Die Boxer früherer Generationen, zu Beginn und Mitte des 20. Jahrhunderts, konnten in der Trainingsgestaltung noch nicht auf die Erkenntnisse der modernen Sportwissenschaften zurückgreifen. Ihre Trainingsmethoden waren geprägt von Kreativität, praktischen Erfahrungen, Versuch und Irrtum.
Das Training im Old School Boxen war geprägt von funktionellem Krafttraining, welches Körpergewichtsübungen, Holzhacken und schwere körperliche Tätigkeiten des täglichen Lebens beinhaltete. Ausdauer wurde durch Laufen, Schattenboxen, Sparring und intensives Training an schweren Sandsäcken aufgebaut.
Krafttraining mit Gewichten, wie wir es von heutigen Spitzensportlern kennen, lehnten die meisten Old School Boxer und ihre Trainer ab. Aus dieser Zeit stammt, das in vielen Kreisen bis heute herrschende Vorurteil – Krafttraining mache langsam.
Das Ausdauertraining der Old School Boxer, war bestimmt durch Lauftraining, Gehen und boxerischer Praxis. Die Kämpfer im frühen und mittleren 20. Jahrhundert, bestritten ungleich mehr Kämpfe als moderne Boxer und waren so gezwungen ständig in Wettkampfform zu sein.
Koordination und Technik wurden mit boxspezifischen Übungen, Schattenboxen, Seilspringen, Training an Geräten, wie dem Speed Ball und Sandsack und vor allem Sparring, und den häufigen Wettkämpfen entwickelt. Pratzentraining spielte eine untergeordnete Rolle.
Die Methoden im Einzelnen sehen wir uns im folgenden Beitrag an.
Krafttraining – Methoden im Old School Boxen
Recherchiert man die Trainingsmethoden der alten Boxer und ihrer Trainer, stößt man sehr schnell, auf große Skepsis, was intensives Krafttraining und den damit assoziierten, übertriebenen Aufbau von Muskelmasse betrifft.
Die Old School Boxer gestalteten ihr Krafttraining mit Variationen einfacher Körpergewichtsübungen wie Liegestütze, Sit-Ups, Klimmzügen und Kniebeugen, sowie durch funktionelle Übungen wie Holzhacken, Steine- und Strohballen werfen und harte körperliche Arbeit.
Das Training mit dem eigenen Körpergewicht, ist seit jeher, die Basis für jedwedes körperliches Training. Schult es doch genau, die Fähigkeiten, die Athleten benötigen. Den Körper kraftvoll und geschmeidig im Raum zu bewegen, die Fähigkeit, körperliche Aktivitäten auszuführen, die Stärke, Schnelligkeit, Ausdauer, Beweglichkeit, Koordination und Genauigkeit erfordern.
Übungen, wie Seilklettern, im Handstand gehen, um die Schultern zu kräftigen, das Schleppen von Baumstämmen, variantenreiches Laufen, bei dem Geschwindigkeit und Steigung variiert wurden, aber auch gehen, als Mittel aktiver Regeneration, zwischen, zeitlich eng beisammen liegenden Kämpfen, gehörten zu den Old School Trainingsmethoden.
Da viele der Kämpfer damals, gezwungen waren, neben ihrer Boxlaufbahn, körperlich hart zu arbeiten, erkannten sie sehr schnell, wie diese Tätigkeiten, ihre Leistung im Ring positiv beeinflussten.
George Foreman hat sich für sein Comeback, wie er selbst sagt, mit Old School Training auf seine Kämpfe vorbereitet. Dazu gehörten das Ziehen und Schieben von Autos, Holzhacken und Tragen von Baumstämmen auf Zeit.
Wie bewährt diese Methoden in der körperlichen Vorbereitung für Kampfsportler sind, sieht man auch daran, dass sie heute noch, zum fixen Bestandteil, des Trainings gehören. Einfache, aber anstrengende Tätigkeiten, werden in Übungen, wie dem „Farmerswalk“ oder dem Ziehen oder Schieben von beschwerten Schlitten, in den modernsten Fitnessstudios nach wie vor praktiziert.
Old School Boxer wussten aus Erfahrung, dass falsches Krafttraining, das nicht ihren Zielen diente, ihre Leistungen im Ring stark negativ beeinflussen konnte. Deshalb bevorzugten sie einfaches, aber zweckdienliches Krafttraining gegenüber dem Heben von Gewichten, wie es im modernen Krafttraining praktiziert wird.
Exkurs – Krafttraining für Boxer – Zielsetzung
Im modernen Leistungs- und Hochleistungssport, ist Krafttraining, das ist unstrittig, ein wesentlicher und fixer Bestandteil, des Trainings. Unstrittig ist auch, dass die falsche Methodik, im Krafttraining, sehr nachteilige Ergebnisse, was die boxerische Leistung betrifft, nach sich zieht.
