Kettlebell Training für Kampfsportler – bessere Technik & Kraft


Kettlebell Training für Kampfsportler
Kettlebell Training für Kampfsportler

Das Kettlebelltraining hat vor einigen Jahren in den USA und Westeuropa einen Hype ausgelöst. In den USA wurde die Kugelhantel durch den EX Spaznas Ausbildner und Sportwissenschafter Pavel Tsatsouline bekannt gemacht. Was ist dran an der Kanonenkugel mit Griff? Modeerscheinung oder echte Bereicherung des Trainings?

Für Kampfsportler ist die Kettlebell, ein einfaches, effektives Trainingsgerät. Es gibt 2 Kategorien von Übungen: Schwung- und Kraftübungen. Die Schwungübungen sind für Kampfsportler besonders wertvoll, sie trainieren ganze Muskelketten, mit hoher Übertragbarkeit auf jeden Kampfsport.

Viele Kampfsportler, Kampfkünstler, Soldaten und Athleten haben den Wert des Kettlebell-Trainings erkannt. Kettlebells sind einfache, nahezu unverwüstliche Low-Tech-Geräte, die weder bei der Aufbewahrung noch beim Training viel Platz beanspruchen. Und sie bringen in hohem Maße die Ergebnisse, die sich Kampfsportler wünschen.

Kettlebells für Kampfsportler – warum sind sie so effektiv?

Die Standpunkte sind geteilt. Es gibt auch Leute, die der Kugelhantel skeptisch oder gar negativ gegenüber eingestellt sind. Deshalb gleich an dieser Stelle: Kettlebells sind nicht die einzigartigen Trainingsgeräte, die alle anderen Geräte und bis dato bekannte und bewährten Trainingsmethoden schlagartig irrelevant werden lassen.

Aber:

Kugelhanteln sind, wenn sie zielgerichtet und mit Verstand eingesetzt werden, eine absolute Bereicherung im Training jedes Kampfsportlers. Vom Hobby- bis zum Leistungssportler. Und gerade für Otto Normalverbraucher können sie, in Verbindung mit Körpergewichtstraining sehr gute Ergebnisse, bei verhältnismäßig geringem Aufwand liefern.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass viele Übungen mit Kettlebells unilateral sind. Das bedeutet, sie beanspruchen vorrangig eine Körperseite. Genau diese Beanspruchungen kommen im Kampfsport vor.

Keep it simple Stupid! – Halte es einfach!

Besonders für Menschen, die es gerne einfach haben und Dinge nicht unnötig verkomplizieren. Du kannst natürlich zusätzlich noch unzählige andere Trainingsgeräte nutzen, ob es dich dann besser macht, oder was wahrscheinlicher ist schlechter, weil du keinen Plan hast wie trainieren, sei dahingestellt.

Das Beste aus dem Kugelhanteltraining herausholen

Vielleicht ist dir das 80:20 Prinzip, auch Pareto Prinzip bekannt? Es ist fast auf alle Bereiche anwendbar. Es besagt, dass zwanzig Prozent des Aufwands, 80 % des Nutzens bringen. Die restlichen 20 % des Nutzens werden mit 80 % des Aufwands erkauft. Oder anders formuliert. Mit klugem Training kannst du mit Minimalaufwand ein Großteil der Ergebnisse erzielen.

Im absoluten Spitzenbereich musst du einen extrem hohen Aufwand für vergleichsweise geringe Verbesserungen treiben. Es ist der Bereich im Kampfsport, wo die Lernkurve flacher wird. Kleine Verbesserungen werden mit hohem Aufwand erkauft.

Das erklärt auch, warum Kettlebell Training alleine für Hochleistungssportler nicht ausreicht. Es erklärt aber auch, warum das Kettlebell Training so gute Trainingsergebnisse bringen kann. Du kannst mit ein paar Grundübungen viel erreichen.

Schwungübungen mit der Kettlebell

Bei den Schwungübungen, auch ballistische Übungen genannt, wird die Kugelhantel, wie der Name schon sagt, dynamisch bewegt, schnell beschleunigt, abgebremst und wieder beschleunigt. Auf den ersten Blick wirken diese Übungen auf den Betrachter oftmals gesundheitsgefährdend.

