Psychologie der Selbstverteidigung – Raus aus der Opferrolle!


Psychologie der Selbstverteidigung
Psychologie der Selbstverteidigung

Die Wahrung der persönlichen Integrität, der geistigen und körperlichen Unversehrtheit, ist ein wesentlicher Aspekt in unserem Leben und unserer Lebensqualität. Das Spektrum der Probleme erstreckt sich von Mobbing, Beleidigungen, Demütigung bis hin zu körperlichen Übergriffen. Und es kann jeden treffen. Das Kind das in der Schule gehänselt wird, sexuelle Übergriffe gegen Frauen und Kinder, sowie „handfeste“ körperliche Gewalt.

Zu Psychologie der Selbstverteidigung gehören: Risikoeinschätzungen und Achtsamkeit im Alltag. Selbstbewusstes Auftreten. Kein Ansprechpartner für potenzielle Täter zu sein – keine unerwünschten Diskussionen! Über Strategien zu verfügen, die helfen sich gefährlichen Situationen zu entziehen.

Die Täter sind in der Regel auf der Suche nach Opfern, nicht Gegnern.

Er will auf einfache Art und Weise zu seinem, wie auch immer gearteten Ziel kommen und das möglichst ungehindert und risikoarm. Er wird sich also ein Opfer suchen und gewisse Kriterien bei der Suche anwenden. Wer im Vorfeld nicht in dieses Täters – Opfer Schema passt, wird wahrscheinlich nicht zur Zielscheibe werden. Deshalb ist es so wichtig, nicht in die Opferrolle zu fallen und sich dementsprechend zu verhalten.

So fällst du nicht in das Täter – Opfer Schema

Täter wählen ihre Opfer in der Regel sehr sorgfältig aus. Es werden einfache Gegner, leichte Opfer gesucht. Anhand der Körpersprache, der Aufmerksamkeit, die das potenzielle Opfer seiner Umgebung entgegenbringt, wird eine Vorauswahl getroffen. Ziel muss es sein, bereits hier aus dem Beuteschema der Täter herauszufallen.

1. Selbstbewusstes Auftreten:

„Man kann nicht nicht kommunizieren!“  – Paul Watzlawick

Das bedeutet, du sendest immer Signale über dein Befinden, deine innere Einstellung, deine Ängste und Stärken aus. Deine Umgebung interpretiert diese in jedem Fall unbewusst, manchmal auch bewusst.

Zu den Signalen gehören:

  • Gestik: Auf welche Art und Weise bewegst du dich? Wieviel Raum nimmt du ein? Machst du dich klein, oder trittst groß mit erhobenem Kopf auf? Sind deine Bewegungen hektisch und fahrig, oder langsam, entspannt und gelassen?
  • Mimik: Dein Gesichtsausdruck – gelassen, verängstigt, konzentriert, aufmerksam oder in Gedanken versunken. Hältst du Blickkontakt oder meidest du ihn?

Wichtig zu verstehen ist, dass die Beziehung zwischen Geist und Körper wechsel wirksam ist. Wer traurig ist, wird eine entsprechende Körperhaltung einnehmen. Wer eine selbstbewusste Haltung einnimmt, dessen Stimmung wird sich entsprechend anpassen. Es macht also durchaus Sinn, ganz bewusst auf die eigene Körpersprache zu achten und diese bewusst zu steuern.

Das kann dir nicht nur helfen, dich besser zu fühlen, sondern auch als mögliches Opfer nicht in Betracht zu kommen. Vorteilhaft ist es nicht schauspielern zu müssen, wer man sein möchte, sondern zu dem zu werden.  Es gibt Strategien, die dir schnell weiterhelfen und dich diesem Ziel näher bringen.

Aus der Sportpsychologie ist diese Technik als „Tun als ob.“ Methode bekannt.

Nach dem Motto: „Fake it until you can make it.“ –  Täusches es so lange vor, bis du es erreicht hast. Diesen Grundsatz kannst du auch in der Psychologie der Selbstverteidigung anwenden, um nicht in das Opfer Schema zu fallen.

Jordan Peterson klinischer Psychologe, Buchautor und Universitätsprofessor in Toronto Kanada hat in seinem Bestseller – 12 Rules for Life – als erste Regel „Stand Straight“ – stehe gerade, bestimmt. Er erklärt anhand Studien aus dem Tierreich (Lobster),  wie wichtig die „Haltung“ ist und wie sie sich auf die Hierarchien und Rangordnungen auswirkt.

