Der Lowkick im Muay Thai, Kickboxen, MMA (Varianten, Abwehr)


Der Lowkick im Muay Thai, Kickboxen, MMA (Varianten, Abwehr)

Die ersten Vergleichskämpfe zwischen asiatischen Kampfkünstlern, verschiedenster Stilrichtungen, aber auch westlichen Kämpfern, mit Thaiboxern, gingen sehr ernüchternd für die Herausforderer aus. Die wenigsten schafften es, die erste Runde gegen die Thais zu überstehen. Neben der unglaublichen Härte und Schlagkraft der Thaiboxer, durch ihr spezielles Vollkontakttraining, trugen Tritte auf die Beine entscheidend dazu bei.

Lowkicks bezeichnen Tritte auf die Beine des Gegners. Gezielt wird dabei auf die Ober- und Unterschenkel, innen und außen. Sie werden auf unterschiedlichste Arten verwendet, dienen auch dazu, die Gegner zu werfen, aus dem Gleichgewicht zu bringen und Angriffe vorzubereiten. Getroffen und geblockt wird mit dem Schienbein.

Lowkicks werden auch als lähmende Tritte bezeichnet. Treffen sie den Oberschenkelnerv (Nervus femoralis), können sie zur zeitweiligen Lähmung des getroffenen Beines und sofortigen Kampfunfähigkeit des Gegners führen. Ein gezieltes Abhärtungstraining, wirkt dem entgegen, aber selbst für trainierte Leute, sind mehrere harte Treffer kaum zu verkraften.

Lowkicks werden traditionell im Muay Thai, (dem Thaiboxen), dem burmesischen Lethwei, verschiedenen Vollkontaktstilen des Karate, wie dem Kyokushin Karate, Karate Combat, K1 – Kickboxen und den Mixed Martial Arts verwendet.

Lowkicks finden ausschließlich in Vollkontaktsportarten und bestimmten Kampfkünsten Verwendung. Im Semi- oder Leichtkontaktkickboxen, gibt es keine Lowkicks. Kampfmethoden, die sich auf Selbstverteidigung spezialisieren, verwenden eine große Anzahl an verschiedenen Tritten zu den Beinen.

Wie werden Lowkicks ausgeführt – die Technik?

Unter Lowkicks im engeren Sinn, werden Rundtritte zu den Beinen des Gegners verstanden. Gezielt wird zum Oberschenkel oder Unterschenkel. Dabei werden sowohl die Innen-, als auch die Außenseite der Beine anvisiert. Getroffen wird mit dem Schienbein, nicht mit dem Spann.

Im Unterschied zu den Rundtritten, wie sie in vielen anderen Kampfkünsten und Kampfsportarten verwendet werden, wird der Lowkick durch das Ziel hindurch getreten. Das führt oft dazu, dass der Tretende sich einmal um 360 Grad dreht, falls er sein Ziel verfehlt oder aus dem Weg räumt.

Lowkicks im weiteren Sinne bezeichnen alle tiefen Tritte. Dazu gehören auch gerade Tritte mit der Fußsohle, Ferse, Fußspitze oder den Ballen, auf Schienbein oder Oberschenkel bzw. Knie. Getreten wird mit dem vorderen und hinteren Bein.

Lowkick – Getroffen wird mit dem Schienbein

In vielen traditionellen Kampfkünsten werden Rundtritte mit dem Fußrücken als Trefferfläche durchgeführt. Das bringt Vorteile in der Reichweite, hat aber, gerade bei Tritten zu den Beinen oder dem Körper, wesentliche Nachteile.

Der Rist ist sehr schmerzempfindlich und verletzungsanfällig. Wer einmal auf den Ellenbogen seines Gegners getreten hat, weiß, was gemeint ist. Das Schienbein ist wesentlich härter, weniger schmerzempfindlich und lässt sich gut abhärten. Es eignet sich wesentlich besser, um Lowkicks auszuführen.

Der „klassische“ Lowkick der Thai

Der Lowkick mit der größten Wucht kommt wie ein Fallbeil an. Er wird von oben nach unten, mit maximaler Geschwindigkeit, Ausnutzung der Schwerkraft unter Einsatz des Körpergewichts getreten. Gezielt wird dabei meist auf den Oberschenkel, aber auch den Unterschenkel des Kontrahenten.

Als Konter kann er zum Standbein des Gegners getreten werden und bringt diesen oft zu Boden. Grundsätzlich werden Lowkicks sowohl mit dem vorderen, als auch dem hinteren Bein getreten.

Tritte mit dem hinteren Bein erzeugen noch mehr Wucht, der Weg, den das Bein beschreibt, ist länger. Zur Vorbereitung der Tritte, werden die Füße schnell entsprechend platziert, was sie zusätzlich schneller macht und ihre Wirkung verstärkt.