Das sind sie für gesunde Menschen, die mit korrekter Technik trainieren, aber definitiv nicht. Die Schwungübungen wie der Swing, Snatch, high pull und der Clean trainieren Muskelketten und grundlegende athletische Bewegungsmuster, die eine hohe Übertragbarkeit in Kampfsportarten haben.

Es gibt durchaus noch weitere Varianten. Die oben angeführten Grundtechniken reichen im Grunde aber aus.

Die Kettlebell wird aus dem ganzen Körper heraus beschleunigt und trainiert dabei die intermuskuläre Koordination. Jene Koordination zwischen jenen Muskeln und Muskelgruppen, die dir hilft härter zu schlagen, höher zu springen und explosiver zu starten.

Der Swing ist die erste ballistische Übung, die du erlernen solltest. Für durchschnittlich kräftige Männer empfiehlt sich dazu eine Kettlebell mit 16 kg Gewicht. Frauen sollten mit 8 kg starten. Falls dir das Gewicht viel zu leicht vorkommt, lass mich dir sagen, dass bei Schwungübungen Beschleunigungen bis zu 10 g gemessen wurden. Die 10-fache Erdbeschleunigung also. Das macht die 16 kg Kugel dann für Sekundenbruchteile 160 kg schwer.

Kommt dir das noch immer zu leicht vor? Für den Anfang? Später, wenn die korrekte Bewegungsausführung sitzt, kannst du als gesunder Mensch wesentlich schwerer Kugelhanteln nutzen. Die leichten Kettlebells musst du aber trotzdem nicht verkaufen. Sie sind besonders gut geeignet, um Explosivität und Schnellkraft zu trainieren.

Bei den oben angeführten Daten zur Beschleunigung beziehe ich mich auf eine Aussage von Pavel Tsatsouline. Die Messungen wurden im Labor des Wirbelsäulenspezialisten und Buchautors Stuart Mc Gill gemessen. Es bedeutet aber nicht, dass bei jedem Swing 10 g wirken, sondern dass über bestimmte Techniken derart hohe Werte erreicht werden können.

Schwungübungen

  • Swing
  • Snatch
  • High Pull
  • Clean

Sicherheit im Kettlebelltraining – Wann wird es gefährlich?

Gefährlich wird das Kettlebell Training dann, wenn du ohne Plan und Gefühl, ohne jemals saubere Grundtechniken erlernt zu haben, mit möglichst schweren Kugeln planlos herumspielst. Fehlender Hausverstand macht es nicht besser. Das gilt aber auch und noch mehr, für dynamische, technisch äußerst komplexe Abläufe, wie sie im olympischen Gewichtheben verwendet werden.

Das Kugelhanteltraining ist verglichen mit dem olympischen Gewichtheben, das ins Trainingsprogramm vieler Leistungssportler aus allen Bereichen Einzug gehalten hat, sicherer und technisch einfacher.

Abgesehen davon benötigst du zum Verstauen der Kettlebell, weniger Platz.

Ein weiterer Aspekt, der das Kettlebell Training auszeichnet, ist, dass viele Übungen koordinativ anspruchsvoll sind. Deshalb solltest du nie auch nur an die Grenze zum Muskelversagen gehen, denn dann steigt die Verletzungsgefahr enorm an. Es gibt aber spezielle Trainingsmethoden wie das russische Leitertraining, die dennoch viele Wiederholungen mit schweren Gewichten möglich machen, ohne an die Leistungsgrenze zu kommen.

Weiterführende Informationen zur Trainingsplanung mit Kettlebells.

Das und der hohe Nutzen, den kluges Training mit Kettlebells bringt, haben diese Art des Trainings in Russland und anderen ehemaligen Ostblockstaaten zu einem Volkssport werden lassen. Trainiert wurde oft bei Platzmangel, am Balkon.

