Kobudo die Waffenkampfkunst aus Okinawa


Kobudo die Waffenkampfkunst aus Okinawa
Kobudo die Waffenkampfkunst aus Okinawa

Kobudo ist eine Kampfkunst, die sich mit Waffenkampf auseinandersetzt. Auf Okinawa entstanden und starken chinesischen Einflüssen unterworfen, werden im Kobudo ein Dutzend, teilweise sehr ungewöhnlicher Waffen verwendet.

Kobudo ist eine alte okinawanische Kampfkunst aus dem 16. Jahrhundert, die historisch und technisch eng mit dem Karate verwandt ist. Im Kobudo werden 12 verschiedene Waffenarten trainiert. Viele sind chinesischen Ursprungs, andere sind umgebaute Werkzeuge. Viele Waffen werden paarweise verwendet.

Früher waren Karate und Kobudo untrennbar miteinander verbunden. Die Kampfkünste verhalten sich sozusagen wie Bruder und Schwester zueinander. Heute werden diese Kampfmethoden meist getrennt voneinander geübt.

Die Entstehungsgeschichte des Kobudo

Historische Missverständnisse?

Lange Zeit wurde Kobudo als Kampfkunst des einfachen Mannes betrachtet, der notgedrungen seine Werkzeuge, vor allem gegen die japanischen Besatzer (Satsuma Clan) in, zur Selbstverteidigung verwendete. Neuere historische Nachforschungen zeigen allerdings wenig Belege dafür.

Vieles deutet darauf hin, dass viele im Kobudo traditionell verwendeten Waffen, wie der Sai oder die Tonfa, chinesischen Ursprungs sind. Das Waffenverbot in Okinawa, von den japanischen Besatzern ausgesprochen, um die unterworfene Bevölkerung besser kontrollieren zu können, trug allerdings dazu bei, dass Alltagsgegenstände als Waffen genutzt und mit ihnen im Verborgenen trainiert wurde.

Die waffenlose Kampfkunst, das Okinawa Te (Okinawa Faust), der Vorläufer des modernen Karate entstand, ebenso aus der Notwendigkeit heraus, sich verteidigen zu müssen.

Chinesische Einflüsse im Kobudo

Okinawa im ostchinesischen Meer, zwischen Taiwan und dem japanischen Festland gelegen, besteht aus, zu den Ryuku gehörend, über 150 Inseln und Inselgruppen. Die Kultur Okinawas unterlag schon immer starken chinesischen Einflüssen. Bedingt durch den Handel mit China.

Okinawa konnte allerdings eine eigenständige Kultur und Sprache entwickeln. Ein Königreich hatte in Okinawa bis 1879 auf den Ryuku Inseln Bestand. Das Königreich wurde 1591 beginnend im Jahre 1606 unter die Herrschaft des japanischen Satsuma Clans gebracht.

1857 wurde das Königreich Ryuku endgültig aufgelöst.

Heute ist Okinawa Teil Japans und seine südlichste Präfektur. Die alte Sprache Okinawas ist vom Aussterben bedroht, findet sich aber in vielen Begriffe des Kobudo wider.

Das Training im Kobudo

Der Umgang mit den Waffen trainiert den menschlichen Körper und Verstand, nicht nur die jeweiligen Waffen, sondern auch unterschiedlichste Gegenstände als provisorische Waffen zu gebrauchen. Wer die Prinzipien verstanden und verinnerlicht hat, wird Alltagsgegenstände im Notfall intuitiv richtig nutzen können. Die große Bandbreite, die die unterschiedlichen Waffen im Kobudo bieten, sind eine sehr gute Grundlage dafür.

Genau, wie beim Karate gibt es im Kobudo folgende Übungsmethoden:

Kihon

Kihon bezeichnet das Training der Grundtechniken. Sie werden sowohl im Solotraining, als auch in festgelegten Übungen mit Partner trainiert. Beim Training geht es um das Erlernen, stabiler Stände und kraftvoller Techniken.

Kata – die Formen

In den Katas werden Kämpfe gegen imaginäre Gegner geübt. Sie dienen der Verbesserung und Verknüpfung der Grundtechniken, die in vielfältiger Weise miteinander kombiniert werden und haben oft einen meditativen Charakter. In Katas wurden oft „geheime“ Techniken und Konzepte von Kampfkünsten versteckt. Nur Eingeweihten, die die nötigen Erklärungen erhielten, waren diese noch zugänglich.

