BULLSHIDO – Fake Martial Arts – Unrealistische Kampfkünste


BULLSHIDO – Fake Martial Arts – Unrealistische Kampfkünste
BULLSHIDO – Fake Martial Arts – Unrealistische Kampfkünste

Die Welt des Bullshido oder der Fake Martial Arts ist eine tragisch- komische. Sie zeigt auf, wie weit die Fantasie mancher Meister gehen kann, wenn Selbstkritik fehlt und mit einem hohen Maß an mangelndem Realitätsbezug einhergeht.

Bullshido ist ein Kunstwort, zusammengesetzt aus den Worten Bushido und bullshit. Es steht für den Unsinn (fake martial arts), der als Auswuchs manche Kampfkünste und deren Vertreter, betrieben und schlimmer noch gelehrt wird.

  1. Bullshido übertreibt einzelne, oft durchaus authentische und funktionelle Aspekte der jeweiligen Kampfkunst und zieht sie damit, zumindest in den Augen der Kritiker, ins Lächerliche.
  2. Bullshido im weiteren Sinn können wir als das bezeichnen, was mancher selbsternannter Meister von sich geben, ohne wirkliche Ahnung von der Materie zu haben.
  3. Manche Fachleute gehen sogar so weit, den Großteil der traditionellen Kampfkünste als Fake Martial Arts zu bezeichnen, da sie vielfach nicht für echte Auseinandersetzungen geeignet seien.

Chi Meister – der Gipfel des Bullshido

Manchmal ist es ganz offensichtlich. Zumindest für die meisten Menschen. Der Meister bewegt seine Schüler, ohne sie auch nur berühren zu müssen. Er nutzt Handbewegungen, um seine Schüler, wie von Zauberhand geleitet, zu bizarren Verrenkungen zu zwingen oder an einem ihn umgebendem unsichtbaren Schutzschild abprallen zu lassen.

Die innere Energie, das Chi des Meisters, wird hier zur Erklärung bemüht. Er ist nach jahrzehntelangem Training zu einer inneren Reife gelangt, die ihn über das rein körperliche hebt und es ihm erlaubt ohne Körperkontakt zu kämpfen und zu siegen.

Leider, zumindest für diverse „Meister“ gibt es immer wieder Ungläubige, die sie auf die Probe stellen und nicht gewillt sind mitzuspielen. Oft genug im Kreise der Schüler des jeweiligen Meisters.

Das führt dann immer zu tragisch komischen Szenen. Die sich dann mittel und langfristig für heilsam erweisen können. Was den Zugang zur Realität angeht, zumindest.

Wie erkennt man Bullshido – unrealistisch Kampfkünste?

  • Sektiererisches Gehabe
  • Geheimtechniken
  • Extrem hierarchisches Denken und Graduierungsdünkel
  • Stammbäume
  • Eitelkeiten
  • allzu kritischen Fragen nicht aufgeschlossen
  • komische Uniformen
  • Beweise anzutreten wird vermieden, es sei denn es handelt sich um mit eingeweihte Schüler.
  • Appell an den Glauben – Hier im wahrsten Sinn des Wortes – Glauben heißt nicht wissen.

Sektiererisches Gehabe

Eine Führungspersönlichkeit, die über geheimes Wissen und besondere Fähigkeiten verfügt und nur über sie den ausgesuchten Schülern die hohen Weihen der Kampfkunst zugänglich machen kann. Der Zusammenhalt unter den Gruppenmitgliedern ist sehr stark, verbunden durch die Geheimnisse, die sie teilen und anderen Gruppenaußenseitern nicht zugänglich sind.

Geheimtechniken

Geheime Techniken, die auf wundersame Art und Weise zum Sieg führen und für uneingeweihte nicht abzuwehren sind, spielen häufig eine Rolle. Natürlich sind diese besonders gefährlichen Techniken nicht jedermann zugänglich. Nur langjährige und sehr vertrauenswürdige Schüler dürfen diese erlernen. Alle anderen werden über die Existenz dieser Techniken informiert, nicht aber eingeweiht.

Dazu ist zu sagen: Die Grundtechniken sind immer die wichtigsten Techniken. Erst ihre Meisterung bringt wirkliches Können und anwendbare Fähigkeiten. Nehmen wir das BJJ zum Vergleich. Diese, erwiesenermaßen ausgereifte Bodenkampfmethode, verfügt über keinerlei Geheimtechniken.

Die Techniken sind jedermann zugänglich, der weiß wie er YouTube im Internet oder die nächste BJJ Schule findet. Trotzdem gibt es in der Praxis, der kämpferischen Anwendung, gravierende Unterschiede zwischen Schwarzgurten und niedriger graduierten.

Der Unterschied: Jahrelanges, praxisorientiertes Training.

Stammbäume in den Kampfkünsten

Es ist völlig legitim wissen zu wollen, wer von wem gelernt hat und wie sich eine Kampfkunst entwickelt hat. Wie bei allem im Leben, kann man es aber auch hier, übertreiben. Wer seinen Stammbaum bis auf Moses oder Dschingis Khan zurückführt und sich in deren direkten Nachfolge sieht, sollte mit einer gesunden Portion Skepsis betrachtet werden.