Grinds mit der Kettlebell – die wichtigsten Übungen

Grinds bezeichnen alle Übungen, die nicht ballistisch sind. Es sind Druck- und Hebeübungen. Darunter fallen unterschiedlichste Varianten, die Kugelhantel über Kopf zu drücken und diverse Übungen für den Unterkörper wie Kniebeugen und Ausfallschritte.

Diese Übungen eignen sich besonders für das Krafttraining von Kampfsportlern. Sie trainieren in besonderer Weise die für den Sport notwendige Kraft und das Zusammenspiel der relevanten Muskelgruppen.

Zwei Grundübungen, die für Kampfsportler besonderen Wert haben, möchte ich dir vorstellen:

Der TGU – Turkish Get Up

Der TGU ist eine klassische Übung, die sich vor allem, aber nicht nur bei Ringern, Judo und im Brazilian Jiu-Jitsu großer Beleibtheit erfreut. Die Übung ist aus mehreren Gründen für alle Kampfsportler wichtig.

Sie lehrt Körpereinheit, den Körper und die Gelenke beim Bewegen korrekt auszurichten und sicher zu bewegen. Der TGU trainiert den gesamten Körper und beansprucht gerade die Schultermuskulatur aus unterschiedlichsten Winkelbereichen. So sorgt sie für gesunde Schultern, eine ausgewogene Muskelentwicklung und reduziert die Wahrscheinlichkeit von Verletzungen. Das macht auch und gerade für Boxer und schlagende, nicht nur ringerische Kampfsportarten Sinn.

Der Goblet Squat

Der Goblet Squat hat ist eine Methode, die richtige Technik bei der Kniebeuge zu erlernen. Er hat aber auch als eigenständige Übung, die Körpereinheit und funktionelle Kraft trainiert, seine Berechtigung. Da das Zusatzgewicht vor dem Körper gehalten wird, simuliert diese Art von Kniebeuge die in unterschiedlichsten Kampfsportarten vorkommende Bewegungen besser als die Kniebeuge mit der Hantel im oberen Rücken.

Konditionelle Fähigkeiten mit der Kettlebell trainieren

konditionelle Fähigkeiten:

Das kannst du mit der Kettlebell trainieren:

  • Athletische Bewegungsmuster: Die Grundübungen reichen meiner Ansicht nach vollkommen aus. Es gibt aber findige Köpfe, die selbst Übungen erfinden, um ihre sportliche Leistung zu verbessern. Unten habe ich dazu Videos verlinkt.
  • Kraft:
  • Kraftausdauer: Trainierst du mit hohen Wiederholungszahlen und relativ kurzen Pausen. Schwungübungen mit der Kettlebell fördern vor allem die Kraft und Kraftausdauer im unteren Rückenbereich. Das hat einen hohen gesundheitlichen Wert, da so die Wirbelsäule gut vor Verletzungen geschützt wird. Diese Übungen entwickeln außerdem eine kräftige und ausdauernde Unterarmmuskulatur.
  • Ausdauer: Mit Kugelhanteln lässt sich das Herz Kreislaufsystem sehr gut trainieren.
  • Vor allem ballistische Übungen in Verbindung mit Grundübungen treiben die Herzfrequenz in ungeahnte Höhen. Das sehr schnell auch bei Hochleistungssportlern, vor allem dann, wenn du zwei Kugelhanteln gleichzeitig nutzt. Ein weiterer Grund, warum dringend ein ärztlicher Gesundheitscheck anzuraten, bevor du mit Kugelhanteln trainierst.

Kettlebell Training mit anderen Trainingsmethoden verbinden

Kugelhanteltraining lässt sich optimal mit Körpergewichtsübungen und Langhanteltraining kombinieren. So können alle Kraftarten auf vielfältige Weise in einem nahezu unerschöpflichen Übungspool trainiert werden.

Kettlebells und Bodyweight Training

Die Kombination erlaubt dir, mit einem Minimum an Geräten, sehr effizient und abwechslungsreich trainieren zu können. Die Nachteile sind: Du musst relativ viel über Trainingsgestaltung und die exakte Übungsausführung wissen. Da du gerade im Bereich der Körpergewichtsübungen eine große Zahl an möglichen Übungen gezielt einsetzten musst, um den gewünschten Trainingsreiz setzen zu können.

