Welcher Kampfsport eignet sich für Anfänger? Ein Ratgeber


Welcher Kampfsport eignet sich für Anfänger?

Immer wieder taucht die Frage auf, welche Kampfsportarten sich besonders gut für Anfänger eignen. Kategorisch, lässt sich diese Frage nicht beantworten, denn jeder hat seinen eigenen Stärken, Schwächen und Bedürfnisse und nicht jeder meint dasselbe, wenn er die Frage stellt.

So gibt es Menschen, die in erster Linie an Selbstverteidigung interessiert sind, für andere spielt das überhaupt keine Rolle. Der Beitrag ist der Versuch, für alle Fragenden und unterschiedliche Bedürfnisse, sinnvolle Antworten zu geben.

Für Anfänger, schnell auf brauchbarem Niveau zu erlernende Kampfsportarten, nützen nur wenige, in erster Linie grobmotorische Bewegungsabläufe und Techniken. Systeme wie Krav Maga und Combatives eignen sich neben, Boxen, Thaiboxen und Kickboxen besonders gut, in dieser Hinsicht.

Kampfsportarten, die dem Grappling zuzuordnen sind, alles was technisch mit dem Ringen verwandt ist, wie Judo, Brazilian Jiu-Jitsu, lassen sich trotz ihrer Komplexität, auch in relativ kurzer Zeit so weit erlernen, dass die Sportler, untrainierten in dem Bereich, deutlich überlegen sein werden.

Kampfkünste, die sich vieler traditioneller Trainingsmethoden bedienen und im Unterschied zum Kampfsport, nicht Effizienz im Training über alles stellen, benötigen mehr Zeitaufwand, um ihre Grundlagen zu erlernen. Dafür bieten Kampfkünste andere Vorteile. Es wird auf die Entwicklung der Persönlichkeit und die damit verbunden Philosophien Wert gelegt.

Verallgemeinernd kann gesagt werden, dass Kampfsportarten deutlich anstrengender sind und für einen höheren Fitnesslevel sorgen. Kampfkünste können dafür leichter bis ins hohe Alter betrieben werden.

Übersicht – Kampfsport für Anfänger

KampfsportTechnikenVerletzungsgefahr für AnfängerKomplexitätKampfdistanzenEignung zur SelbstverteidigungPopularität
BoxenSchläge, Beinarbeitgeringgeringlang, mittel, nahe2hoch
Judo – Brazilian Jiu JitsuWürfe, Hebel, Festhaltegriffegering – mäßigmittel – hochmittel, nahe, Boden2-3hoch
Karate – TeakwondoSchläge, Trittegeringmittellang, mittel, nahe3hoch
Thai ChiSchläge, Tritte, Würfegeringhochlang, mittel, nahe4-5mittel
Krav MagaSchläge, Tritte, Würfe, Behelfswaffengeringgeringlang, mittel, nahe, Boden1-2hoch
Philippinische Kampfkünsteüberwiegend Waffen, aber auch Schläge, Tritte und Ringen (Dumog)geringmittellang, mittel, nahe2-3gering
Muay Thai – KickboxenSchläge, Tritte, + Clinch und Würfe im MTgering – mäßiggering-mittellang, mittel, nahe3hoch
CombativesSchläge, Tritte, Würfe, Behelfswaffengering – mäßiggeringlang, mittel, nahe, Boden1-2gering

Erklärungen zur Tabelle

Die obige Tabelle, bietet eine grobe Übersicht, der Kampfsportarten für Anfänger. Die Werte sind auf Anfänger und mäßig Fortgeschrittene bezogen und stellen notgedrungen grobe Vereinfachungen dar.

  • Grundsätzlich ist die Verletzungsgefahr, im Anfängertraining, bei vernünftigen Trainern, als gering einzustufen. Im Bereich des Leistungssports und Vollkontakt, steigt diese deutlich an.
  • Komplexität bezieht sich auf die zu erlernenden Techniken und die dafür notwendigen Fähigkeiten. So ist, beispielsweise Boxen, ein äußerst komplexer Sport, im Anfängertraining wird er aber auf simple Grundlagen reduziert, die einfach erlernbar sind.
  • Bei der Eignung zur Selbstverteidigung wurde ein Schulnotensystem verwendet. (1 = sehr gut) Auch hier handelt es sich um verallgemeinernde Einschätzungen. Geht es um Selbstverteidigung, müssen auf der technischen Ebene, alle Distanzen, ringen, Bodenkampf und Waffen abgedeckt werden. Das tun in der Regel nur Selbstverteidigungssysteme und die philippinischen Kampfkünste.

Boxen – einfach, aber nicht leicht

Die Grundlagen des Boxsports sind einfach zu erlernen, aber nur sehr schwer zu meistern. Der Anfänger lernt 4 Grundschläge und die dazugehörige Beinarbeit und Körpermechanik. Neben dem anstrengendem, fürs Boxen erforderlichen Fitnesstraining, wird im Training an diesen Grundtechniken gefeilt.