Respekt vor den Lehrern ist wichtig. Ihnen einen eigenen Heiligenschrein zu widmen, aber dann doch deutlich übertrieben.

Eitelkeiten

Übertriebenes meisterhaftes Gehabe oder übertriebene Bescheidenheit sollten beide Warnsignale sein. Graduierungen und Prüfungen können durchaus sinnvoll sein, um einen guten Unterricht zu gewährleisten. Dies ist vor allem in größeren Gruppen vorteilhaft, wenn der (oder die Lehrer) wenig persönlichen Bezug zu ihren Schülern und deren Fähigkeiten und Defiziten hat.

Kritische Fragen werden als Beleidigung empfunden

Wer guten Gewissens ist, kann kritische Fragen gelassen beantworten. Es besteht dann kein Grund sich angegriffen zu fühlen, wenn man weiß, was man tut und das auch demonstrieren kann. Wer allerdings selbst unsicher ist, bekommt dann ein mentales oder gar körperliches Problem, wenn es um die praktische Umsetzung geht.

Es ist durchaus möglich, dass dies dem Vertreter des Bullshido gar nicht bewusst ist. Die Wahrheit schlummert allerdings im Unterbewusstsein und tritt auf die eine oder andere Art zutage.

Appell an den Glauben der Schüler

Der Glaube kann, wenn man nach dem Sprichwort geht – Berge versetzen. Diese Weisheit sollte man aber eher metaphorisch sehen und nicht wortwörtlich nehmen. Der Glaube der Chi Meister, die kontaktlos ihre „Angreifer“ durch die Luft wirbeln, hält ernsthaften Überprüfungen nicht stand.

Wenn alle Beteiligten fest dran glauben, sich quasi in Massenhypnose befinden, mögen diese Dinge ja funktionieren. Sobald aber ein „Ungläubiger“ ins Spiel kommt, funktionieren die Techniken auf wundersame Weise nicht.

Es gibt eine Menge tragisch-komischer Videos, die diesen Sachverhalt dokumentieren.

Wer also nicht in der Lage ist, Kritiker von seinen Fähigkeiten zu überzeugen, hat sie in der Regel nicht.

Mac Dojos – alles fürs Geld?

Der Begriff des Mac Dojos hat im englischsprachigen Raum weite Verbreitung gefunden. Er steht für professionell aufgezogene Kampfsport und Kampfkunstschulen, die Massenunterricht ohne Tiefgang zu mehr oder wenigen günstigen Konditionen bieten.

Dabei ist die Art des Unterrichts überaus optimiert. Im besten Falle und so wird es auch verkauft, ist der Unterricht extrem strukturiert und programmiert, um bestmögliche Lernfortschritte der Schüler zu gewährleisten. Mehrheitlich spielen hier aber in allererster Linie wirtschaftliche Gesichtspunkte eine Rolle. Eine Unterrichtsstruktur, die über das ganze Jahr und die darauffolgenden fix vorgegeben ist, ermöglicht es den Trainern, mit einem Minimalaufwand an Vorbereitung, steht die Struktur einmal, den Unterricht abzuhalten.

Was dabei auf der Strecke bleibt, ist das individuelle Eingehen der Lehrer auf die Schüler. Es werden alle über einen Kamm geschnitten und es ist unmöglich und auch nicht gewollt, auf individuelle Stärken und Schwächen der Schüler einzugehen.

Das zu einer Flatrate. Das sind wir ja aus vielen Bereichen in der Wirtschaft bereits gewohnt. Wer mehr will, kann dann sogenannte Zusatzpakete dazubuchen.

Du willst also zusätzlich lernen, mit Waffen umzugehen, oder verstärkt Bodenkampf oder Pratzentraining betreiben? Kein Problem, du brauchst nur den dazu angebotenen Kurs zu buchen.

Das treibt, meinem Empfinden nach jedenfalls, zunehmend skurrile Blüten. Boxen oder Pratzentraining mit dem Trainer zu 5 Euro/ pro Runde? Auch das gibt es schon. Ist aber noch relativ ehrlich, da der jeweilige Trainer sich wenigstens nicht verstecken kann und zeigen muss, was und ob er was drauf hat.

Berufsausbildung zum Kampfkunstlehrer?

Vielleicht möchtest du auch Trainer werden oder gar eine einschlägige Berufsausbildung in dieser zukunftsträchtigen Branche erhalten.

Kein Problem, es kostet aber auch mehr als der normale Unterricht für den gewöhnlichen Schüler.

Allzu leicht werden hier naiv gutgläubige junge Menschen dazu motiviert, einen scheinbar traumhaften, alternativen Berufsweg zu beschreiten. Für viele erweist sich das dann aber nur als schöner Traum. Wer es nicht schafft, dann beruflich auch erfolgreich zu werden, ist selbst schuld. Er ganz alleine?

Wer also vorhat hauptberuflich Kampfkunstlehrer zu werden, sollte sich vorher eingehend über die Chancen und Risiken im Familien und Freundeskreis austauschen. Die Freude an der Kampfkunst oder dem Kampfsport kann durchaus auch größer sein, wenn man nicht finanziell davon abhängig ist.