Krafttraining muss speziell auf die Anforderungen des jeweiligen Sports zugeschnitten sein. Im Falle des Boxens ist das Ziel des Krafttrainings in erster Linie die Verbesserung der Maximalkraft, Schnellkraft, Explosivkraft und Kraftausdauer. Dies war auch den Boxern früherer Generationen aufgrund ihrer Erfahrung bekannt.
Ein Krafttraining, wie es Bodybuilder betreiben, das auf Vergrößerung der Muskelmasse abzielt, hat sich dabei für Kampfsportler, seit jeher als kontraproduktiv erwiesen. Eine massive Muskulatur, beeinträchtigt, die Ausdauerfähigkeiten, Kraftausdauer, Beweglichkeit und Schnelligkeit bzw. Schnellkraftausdauer, die gerade im Boxsport, von elementarer Bedeutung ist negativ.
Abgesehen davon, führt intensives Muskelaufbautraining, verbunden mit einer entsprechenden Ernährung, zu einer in vielen Fällen unerwünschten Gewichtszunahme. Boxer, die nicht in höhere Gewichtsklassen aufsteigen möchten, sind viel besser damit beraten, die Leistungsfähigkeit ihrer Muskulatur auszuschöpfen, als zusätzliche Muskelmasse aufzubauen.
Diese Zielsetzung wird durch Technik- und Maximalkrafttraining erreicht. Koordinative Abläufe, das Zusammenspiel unterschiedlicher Muskelgruppen (intermuskuläre Koordination) und die intramuskuläre Koordination, das gleichzeitige Rekrutieren von mehr Muskelfasern, werden so optimiert.
Ausdauertraining – Methoden im Old School Boxen
Ausdauer, die Fähigkeit eine körperliche Aktivität über einen längeren Zeitraum aufrecht zu halten, ist, sieht man von der Grundlagenausdauer ab, sportartenspezifisch. Die Grundlagenausdauer kann sportartenübergreifend (Laufen, Schwimmen, Rudern etc.)trainiert und verbessert werden und wird mit moderater Intensität trainiert.
Old School Boxer wussten aus Erfahrung, welche Art von Ausdauer sie benötigten und wie sie diese am besten trainierten:
Um die Ausdauerfähigkeit als Boxer zu verbessern, ist es wichtig, sie auf eine Art zu trainieren, die der tatsächlichen Belastung im Wettkampf möglichst nahekommt. Dazu gehören für Old School Boxer unter anderem Schattenboxen, Seilspringen, Arbeit an Sandsäcken und anderen Geräten, Sparring in unterschiedlichen Intensitäten in Form von Intervalltraining.
Ein sehr gutes Beispiel für das altbewährte Boxtraining, kann man im Film Rocky 4 sehen, in dem die Trainingsvorbereitung des Filmhelden, mit jenen, des nach den modernsten Methoden, die die sowjetische Sportwissenschaft hergab, trainierenden Ivan Drago, verglichen wird.
Läufe bei jeder Witterung, teilweise im kniehohen Schnee, das Ziehen oder Schieben von Schlitten, zählen zu den altbewährten Methoden in Rockys Kampfvorbereitung.
Die spezifische Kraftausdauer, die Boxer vor allem in der Schulter und Wadenmuskulatur, aber auch dem Trizeps benötigen, werden durch die oben beschriebenen Übungen ganz besonders gut entwickelt.
Ein hohes Volumen an Körpergewichtsübungen, allen voran Liegestützvariationen, Kniebeugen und Bauchmuskelübungen, zählen zu den Grundlagen, im Boxtraining, bis heute.
Techniktraining und Wettkampfvorbereitung – Old School Boxen
Old School Boxer trainierten ihre Technik vorrangig im Schattenboxen, an schweren Sandsäcken, der Speed Bag, beim Sparring und im Wettkampf. Damals wurden wesentlich häufiger und öfter Kämpfe bestritten, sodass viele Boxer zeitweise wöchentlich Profiboxkämpfe bestritten. Dadurch sammelten sie eine immense Kampferfahrung und Routine im Umgang mit unterschiedlichen Gegnern.
Das Training zwischen den Wettkämpfen diente in solchen Fällen, dem Erhalt der Fähigkeiten und der Regeneration. Ein wesentlicher Teil der boxerischen Entwicklung, fand dann tatsächlich im Ring statt.
Pratzentraining wurde im Old School Boxen, relativ wenig praktiziert. Das Training an schweren Sandsäcken, oft über Stunden, wie Rocky Marciano es betrieb, wurde als wichtiger angesehen.