Der Boxsport eignet sich besonders gut, für Menschen, die sich im Training körperlich verausgaben wollen und eventuell später an Übungskämpfen (Sparring) und Wettbewerben teilnehmen möchten.

Viele Boxer betreiben ihren Sport aber auch, als Fitnessboxen. Das Training klammert, Sparring und Wettkämpfe aus, ist aber ansonsten gleich strukturiert. Mit dem Vermeiden, von Kämpfen, sinkt das Verletzungsrisiko, noch einmal deutlich.

Boxen ist zur Selbstverteidigung gut geeignet, da im Boxsport, die wenigen zur Verfügung stehenden Techniken perfektioniert und scharf gestellt werden. Schwächen hat der Boxer im Ringkampf, am Boden, der Umgang mit Waffen gehört nicht zum Sport.

Judo/Brazilian Jiu-Jitsu – Würfe und Hebeltechniken

Das japanische Judo und das Brazilian Jiu-Jitsu sind historisch eng miteinander verwandt. Der Judosport hat seine Stärken im Werfen, im Bodenkampf werden Hebel- und Würgetechniken verwendet, um den Gegner zur Aufgabe zu zwingen.

Brazilian Jiu-Jitsu hat sich hauptsächlich auf den Bodenkampf spezialisiert. Es gilt als die ausgereifteste Bodenkampfmethode der Welt und ermöglicht, wie das Judo auch, kleineren, schwächeren Sportlern, gegen körperlich überlegene Gegner zu bestehen.

Beide Kampfsportarten sind technisch komplex. Ihre Grundlagen lasse sich für Anfänger, aber so weit, rasch erlernen, dass sie sehr schnell, deutliche Vorteile, gegenüber untrainierten Personen, auf dem Boden, ermöglichen.

So wird, auch ein gut trainierter Boxer, gegen einen fortgeschrittenen Anfänger im Brazilian Jiu-Jitsu, im Bodenkampf, sehr schlechte Chancen haben. Das kann einen für die Selbstverteidigung interessanten Aspekt im Training darstellen.

Schläge und Tritte, werden in beiden Kampfsportarten, wenn dann nur in speziellen Selbstverteidigungsklassen unterrichtet. Im normalen Training und Wettkämpfen finden sie keinen Platz.

Zur Selbstverteidigung sind sie gut geeignet, wenn es gelingt, den Umgang mit Schlägen und Tritten zusätzlich auf einem gewissen grundlegenden Niveau zu erlernen.

Karate – Taekwondo

Karate

Das japanische Karate und Taekwondo sind auch historisch eng miteinander verwandt. Taekwondo wird auch als das koreanische Karate bezeichnet. Im Taekwondo, wird mehr Wert auf Tritte und spektakuläre Fußtechniken gelegt, während im Karate, vermehrt geschlagen wird.

Im Karate gibt es eine Vielzahl an Stilen, die sich teilweise erheblich voneinander unterscheiden. Wer also mit Vollkontaktkarate anstatt Leichtkontakt beginnt, wird dort früher oder später auch vor andere Herausforderungen gestellt werden.

Die Grundtechniken im Karate und Taekwondo, sind sehr stilisiert und auch für Grobmotoriker einfach zu erlernen. Um die Tritte gut zu erlernen, bedarf es aber viel Anstrengung, da die dafür nötige Beweglichkeit erst erarbeitet werden muss.

Zur Selbstverteidigung bieten beide Stile, Grundlagen. Da sie sich aber nur auf den Kampf im Stehen, ohne ringerische Techniken, beschränken, muss hier einiges an technischen Fähigkeiten ergänzt werden.

Im Vergleich zum Boxen, das ich bezüglich des Selbstverteidigungswertes deutlich höher eingestuft habe, obwohl, die auch nur schlagen, fehlt im Training einfach der Fokus darauf, die Techniken wirklich entschlossen ins Ziel zu bringen.

Im Karate und Taekwondo wird sehr viel Zeit, auf das Grundschultraining und die Formen verwendet, während die Boxer, an ihren kampfrelevanten Fähigkeiten arbeiten. So benötigt das Training im Karate oder Taekwondo einfach länger, um wehrhafter zu werden.

Tai-Chi

Tai-Chi, auch als chinesisches Schattenboxen bekannt, kombiniert Elemente aus den Kampfkünsten, mit Meditation. Das Training von Formen, fest vorgeschriebenen Bewegungsabläufen, alleine oder mit Partner, macht neben den „Pushing Hands“ den Großteil des Trainings aus.

Tai-Chi eignet sich nicht nur, aber auch besonders gut für Menschen, mit körperlichen Einschränkungen, die ihr Wohlbefinden verbessern wollen und jene, die mit Kampf, auch im Training nicht wirklich was zu tun haben wollen, die Bewegungen aber erlernen und üben wollen.