Es ist definitiv einfacher, eine Langhantel mit unterschiedlichen Gewichten zu beladen, als über die richtige Übungsauswahl den Trainingswiderstand zu regulieren.

Es gibt aber auch viele Gründe, die für das Körpergewichtstraining sprechen. Es ist fast unmöglich, einzelne Muskeln isoliert zu trainieren. Du trainierst also immer deine Koordinationsfähigkeiten mit, was eine hohe Übertragbarkeit auf den Kampfsport hat.

Ein weiterer Grund ist, Körpergewichtsübungen sind weniger belastend und verkürzen die Regenerationszeiten. Der negative Effekt durch Ermüdung, auf das eigentliche Kampfsporttraining, fällt somit geringer aus.

Kettlebells; Lang- und Kurzhanteln

Selbstverständlich kannst du jede Trainingsmethode mit Kettlebells verbinden. Zusätzlich zu deinem normalen Training, Swings und Get Us zu trainieren, bereichert dein Training ohne viel Zusatzaufwand enorm und bringt Ergebnisse. Niemand verlangt von dir auf dein geliebtes Bankdrücken zu verzichten, weil du mit Kugelhanteln trainierst.

Kettlebell Übungen für mehr Schlagkraft

Du siehst, wie variantenreich das Training gestaltet werden kann. Neben der Vielzahl an allgemein anerkannten Übungen, gibt es noch eine Menge an Möglichkeiten Kugelhanteln zu nutzen. Die in den Videos gezeigten Übungen eigenen sich besonders, um deine Schlagkraft zu verbessern. Die Ähnlichkeit zu boxerischen Bewegungen ist deutlich zu sehen.

Tom Yankello, ehemaliger Trainer von Roy Jones Jr.  zeigt hier, wie er die Kettlebell fürs Boxtraining nutzt.

Anfängern rate ich allerdings dringend davon ab, diese Übungen nachzumachen. Lernt die Grundübungen wie den Swing und Get Up am besten bei einem kompetenten Trainer. Wenn ihr dann genug Übung und Verständnis für das Training habt, ist es einigermaßen sicher, mit leichten Gewichten Experiment zu machen. Im Zweifelsfall reichen die Grundübungen gemäß dem 80:20 Prinzip völlig aus.

Kettlebelltraining für Ringer, Judokas und MMA

Nachdem wir den Bereich des Schlagens abgedeckt haben, hier ein paar Anregungen für euch.

Ihr seht:

  • Den Snatch: Das einarmige Reißen mit vermutlich 32 kg. Wer das probiert hat, weiß, wie schwer das ist.
  • Military Press: Die Hantel wird über Kopf gedrückt.
  • Get Up: Aus einer liegenden Position aufstehen, mit der Kettlebell über Kopf.
  • Schwungübungen, die Würfe simulieren
  • Verbundübungen: Swings kombiniert mit verschiedenen Übungen

Wer noch nie mit Kugelhanteln trainiert hat, kann nicht wirklich abschätzen, wie viel Kraft und Ausdauer für diese Übungen erforderlich ist. Der Mann auf dem Video ist im Vergleich zum Durchschnittsbürger topfit!

Fazit – Kettlebell Training für Kampfsportler

Kettlebells sind hervorragend geeignet, funktionelle, im Kampfsport praktisch umsetzbare Kraft zu entwickeln. Man kann das Training kompliziert gestalten, muss es aber nicht. Grundübungen wie der Swing und der Get Up reichen aus, um Ergebnisse zu erzielen. Wem das nicht ausreicht, der kann auf eine Vielzahl von Übungen zurückgreifen.

Bevor du mit dem Training beginnst, solltest du dich ärztlich untersuchen lassen und dann die Grundlagen bei einem qualifizierten Trainer erlernen. Das erspart die Verletzungen und Gesundheitsschäden. Im deutschsprachigen Raum kann ich Dr. Till Sukopp empfehlen, bei dem ich selbst mehrere Seminare besucht habe. Mit Sicherheit gibt es aber auch andere gute Trainer im deutschsprachigen Raum.

Viel Spaß beim Training!

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