegen ihn. – absolut zuwider. Es ist eine Sache ein Waschmittel anzupreisen, das weißer wäscht als alle anderen. Es ist aber eine völlig andere Sache jemandem zu suggerieren er wird zum Supermann/Superfrau, wenn seine Gesundheit und sein Leben auf dem Spiel steht.
Die Entwicklung deiner Fähigkeiten hängt von folgenden Faktoren ab:
- Was sind deine Ziele? Willst du Spaß am Training haben? Fitter werden? Boxweltmeister im Schwergewicht werden oder den übelsten Straßenschläger in die Schranken weisen können?
- Der Art und der Aufbau des Trainings: Man muss es deutlich sagen: Es ist nicht egal, was und wo man trainiert. Es ist genauso wenig egal wie, ob du bei einer Operation von einem kompetenten Arzt, oder einem Kurpfuscher operiert wirst. Die Ergebnisse weichen mit größter Wahrscheinlichkeit stark voneinander ab. In jedem Bereich gibt es gute und schlechte Leute. Mit Blendern verhält es sich genauso. Das Problem ist, dass beide für Laien kaum voneinander zu unterscheiden sind.
- Der Wahl des Kampfsports: Manche Kampfsportarten sind körperlich einfach fordernder als andere. Sie erfordern teilweise artistische Fähigkeiten, hohe Beweglichkeit und gute athletische Fähigkeiten. Es benötigt einfach zusätzlich mehr Zeit, diese Eigenschaften zu entwickeln.
- Welche Voraussetzungen bringst du mit? Niemand wird sich erwarten, dass ein Senior die gleiche körperliche Leistung bringt, wie ein junger Mann. Alter, Geschlecht, Größe, Gewicht und schlicht und einfach Talent spielen immer eine Rolle.
- Von deinem persönlichen Einsatz: Du kennst das von der Schule. Nur körperlich anwesend zu sein, sich aber nicht wirklich für die Sache zu interessieren, reicht oft nicht aus. 😉
- Wie viel Trainingszeit bist du bereit zu investieren? Ein mal die Woche? Aus meiner Erfahrung ist das für die Mehrheit genug Zeit, um wieder alles zu vergessen und jede Woche neu anzufangen.
- Der Trainingshäufigkeit: Je öfter du trainierst, umso schneller wirst du lernen. Es gibt auch einen Punkt, an dem es zu viel sein kann und kontraproduktiv wird. Den erreichst du aber mit 2 bis 4 Trainingseinheiten in der Woche höchstwahrscheinlich nicht.
Die 10.000 Stunden Regel. Der Weg zum Meister
Diese Regel ist als Orientierungshilfe durchaus wertvoll und interessant. Auch für jene, die nicht unbedingt Meister werden wollen und einen großen Trainingsaufwand treiben wollen.
Die 10.000 Stunden Regel besagt, dass jeder, der die nötige Zeit sinnvoll investiert, im jeweiligen Bereich zur Meisterschaft kommen kann. Das Talent spielt dabei der Theorie zu Folge eine nur untergeordnete Rolle, ab einem bestimmten Zeitpunkt ist es kaum noch relevant. Talent kann in diesem Zusammenhang sogar nachteilig sein. Ein Talent lernt zu Beginn viel schneller und leichter, als ein Untalentierter.
Der weniger Talentierte hat aber einen entscheidenden Vorteil. Es muss sich von Anfang an anstrengen und lernt hart an sich zu arbeiten. Dem Talent bleibt das erspart, was ihm im späteren Verlauf des Trainings auf den Kopf fallen kann. Er kommt dann an einen Punkt, an dem er um besser zu werden viel Aufwand treiben muss und das hat das Talent in der Regel nicht gelernt und scheitert möglicherweise daran.
Um 10.000 Stunden zu trainieren, mit einer Stunde Training am Tag, jeden Tag benötigst du:
10000 / 365 = 27, 365 Jahre, um Meisterschaft zu erlangen.
Das als Orientierungshilfe auf die Frage:
Wie lange muss ich trainieren?
Aber – du musst nicht Meister werden, um etwas gut und deutlich besser als andere zu beherrschen. Du musst letztendlich nur besser sein als dein Gegner.
Vernünftiges Training zahlt sich immer aus.
So erzielst du die besten Ergebnisse im Training
Trainiere nach der 80: 20 Regel, auch Pareto Prinzip genannt. Das Pareto Prinzip besagt, dass 20 % des Aufwands ungefähr 80 % der Ergebnisse bringt. Das gilt so ziemlich für alle Lebensbereiche. Du kannst also, wenn du es richtig anlegst, sehr gute Ergebnisse mit einem vergleichbar geringem Aufwand erzielen. Dazu ist eine intelligente Trainingsgestaltung unerlässlich. Für den Laien stellt das aber ein Problem dar, weil er sich auf das verlassen muss, was ihm Experten erzählen. Und das muss nicht immer dem Interesse der Kunden dienen.
Rein wirtschaftlich gedacht ist es also für Lehrer und Trainer sinnvoll, Schüler länger an sich zu binden. Eine Methode dazu ist, ihn nicht optimal zu unterrichten, um ihn als Kunden zu erhalten. Ganze Trainingssysteme und Unterrichtsprogramme haben sich diesem Ziel verschrieben. Im Kampfsport dürfte diese Probleme weniger verbreitet sein, da ja im Wettkampf Leistung erbracht werden muss.
Wer sich aber in manchen Kampfkünsten und Selbstverteidigungssystemen umschaut, könnte möglicherweise schnell und oft fündig werden.
Ich denke, das macht deutlich, wie wichtig es ist, die passende Schule und die richtigen Lehrer zu finden.
Welcher Kampfsport ist der Richtige für dich?
Privatunterricht – schneller lernen
Einzelunterricht ist eine kostenintensive, aber sinnvolle Methode, um schneller voranzukommen. Der Trainer kann auf deine speziellen Bedürfnisse und Fragen besser eingehen als im Gruppenunterricht. Du wirst definitiv schneller besser.
Trainiere auch zu Hause
Kurze, konzentrierte Trainingseinheiten können dich wirklich weiterbringen. Du bist dabei gezwungen, dich mit deinem Kampfsport und den Lerninhalten auseinanderzusetzen. Selbst ein Training von wenigen Minuten, ein paar mal die Woche, kann sich spürbar positiv auf deine Entwicklung auswirken.
Fazit – Wie oft trainieren für Kampfsport, Kampfkunst und Selbstverteidigung?
Um in deinem Kampfsport, deiner Selbstverteidigung oder deiner Kampfkunst Fortschritte zu machen, solltest du mindestens zweimal pro Woche trainieren. Es ist aber nicht schlimm, wenn du einmal nicht zum Training kommst oder nur einmal im Verein oder in der Schule trainieren kannst. Du solltest aber auf jeden Fall zu Hause trainieren. Das kannst du jeden Tag machen.
Selbst, wenn du nur wenige Minuten investierst, um Bewegungsabläufe zu wiederholen, summiert sich das im Laufe der Zeit auf und du wirst spürbare Verbesserungen erzielen.
Viel Spaß beim Training!