Haltung wirkt sich nachweislich auf den Hormonspiegel aus. So sind der Serotonin und Dopamin – Haushalt an Haltung und damit verbundenem sozialen Status gebunden.

Hier die Erklärungen in Englisch.

2. Die richtige mentale Haltung – Opferrolle vermeiden!

What to fight for, what to die for? – Wofür kämpfen, wofür zu sterben bereit sein?

Darüber solltest du dir grundsätzlich klar werden. Viele Menschen und besonders Frauen haben Hemmungen Gewalt anzuwenden. Das ist grundsätzlich einmal nicht verkehrt und gut so. Konflikte sollte man nicht körperlich lösen. Abgesehen von Momenten in denen es erforderlich ist oder sein könnte, sich körperlich zu wehren. Hier muss die Bereitschaft da sein, sich in Notwehr körperlich zu behaupten.

Denn eine entsprechende selbstsichere Ausstrahlung, wird dem potentiellen Angreifer signalisieren, dass er mit körperlicher Gegenwehr zu rechnen hat. Was für ihn die Aktion wieder riskanter und somit unattraktiver werden lässt.

Das bedeutet zwar noch nicht, dass kein Angriff erfolgen wird. Aber es steigen die Chancen, ohne körperliche Auseinandersetzung davonzukommen und ein potentieller Täter wird es sich noch einmal überlegen, ob er dieses Risiko eingeht.

3. Psychologie der Selbstverteidigung – mentale Blockaden loswerden

Du solltest dir also grundsätzlich darüber im Klaren sein:

  • Was kann passieren, wenn ich mich nicht wehre?
  • Wie wirkt sich das auf mein Wohlbefinden, Selbstbewusstsein, die körperliche Unversehrtheit aus?
  • Was, wenn ich im schlimmsten Fall, nicht mehr zu Familie, Kindern und Freuden zurückkomme?
  • Wie wird es denen ergehen? Welche Verantwortungen habe ich für sie?

Diese Überlegungen anzustellen, hat schon vielen Menschen geholfen sich entschlossen zu wehren. Denn es geht jetzt nicht mehr nur um sie, sondern Familie, Kinder, die es zu schützen gilt. Vor allem Frauen hat dieser Denkansatz geholfen, falsche Hemmungen, im gegebenen Fall Schlaghemmungen also, zu überwinden.

4. Nicht auffallen – die Grey Man Theorie

  1. Hier geht es darum, sich der wie auch immer gearteten Umgebung anzupassen, um nicht aufzufallen und herauszustechen.
  2. Oder so wahrgenommen zu werden wie man es selbst zu diesem Zeitpunkt möchte.

Jäger suchen, wie im Tierreich auch, leichte Beute.

Ein verletztes, schwächlich wirkendes Tier, das sie von der Herde trennen und erlegen. Die Erfolgschancen des Jägers sind hoch und das Verletzungsrisiko geringer als bei einem gesunden, starken Beutetier.

Genauso suchen (potentielle) Straftäter ihre Opfer aus. Nun geht es, neben einer selbstbewussten Ausstrahlung, auch darum gar nicht ins „Radar“ des Täters zu gelangen. Grundsätzlich sich unauffällig zu verhalten, ist die erste und beste Option. Das bedeutet sich den Umständen im Verhalten, der Kleidung und Benehmen anzupassen, soweit das möglich ist.

Wichtig unauffällig zu sein, bedeutet nicht auffällig unscheinbar zu wirken!

Manchmal ist es aber keine Option, so aufzutreten wie alle anderen, beispielsweise in fremden Ländern, mit anders aussehenden Bevölkerungen. Die nächst beste Option ist, dann eine Rolle einzunehmen, die möglichst vorteilhaft ist, unter den gegebenen Umständen. Das kann sein, als Tourist erkennbar zu sein, oder aber das genaue Gegenteil. Es ist völlig vom gegebenen Kontext abhängig.

5. Der Cooper Code – Achtsamkeit, situationsangemessenes Verhalten

Der Code wurde benannt nach dem Oberstleutnant des US Marine Corps, Jeff Cooper. Er verbindet ein System, ähnlich dem Ampelsystem, mit bestimmten Risiken und inneren Zuständen. Anfangs schien mir das unsinnig, mittlerweile bin ich anderer Meinung. Dieses System erleichtert es dir, Situationen besser einzuordnen und angemessen zu handeln.