Kumite der Freikampf im Kobudo

Im Kumite werden die Fähigkeiten gegen einen Gegner, der selbst treffen will, ohne getroffen zu werden geübt. Der Freikampf oder wenn es sich um Übungskämpfe handelt, Sparring genannt ist eine notwendige Voraussetzung tatsächlich anwendbare Fähigkeiten zu entwickeln. Distanzgefühl, Timing, Strategien und Taktiken lassen sich sonst nicht entwickeln.

Im Training mit Waffen, benötigt das selbstverständlich die entsprechende Schutzausrüstung und stumpfe, flexible Trainingswaffen. Eine gewisse Flexibilität der Trainingswaffen muss aus Sicherheitsgründen gegeben sein, sonst kann es trotz guter Schutzausrüstung zu schwersten Verletzungen kommen.

Bunkai

Im Bunkai werden die in den Katas gebrauchten Techniken entschlüsselt, erklärt und mit Partner geübt. Was oft erst zu einem Verständnis für die Techniken führt, die in der Kata dem Lehrer nachgeahmt wurden.

Welche Waffen gibt es im Kobudo?

Die Waffen im Kobudo stellen Alltagsgegenstände, aber auch Waffen chinesischen Ursprungs dar. Waffen wie die Tonfa oder der Sai, die früher fälschlicherweise als zu Waffen umfunktionierten Werkzeugen angesehen wurden.

Fast alle Waffen im Kobudo, von Schild, Kurzspeer und Langstock abgesehen, werden als Paarwaffen verwendet.

Bo, Kon, Kun – der Stab – Langstock

Der Bo oder Langstock ist die erste Waffe, deren Umgang im Kobudo traditionell erlernt wird. Er ist 182 cm lang und ungefähr 2,5 bis 3 cm dick. Er wird traditionell aus roter oder weißer Eiche hergestellt.

Die optimale Länge des Bo wird der Körpergröße des Kampfkünstlers angepasst. Er sollte der Körpergröße plus zwei Handbreiten betragen. Der Bo wird gedanklich in drei gleich große Teile unterteilt. Beide Enden des Bo werden als Waffen verwendet und zum Stoßen und für Hiebe verwendet.

Unterschiede zwischen Bo, Jo, chinesischer Langstock

Aufgrund der unterschiedlichen Längen, der chinesische Gan ist zwischen 220 und 380 cm, der Bo 182 cm und der Jo 127  bis 140 cm lang, werden die Stöcke im Kampf unterschiedlich gehandhabt. Die Bo Techniken des Kobudo unterscheiden sich von den chinesischen Langstocktechniken, der eher wie ein Speer geführt wird und deutlich länger ist. Ein Speer wird überwiegend zum Stechen und Stoßen verwendet.

Es gibt allerdings auch Hieblanzen, Lanzen und Speere unterschiedlicher Ausführungen, die mit einem langen Blatt ausgeführt sind. Diese Waffen lassen sich auch für Hiebe nutzen, was sie wesentlich vielseitiger und noch gefährlicher machen. Ein Beispiel dafür wäre die japanische Naginata, die es in gleicher und ähnlicher Form in verschiedensten Kulturen gab.

Der japanische Jo ist deutlich kürzer, als der Bo und der chinesische Langstock.  Er wird im Aikido verwendet und ist zwischen 1, 27 Meter und 1,4 Meter lang.

Das Bo Makiwara

Das Makiwara bezeichnet im Karate ein Schlagpolster, das an einem federnden Posten montiert wird. Er ist ein traditionelles Gerät, das der Abhärtung der Faust und der Entwicklung von Schlagkraft dient.

Das Bo Makiwara, könnte man im modernen Sprachgebrauch als Dummy bezeichnen, der einer menschlichen Gestalt nachempfunden, zum Üben der Bo Techniken verwendet wird.

Der Sai – der Dreizack als Dienstwaffe der Polizei

Der Sai ist eine Art Gabel, besteht aus drei Zacken, wobei der mittlere der längste ist. Um die Herkunft des Sai gab es viele Theorien. Heute geht man davon aus, dass der Sai als Waffe designt wurde und nicht, wie oft vermutet, das umfunktionierte Werkzeug von Fischern darstellt.

Heute gilt als gesichert, dass der Sai, ein Werkzeug der Polizei von Okinawa darstellte.

Er war nur höheren Rängen vorbehalten, Polizisten in unteren Rängen nutzten ausschließlich den Bo. Der Sai in seiner ursprünglichen Form, war nicht spitz, sondern vorne abgerundet.

Historische Originale weisen sogar eine kugelförmige Spitze auf. Er war also nicht als Stichwaffe gedacht, zumindest nicht um das Gegenüber ernsthaft zu verletzen. Die abgerundete Spitze wurde zum Zurechtweisen durch Schläge und leichte kontrollierte „Stiche“ verwendet.