Einige Verfechter des Tai-Chi werden dem widersprechen. Der Chen Stil, soll, für jene, die es etwas kämpferischer haben wollen, die richtige Adresse sein. 😉

Zur Selbstverteidigung, bietet Tai-Chi, kaum Grundlagen, dafür ist es aber auch nicht gemacht. Diese Kampfkunst, hat ihre Stärken in anderen Bereichen.

Krav Maga – Combatives

Das israelische Krav Maga (Kontaktkampf) und die Combatives, haben sich in ihren Trainingsmethoden ganz auf das Thema Selbstverteidigung spezialisiert.

Combatives, wird als Überbegriff für schnell erlernbare Selbstverteidigungsmethoden verwendet. Sie sind noch relativ unverfälscht und wenig kommerzialisiert. Im Krav Maga ist das, je nach Anbietern, nicht immer der Fall. Zu groß die Verlockung, Kunden mit Selbstverteidigung und Fitness und künstlich in die Länge gezogenen Programmen, längerfristig an sich zu binden.

Aber auch diese Krav Maga Angebote, können für viele Menschen einen guten Kompromiss, zwischen Fitness und sinnvollem Selbstverteidigungstraining darstellen.

Die in den Combatives und Krav Maga gelehrten Techniken, sind per Definition, einfach zu erlernen und grobmotorisch, da sie in Hochstresssituationen, noch abrufbar sein müssen. Sie erfordern, auch keine akrobatischen Fähigkeiten oder besondere Athletik.

Ausnahmen bestätigen die Regel. Wer also „Experten“ aus der Kategorie Combatives mit spektakulären Techniken durch die Luft wirbelnd sieht, weiß, er hat einen wirklichen „Meister“ seines Faches, gefunden. (lol) Schnell weg!

Muay Thai – Kickboxen

Sowohl Muay Thai (Thaiboxen), als auch das Kickboxen, beschränken sich auf wenige, dafür aber umso sorgfältiger trainierte Techniken. Die beiden Vollkontaktsportarten (im Kickboxen gibt es auch noch den Leicht- und Semikontakt), widmen sich im Training dem Wesentlichen.

Wer diese Sportarten ernsthaft betreibt, steigert, ähnlich wie beim westlichen Boxen, seine Wehrhaftigkeit beträchtlich. Sie lassen sich auch als Hobby sicher betreiben, sofern man nicht vorhat, schlecht vorbereitet, in den Ring zu steigen.

Für die Selbstverteidigung sind diese Sportarten, ganz gut geeignet, sieht man vom fehlenden Bodenkampf und ringerischen Aspekten, ab.

Anfänger erreichen im Kickboxen und Muay Thai, relativ schnell ein gutes kämpferisches Niveau und einen guten Fitnesslevel.

Arnis/Kali/Eskrima philippinische Kampfkünste

Das Besondere an den philippinischen Kampfkünsten ist, dass sie traditionell, ihr Training mit den Waffen beginnen. Jene Techniken, die waffenlos verwendet werden, leiten sich aus diesen ab. Das macht das Training herausfordernd und einzigartig. Gibt es doch eine Vielzahl von Waffen, die verwendet werden.

Ein weit verbreitetes Vorurteil, ist es, die FMA (filipino martial arts) auf reine Stockkampfsysteme zu reduzieren. Das waren sie nie. Stöcke sind lediglich Übungswaffen, die fast immer Klingen darstellen. Mittlerweile ist die Verwirrung in der Szene, aber groß und viele Lehrer, wissen nicht einmal mehr das.

Für Anfänger können die FMA, bei einem guten Lehrer, ein echter Geheimtipp sein. Da kann er in kurzer Zeit, in kleinen Gruppen, sehr viel lernen.

Gerade für die Selbstverteidigung, spielt der Umgang mit Waffen und das daraus gewonnene Wissen, wie man sich eventuell gegen bewaffnete Angriffe wehren kann, eine wichtige Rolle.

Fazit – Kampfsport für Anfänger

Die Auswahl an Kampfsportarten und Kampfkünsten ist riesig. Kein System lässt sich schnell auf hohem Niveau erlernen. Trotzdem sind für jene, die möglichst schnell über brauchbare, tatsächlich anwendbare Grundlagen in einer Kampfsportart verfügen wollen, Systeme wie Boxen, Kickboxen oder Judo/BJJ am besten geeignet.

Wer möglichst schnell seine Wehrhaftigkeit für die Selbstverteidigung erhöhen möchte, hält sich am besten, an dafür eigens geschaffene Kampfmethoden, wie Krav Maga oder die Combatives.

Die Qualitäten der jeweiligen Trainer und Lehrer spielen eine weitere wichtige Rolle, wenn es darum geht, effektiv und schnell zu lernen, unabhängig vom System.

Viel Spaß beim Training!

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