Der ungeschlagene Weltmeister im Schwergewicht Rocky Marciano war bekannt dafür, an besonders schweren Sandsäcken zu trainieren. Spezialanfertigungen sollen bis zu 300 Pfund (ca. 136 Kilogramm), gewogen haben.
Marciano, der als einer der konditionell am besten trainierten Boxer aller Zeiten gilt, legte großen Wert darauf, jeden Schlag mit voller Härte auszuführen. Er schlug dabei mit einer hohen Frequenz.
Der Bolo Punch und seine Entstehungsgeschichte
Ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig alltägliche Bewegungen, für den Erfolg im Boxsport sein können, ist die Entstehungsgeschichte des sogenannten Bolo Punches. Bei dem Schlag handelt es sich, um einen äußerst hart geschlagenen Aufwärtshaken. Bolo bezeichnet eine Art Machete, die zum Schneiden von Zuckerrohr Verwendung fand.
Der Bolo Punch, hat seinen Ursprung in der Bewegung des Zuckerrohrschneidens, die von Boxern praktiziert wurde, die in der Landwirtschaft arbeiteten. Nachdem sie die Bewegung des Zuckerrohrschneidens nach Tausenden von Wiederholungen gemeistert hatten, setzten sie den Bolo Punch im Boxen mit großem Erfolg ein. Er war ein gefürchteter Knockout Punch, der in einigen Fällen sogar zu Todesfällen im Ring führte.
Sugar Ray Leonard hat den Bolo Punch erfolgreich in seinem Kampf gegen Roberto Duran eingesetzt. In dem heute schon legendären Kampf gab Duran mit den bekannten Worten -„No Mas“ – auf. Leonard setzte den Bolo Punch, ein, um Duran, mit übertrieben großen Ausholbewegungen zu provozieren und dessen Timing zu stören.
Old School Boxen – ungewöhnliche Trainingsmethoden
Eine in den meisten Fällen nicht besonders tierfreundliche, aber außergewöhnliche Methode im Old School Boxen, war das Training mit Tieren. Dazu gehörte das Einfangen von Hühnern, Fischen, Fliegen mit bloßen Händen und Dauerläufe mit dem Hund.
Einige dieser Übungen wurden in der Rocky Filmreihe dargestellt.
Großen Wert legten, die Boxer damals auch, auf die Abhärtung und das Training der Hände. Um die Widerstandsfähigkeit ihrer Hände gegen Verletzungen zu erhöhen, wandten die Boxer unterschiedliche Methoden an.
Dazu gehörte eine große Zahl an Übungen, zur Stärkung von Sehnen, Bändern, Knochen und Gelenken. Liegestütze auf den Fäusten, Fingerspitzen, sowie geheime Tinkturen, die die Haut, widerstandsfähiger machten.
So manche dieser Tinkturen, wie das Eintauchen der Hände in Dieselöl, würden mit dem Wissen, über das wir heute verfügen, wohl nicht mehr angewandt werden.
Fazit – Trainingsmethoden im Old School Boxen
Das Training im Old School Boxen, war geprägt von einfachen, aus der Erfahrung gewonnen Trainingsmethoden. Schlaghärte, Willenskraft und Ausdauerfähigkeit, standen neben dem Schwerpunkt auf Boxtechnik und Taktik im Fokus.
Die Boxer zu Beginn und der Mitte des 20. Jahrhunderts, kämpfen oft. Sie waren aufgrund der geringen Preisgelder und oftmals wirtschaftlicher Not, dazu gezwungen. Die Kämpfer konnten sich keine längeren Trainingspausen leisten, trainierten und kämpften kontinuierlich in ihrer aktiven Zeit als Wettkämpfer.
Das führte in Summe zu einem gewaltigen Trainingspensum und enormer Kampferfahrung. Deshalb wäre es ein Fehler, die Old School Boxer zu unterschätzen, nur weil sie anders kämpften als moderne Boxer und nicht über die aktuellen Erkenntnisse der Trainingslehre verfügten.
Modernes Krafttraining mit Gewichten und damit auch gängige Fehler in der Trainingsgestaltung desselben waren damals unbekannt. Was uns zu der Erkenntnis führen kann, dass man beim Krafttraining sehr viel falsch machen kann, wenn es darum geht sportliche Zielsetzungen zu erreichen.
Vielleicht resultiert daraus, die heute noch immer weit verbreitete Ansicht, dass Training mit Gewichten, Kampfsportler langsam, steif und unbeweglich macht. Dies ist bei einer durchdachten Trainingsplanung aber nicht der Fall ist.
Lernen können wir auch in der Gegenwart noch von früheren Generationen im Boxsport. Es lohnt sich wirklich, die Kämpfe und Trainingsmethoden dieser Old School Boxer näher anzusehen.
Viel Spaß beim Training!
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