Sind traditionelle Kampfkünste – Bullshido?

Grundsätzlich – NEIN!

Kampfkünste haben sich aus beinharten Kampfmethoden entwickelt, indem sie diesen einen moralischen und zunehmend künstlerischen Unterbau gaben. Dagegen ist nicht zu sagen und es war oft eine gute Sache, weil die Anwendung von Gewalt einem Ehrenkodex unterworfen wurde und so zu einer friedlicheren Welt beitrug.

Ernsthafte Kampfkunstlehrer wissen das und werden keine Versprechungen machen, die sie nicht halten können. So ist der Mehrzahl der Aikidolehrer bewusst, dass ihre Kampfkunst nicht die ultimative Methode ist, um zu kämpfen. Das Aikido verfolgt andere Ziele und Werte und ist eine ernstzunehmende, wertvolle Kampfkunst.

Beitrag: Aikido, die Kampfkunst des friedvollen Kriegers.

Das hindert leider nicht den einen oder anderen Lehrer – Unsinn zu verbreiten. Zum Schaden aller.

Das gilt aber durchaus für sehr viele Kampfkünste bzw. einzelne Lehrer, die den Realitätssinn verloren haben. Das ist und das muss dazugesagt werden, aber auch nur dann schädlich, wenn in den Schülern falsche Erwartungshaltungen geweckt werden. Wer glaubt kämpfen zu können und in einer Extremsituation zur Erkenntnis kommt, es doch nicht zu können, hat ein massives Problem.

Wer eine Kunst betreibt, Spaß und Freude daran hat, soll das weiter mit Freude und Begeisterung tun.

Xu Xiaodong`s Herausforderungskämpfe

Ein chinesischer MMA Lehrer hat es sich zur Aufgabe gemacht, traditionelle Kampfkünste zu „entlarven“.

Er ist dabei aber, meiner Meinung nach, über das Ziel hinausgeschossen und übersieht dabei, dass der Wert der meisten traditionellen Kampfkünste nicht in erster Linie im Kämpfen liegt. Leider hat er aber auch gezeigt, dass viele Meister traditioneller Kampfkünste sich dessen nicht bewusst sind. Viele begaben sich in Herausforderungskämpfen auf eine Spielwiese, die ihnen völlig fremd ist und scheiterten grandios.

So gesehen haben diese Herausforderungen auch etwas Gutes. Allzu verträumte und naive Kampfkünstler wurden auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Das oft sehr schmerzhaft.

Eine besondere historische Kampfkunst

Manche Kampfkünste berufen sich auf besonderes historisches Erbe so zum Beispiel die historisch israelische Kampfkunst Abir Qesheth. Andere berufen sich auf Dschingis Khan und lassen dann in historischer Kleidung die historische Gestalt wieder zum Leben erwachen.

Den Schülern scheint es zu gefallen.

Hebrew Martial Art -Abir Qesheth

Die Kampfkunst ist dem hebräischen Alphabet nachempfunden, bzw. davon inspiriert und ihre Wurzeln reichen 4000 Jahre in alttestamentarische Zeiten zurück. Der Großmeister, war vor der Entdeckung seiner Kunst, Rapper.

Ungewöhnlich stark ist er auch, wie er zu Beginn des Videos anhand des Felsens demonstriert. 😉

Ab ca. 2:20 ist sogar Sparring mit Schutzausrüstung zu sehen. Das ist eine gute Sache, denn es unterzieht die Schüler und ihr Training einem Realitätscheck. Wie viel dann von stilisierten Techniken unter körperlichem und psychischen Druck überbleibt, zeigt sich erst dann.

Fazit – Bullshido

Mangels Realitätsbezuges geht hin und wieder so manchem Kampfkünstler die Fantasie durch und er beginnt an tatsächlich nicht verifizierte Theorien und Fähigkeiten zu glauben. Manchmal treibt das Phänomen oft besonders skurrile Blüten, oft ist es aber auch weniger offensichtlich und für Laien kaum durchschaubar.

Als Beispiel führe ich die Verliebtheit in Zyklen und Endlosschleifen von miteinander kombinierbaren Techniken in manchen Kampfkünsten an. Diese erzeugen dann sehr oft eine Art Flowgefühl, ein -gefühl der Leichtigkeit und Harmonie mit dem „Gegner“, das nichts, aber auch gar nichts mit realen Auseinandersetzungen zu tun hat.

Gegen solche Trainingsmethoden ist grundsätzlich nichts zu sagen, wenn sie von allen Beteiligten richtig eingeordnet werden und nicht falsche und teilweise gefährliche Erwartungshaltungen schüren, was die eigenen Fähigkeiten anbelangt.

Was traditionelle Kampfkünste anbelangt, haben die sehr oft einen hohen Wert für die Ausübenden. Wichtig ist es dabei aber zu verstehen, dass diese Kampfkünste nicht mehr den Kampf als erste Priorität ansehen, sondern die eigene persönliche Entwicklung im Sinne des Do – der Weglehre.

Viel Spaß beim Training!

So wie du trainierst, wirst du auch kämpfen!

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