Modifizierte Lowkicks im (holländischen) Kickboxen

Die Holländer haben sich im Thai- und Kickboxen einen Namen gemacht. Sie haben das Muay Thai, ihren Stärken entsprechend angepasst und nutzen, seit Jahrzehnten, westliches Boxen in Kombination mit speziellen Taktiken und Strategien, sehr erfolgreich im Thaiboxen.

So setzen sie unter anderem, auf schnellere, weniger wuchtige Lowkicks, die gut in Kombinationen mit den Fäusten, abgespult werden können. Diese Tritte könnte man auch als „verlängertes Knie“ – getroffen wird mit dem oberen Teil des Schienbeines, in einer kurzen, schnellen Bewegung bezeichnet werden.

Die Hüftdrehung ist hier deutlich kleiner, als bei der klassischen Variante.

Welche Ziele greift man mit Lowkicks an?

Als Ziele für Lowkicks kommen die Beine infrage. In sportlichen Wettkämpfen wird auf die Ober und Unterschenkel getreten. Rundtritte auf die Knie, bzw. Gelenke, können schwere Knieverletzungen hervorrufen und haben im sportlichen Wettkampf nichts verloren.

Ernesto Hoost, Peter Aerts, Rob Kaman, Ramon Dekkers und Bas Rutten sind Beispiele für äußerst erfolgreiche holländische Thaiboxer, die Low Kicks sehr erfolgreich in ihren Kämpfen verwendet haben.

Tiefe gerade Tritte auf den Oberschenkel (Oblique kick) bzw., Tritte auf den Spann und das Sprunggelenk, gehören auch zu den Lowkicks. Der gerade Tritt auf den Oberschenkel wird auch im Muay Thai und Lethwei, der burmesischen „Variante“, verwendet.

Getreten wird dabei mit der Ferse oder dem Fußballen.

Wie kann man Lowkicks abwehren?

Lowkicks können über Beinarbeit, das Ausweichen, Heben des anvisierten Beines und Blocktechniken mit den Unterschenkeln pariert werden. Ein kurzer schmaler Stand (etwa schulterbreit), wie er im Thaiboxen praktiziert wird, ist vorteilhaft. Er erlaubt ein schnelles Heben der Beine zum Blocken.

Der Ellenbogen wird beim Blocken, auf das Knie des abwehrenden Beines gesetzt und schafft zusätzlichen Schutz, für Kopf und Oberkörper, falls der „Lowkick“ höher getreten werden sollte, als angenommen.

Profis haben ihre Blocktechniken derart verfeinert, dass es ihnen immer wieder gelingt, dabei das angreifende Bein zu verletzen. Selten, aber doch, kommt es zu Unterschenkelbrüchen bei den Angreifern.

Aber auch das Blocken ist durchaus riskant und kann zu Knochenbrüchen führen. Oft sind Ermüdungsbrüche, durch die hohe und wiederholte Belastung der Unterschenkel, die Ursache.

Der Materialverschleiß, beim Ausführen und Blocken von Low Kicks ist sehr hoch.

In den Mixed Martial Arts (MMA), in dieser Vollkontaktkampfsportart sind vom Schlagen über das Treten und Ringen, eine sehr große Zahl an Techniken erlaubt, werden Low Kicks, auch zu Takedowns des Treters verwendet.

Takedowns sind Techniken, die dazu dienen, den Gegner zu Boden zu bringen.

Das tretende Bein wird dabei aufgefangen. Diese „Abwehr“ eines Low Kicks, bzw. dieser Konter erfordert, aber ein extrem gutes Timing und kann, wie jeder Fehlversuch im Vollkontaktkampfsport, fatal enden.

Eine effektive Methode Lowkicks zum vorderen Bein zu kontern ist es vorzugehen, den Tritt dabei in abgeschwächter Form zu nehmen und dafür die eigene Schlaghand (Overhand) zum Kopf des Gegners einzusetzen.

Abhärtungsmethoden – kann man Knochen durch Training stärken?

Knochen kann man, wie Muskeln und andere Strukturen im menschlichen Körper, durchaus durch Training stärken. Sie passen sich allerdings, wesentlich langsamer an Belastungen an, als es Muskeln tun. Es gilt das Superkompensationsprinzip.

Nach erfolgter Belastung, muss der Körper regenerieren, Schäden reparieren und dann über das Ausgangsniveau hinaus stärker werden. Deshalb sollte das Abhärtungstraining, der Unterschenkel, bzw. des Schienbeines, gezielt erfolgen und unbedingt Pausen zwischen den Belastungen gemacht werden.

Wer das nicht tut, riskiert Beinhautentzündungen und Knochenbrüche.

Zum Abhärten der Schienbeine, eignen sich anfangs harte Sandsäcke, das Training mit Pratzen, Schlagpolstern und Thaipads. Später nach einigen Monaten kann ab und an sehr dosiert ohne Schutz in Partnerübungen mit dem Schienbein getreten und geblockt werden.