Einsatzmöglichkeiten des Sai

Der Knauf, also das Griffende des Sai wurde ebenfalls zum Schlagen und Stechen verwendet. Der Sai ist eine Waffe für die kurze und ganz nahe Distanz. In der nahen Distanz wird der Sai, so gegriffen, dass das Griffende nach vorne gerichtet ist und die Waffe am Unterarm aufliegt.

Was beim Sai als Erstes auffällt, ist die sehr ungewöhnlich geformte „Parierstange“. Die Parierstange, auch Cross Guard genannt, ist dazu gedacht, die Waffenhand zu schützen, wenn die gegnerische Waffe an der eigenen Waffe Richtung Hand abgleitet.

Die „Parierstange“ beim Sai ist aber nicht nur als Parierstange gedacht, sondern zum Entwaffnen, bzw. verhebeln und kontrollieren auch unbewaffneter Gegner durch Handgelenkhebel. Diese Hebel werden durch die besondere Form des Sai ermöglicht.

Natürlich wurde der Sai auch gegen bewaffnete Gegner eingesetzt. Da es sich allerdings um eine stumpfe Waffe, mit geringer Reichweite handelt, liegt die Stärke des Sai im Nahkampf auf beengtem Raum. Gegen lange Klingenwaffen, konnte der Sai gegen halbwegs geübte Gegner, im offenen Kampf kaum mit Erfolg eingesetzt werden.

Im Kobudo wird der Umgang mit dem Sai als zweites, nach dem Langstock unterrichtet.

Manji Sai

Eine besondere Variante des Sai ist der Manji Sai. Die  Parierstange ist hier nicht symmetrisch, sondern S förmig ausgeführt.

Der Sai wurde auch auf einen Bo, den Langstock montiert, um mehr Reichweite zu gewinnen.

Tonfa – Tunfa

Die Tonfa stellt keine Bauernwerkzeuge dar, sondern ist eine für den Kampf bestimmte Waffe, chinesischen Ursprungs.

Die Annahme, dass es sich bei der Tonfa um ein Werkzeug handelte, das zum Drehen von Mühlsteinen verwendet wurde, hat sich in den neueren Forschungen als unrichtig erwiesen.

Die Tonfa findet sich auch heute noch in Form diverser „Multifunktionseinsatzstöcken“ in vielen Polizeieinheiten wieder. Sie ist eine äußerst vielseitig einsetzbare Waffe. Die Tonfa kann, wie ein Schlagstock benutzt werden, wobei der kurze im rechten Winkel abstehende zweite Griff noch als zusätzlicher Handschutz dient.

Die Einsatzmöglichkeiten der Tonfa

Wird die Tonfa am kurzen Griff gedreht, können beide Ende zum Schlagen und Stoßen verwendet werden, abhängig davon welches Ende gerade nach vorne schaut. In der Nahdistanz schützt, der Stock den Unterarm und der Knauf wird zum Schlagen eingesetzt.

Bill Newman demonstriert hier, ab 4:10, den Umgang mit der Tonfa. Es handelt sich hier nicht um spezielle Kobudo Techniken, sondern zeigt den funktionellen Einsatz der Waffe als Werkzeug zur Zielerreichung. ,-)

Die Tonfa kann auch wie eine Axt gehandhabt werden. Durch ihre Form und der Möglichkeit, mit der entsprechenden Übung schnell den Griff zu wechseln, kann sie zum Hacken, Schlagen, Stechen und Hebeln benutzt werden. Sie bietet auch eine gute Möglichkeit sich gegen bewaffnete Angriffe zu schützen, weil sie das Blocken von Hieben mit Stöcken und eventuell sogar Klingen ermöglicht, wenn die ganz am Unterarm aufliegt.

Tonfa gegen Schwerter?

Dazu ist mir aber wichtig zu bemerken, dass der Einsatz einer Tonfa gegen mit einer Klinge bewaffneten Gegner hochriskant ist. Eine Klinge, selbst ein kurzes Messer, stellt eine gefährlichere Waffe dar. Mit einer Tonfa Schwerthiebe abzuwehren, ist zwar theoretisch möglich, praktisch aber äußerst unwahrscheinlich.

Soviel kann ich nach vielen Jahren Waffen und Fechttraining definitiv sagen.

Kama – die Kriegssichel

Die Kama ist scharfe Sichel, die zum Hacken, Schneiden und einhaken gegnerischer Gliedmaßen dient. Die Kama im Kobudo wird wie Sai und Tonfa als Paarwaffe geführt. In jeder Hand eine Waffe. Die Kama ist ein Bauernwerkzeug zum Schneiden von Reis und anderen landwirtschaftlichen Arbeiten.