Manche Kampfsportler nutzen auch Stöcke, die sie über ihre Schienbeine rollen. Wesentlich ist bei allen Methoden ein vernünftiges Maß zwischen Belastung und Entlastung zu finden. Wer das nicht tut, wird sich früher oder später gesundheitlich schädigen.

Auch Muskeln lassen sich abhärten, so werden die von Lowkicks getroffenen Muskeln, mit der Zeit, härter und weniger schmerzempfindlich. Unter Profis, wird deshalb, auch auf weniger sensible Stellen der Beine getreten, da diese weniger abgehärtet und somit wieder empfindlicher sind.

Grundlegende Kombinationen mit Lowkicks

  • Jab (ansatzloser Schlag mit der Führhand) + Low Kick
  • Haken + Low Kick
  • Führhand – Schlaghand (1-2) + Low Kick
  • Aufwärtshaken + Low kick

Alle diese Kombinationen bereiten die Lowkick mit Schlägen vor. Wesentlich ist dabei, die durch den vorangehenden Schlag erzeugte Vorspannung. Das erlaubt es, den Lowkick mit Wucht zu treten und die Ausholbewegung zu tarnen. Der Tritt ist quasi eine natürliche Folgetechnik, der vorangehenden Schläge.

Kampfsportarten in den Lowkicks erlaubt sind

In folgenden Kampfsportarten werden Lowkicks als Rundtritte verwendet.

  • Muay Thai (Thaiboxen)
  • Lethwei (burmesisches Boxen)
  • K1 – Kickboxen
  • Kyokushin Karate
  • Karate Combat (Getreten wird nur zu den Unterschenkeln.)

Low Kicks in Form von tiefen Tritten, unterhalb der Gürtellinie, werden in vielen Kampfkünsten, mit Schwerpunkt auf Selbstverteidigung gelehrt.

  • Wing Chun/Wing Tsun und Derivate
  • Hapkido
  • Karate
  • Ju-Jutsu
  • Jiu-Jitsu
  • Hwarang Do
  • Silat
  • Arnis/Kali/Escrima

Eignen sich Lowkicks zur Selbstverteidigung?

Lowkicks sind zur Selbstverteidigung geeignet, wenn ein gutes kämpferisches Niveau gegeben ist. Es ist viel Erfahrung notwendig. Treten in der Selbstverteidigung ist grundsätzlich riskant. Das eigene Gleichgewicht und die Mobilität sind im Moment des Tretens eingeschränkt.

Wer zum falschen Zeitpunkt tritt, kann unterlaufen, umgerannt oder ausgekontert werden. Auch die Gefahr, auf rutschigem Untergrund auszurutschen, erhöht sich beim Treten. Wer in Notsituationen auf dem Boden landet, geht höhere Risiken ein.

Für den Lowkick in der Selbstverteidigung spricht, dass wenn er mit der nötigen Wucht trifft, der Kampf mit hoher Wahrscheinlichkeit entschieden sein wird. Der Durchschnittsbürger, der Lowkicks nicht gewohnt ist, wird sein Bein dann vorübergehend nicht mehr verwenden können.

Es ist dann ein Leichtes davonzugehen, falls man es nicht noch mit anderen Gegnern zu tun hat. Der Lowkick zum Oberschenkel selbst, ist äußerst schmerzhaft, aber deutlich weniger gesundheitsgefährdend, als Schläge oder Tritte zum Kopf.

Er ist in diesem Fall eine humanere Waffe, die wahrscheinlich auch, aufgrund der geringeren Gesundheitsgefährdung, juristisch unbedenklicher sein dürfte. Letztendlich muss jeder selbst für sich entscheiden, zu welchen Mitteln er greift, wenn er angegriffen wird.

Fazit – Der Lowkick im Muay Thai, Kickboxen, MMA

Bei Lowkicks, Tritten unter die Gürtellinie handelt es sich um sehr effektive Techniken im Vollkontaktkampfsport. Die Tritte, können den Gegner zermürben, ihm den Kampfeswillen rauben, ihn vorübergehend lähmen und in dem einen oder anderen Fall sogar zu einem richtigen K.o., Bewusstlosigkeit führen.

Am effektivsten sind sie in Kombination, mit anderen Techniken. Lowkicks für sich alleine, machen bei routinierten Gegnern, sehr anfällig für Konter.

In der Selbstverteidigung können sie durchaus sehr effektiv sein. Mit jeder Art von Tritt, geht aber auch immer das erhöhte Risiko einher, das Gleichgewicht zu verlieren und zu Boden zu gehen oder gebracht zu werden.

Wer diese Tritte, nicht sehr gut geübt und jede Menge Erfahrung mit ihnen, im Wettkampf oder Sparring, hat, sollte in Notwehrsituationen eher auf sie verzichten.

Viel Spaß beim Training!

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