Nunchaku

Das Nunchaku wurde durch Bruce Lee und seine Filme weltbekannt.

Beim Nunchaku handelt es sich um zwei Stöcke, die jeweils etwa Unterarmlänge (30 cm)  aufweisen und traditionell mit Rosshaar verbunden sind. Moderne Versionen benutzen auch eine kurze Kette zum Verbinden beider Teile. Die Waffe ist äußerst vielseitig einsetzbar. Sie kann als flexible Waffe, geschwungen werden und auf längere Distanz eingesetzt werden. Das Ziel der als eine Art Dreschflegel einsetzen Waffe ist die Waffenhand des Gegners.

In der mittleren und nahen Distanz, kann das Nunchaku zum Schlagen, Stechen und oft unterschätzt, sehr gut zum Hebeln, Greifen und Würgen verwendet werden.

Tekko – Schlagring

Beim Tekko, dem Schlagring handelt es sich um eine leicht zu führende und verborgen zu transportierende, effektive und vielseitig einsetzbare Nahkampfwaffe. Der Tekko erlaubt nicht nur sehr wuchtig, auf vielfältige Art und Weise zu schlagen, sondern schützt dabei auch die sehr schlagempfindliche Hand vor Verletzungen. Der Tekko ermöglicht Fauststöße, Hammerfaustschläge, aber auch den Gegner zu greifen bzw. Haut und Fleisch zu greifen.

Mit dem entsprechenden Training ist der Tekko eine vielseitige und furchterregende Waffe.

Schlagringe sind in vielen Staaten und Regionen der Welt verboten. Meist ist nicht nur das Führen in der Öffentlichkeit, sondern auch schon der Besitz verboten und hat strafrechtliche Konsequenzen.

Eiku –  Das Ruder

Das Eiku gilt als die fortgeschrittenste Waffe im Kobudo. Dieses Ruder kann zum Stechen und Stoßen verwendet werden. Es besteht aus Holz, ist aber an den Ruderblättern scharf genug, um Knochen zu zertrümmern und möglicherweise sogar Gliedmaßen teilweise abzutrennen.

Zum Parieren von Angriffen wird die flache Seite des Ruders verwendet. Wer ein Eiku zu führen weiß, ist damit einem Schwertkämpfer haushoch überlegen.

Im Kobudo wird der Umgang mit dem Eiku erst ab dem  5. oder 6. Dan, je nach Stil unterrichtet. Schmutzige Tricks gehören ebenfalls zum Kobudo. So wurde das Eiku auch dazu benutzt, dem Gegner Sand in die Augen zu streuen. Diese Techniken sind in Katas überliefert.

Timbei und Rochin: Schild – kurzer Speer

Ein Schildkrötenpanzer oder geflochtener Schild wird als Schild in Kombination mit einem Kurzspeer oder einer Machete verwendet. Der Kurzspeer ist eine äußerst ungewöhnliche Waffe, die ich so noch nirgends gesehen habe. Sie ist so kurz, dass sie nicht mehr Reichweite bietet als eine Machete. Mit dem Kurzspeer kann allerdings nicht geschnitten, sondern nur effektiv gestoßen werden, was sie zu keiner besonders guten Waffe macht.

Fazit: Kobudo die Waffenkampfkunst aus Okinawa

Kobudo und Karate sind eng miteinander verwandt. Die Kampfkünste gehören zusammen, werden heute aber meist getrennt voneinander unterrichtet. Beide Kampfkünste stammen aus Okinawa. Auffallend ist, wie sehr sich waffenlose Techniken im Karate und Waffentechniken des Kobudo ähneln.

Beitrag: Karate, der Weg der leeren Hand

Wer also sein Karatetraining bereichern will, für den ist Kobudo sicherlich eine Bereicherung. Die Techniken des Kobudo lassen sich mit einem Karate Background leichter erlernen und helfen zu einem besseren Verständnis, der eigenen waffenlosen Techniken.

Obacht ist allerdings gegeben, wenn es um den Besitz und das Führen von Kobudowaffen geht. Viele dieser Waffen unterliegen nicht nur einem Führverbot, sondern auch der Besitz ist schon strafbar. Darunter fallen vor allem der Schlagring und das Nunchaku, der Zweisegmentstab.

Welche Übungswaffen erlaubt sind, weiß der Gesetzgeber, die Exekutive und der Kobudolehrer deines Vertrauens. 😉 Nachzufragen wird dir sehr helfen, keine Straftat oder Ordnungswidrigkeit zu begehen.

Viel Spaß beim Training!

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