Grundsätzlich geht es darum, aufmerksam zu sein und sich immer der Risiken und Gefahren bewusst zu werden. Wenn du mehr dazu erfahren möchtest, empfehle ich dir diesen Beitrag durchzulesen.

Wenn es brenzlig wird – So kommst du aus der Gefahrenzone

Kommt es zu einer Situation, die potentiell gefährlich sein kann, solltest du dich möglichst schnell davon machen.

Aber ganz wichtig: Deine „Flucht“ soll und darf nicht als solche erkennbar sein, denn dann signalisierst du potentiellen Tätern das, was du ihnen ganz bestimmt nicht mitteilen möchtest.

Ich bin die Beute. Hasch mich!

Besser nicht!

Taktisch sinnvoll, ist hier ein schneller, geordneter Rückzug aus dem Gefahrenbereich, der nicht als solcher erkennbar sein darf.

Wie machst du das?

Tarnen und täuschen. Du musst eine erkennbare, nachvollziehbare Begründung für deine plötzliche Eile liefern. Du könntest beispielsweise demonstrativ auf deine Uhr blicken und mit offensichtlichem Entsetzen erkennen, dass du viel zu spät dran bist. Lege dir ein paar Phrasen zu recht, die du dann sichtlich in Eile, von dir gibst. Zu dir und deiner Situation passend.

Idealerweise, hast du dir solche Handlungsroutinen im Vorfeld festgelegt und kannst die automatisch abspulen. Ein wesentliche Vorteil an solchen Routinen liegt daran, dass du sie automatisieren kannst. Die Wahrscheinlichkeit unter erhöhtem Stress richtig zu handeln ist groß.

Wichtig ist es dabei, keinerlei Kommunikation mit potentiellen Tätern zuzulassen. Die haben Übung darin ihre Opfer „abzuchecken“, Schwächen und Unsicherheiten zu erkennen und auszumachen. In einem „Interview“ gelingt ihnen das noch besser. Gib ihnen also so wenig Informationen wie möglich über dich. Sprich nicht mit potentiellen Tätern.

Das mag zwar möglicherweise etwas rüde und unfreundlich wirken, das ist dir aber in einem solchen Moment erstmal prinzipiell egal. Grundfalsch wäre es hier das Gespräch zu suchen und auf Fragen wie: – „Was guckst du?“ – (ernsthafte) Diskussionen anzufangen.

Wichtig: Keine Diskussion! Gar keine!

Du entfernst dich unter Nutzung, einer zur Situation passenden, vorher geübten Handlungsroutine. Lieber einmal zu Unrecht zur falschen Person „unfreundlich“ oder wenig zuvorkommend gewesen sein, als ein „Interview“ aus Tätersicht bestanden zu haben. Das wäre nämlich gleichbedeutend mit – sehr gut! Geeigneter Kandidat gefunden. Dann lass uns mal machen…“

Diesen und viele andere Ansätze habe ich von dem Sicherheitsexperten und Buchautor Bernd Schubert gelernt. Sie entstammen seinen langjährigen, praktischen Erfahrungen. Hier erfährst du mehr zu den Inhalten seiner Büchern.

Wie kannst du dich wehren, falls alle anderen Mittel versagen?

Hier bewegen wir uns schon über das eigentliche Thema dieses Beitrags hinaus. Trotzdem will ich dir ein paar Hinweise geben, der Vollständigkeit halber.

Situationen, in denen es zu körperlichen Übergriffen und Grenzüberschreitungen, aber noch keinem Angriff gekommen ist:

Jemand greift dich im Vorbeigehen am Arm oder versucht dich auf andere grenzüberschreitende Art und Weise aufzuhalten. Mit großer Wahrscheinlichkeit, um dich als potentielles Opfer abzuchecken. Du bist jetzt noch nicht in einer Notwehrsituation, aber möglicherweise kurz davor.

Zuzuschlagen ist keine Option, da weder der Situation angemessen, noch besonders erfolgversprechend. Es handelt sich um mehrere Personen oder jemanden der offensichtlich körperlich, haushoch überlegen ist.

Abgesehen davon ist dein letzter Selbstverteidigungskurs schon Jahre her oder auch nur eine Woche. Dir fällt aber gerade keine passende Technik ein. Du bist einfach zu gestresst, um aus 1001 erlernten Techniken die richtige auszuwählen… Wer hier einen gewissen Zynismus und Kritik, an von manchen als „Hausfrauen Selbstverteidigungskursen“ genannten, Kursen entdeckt liegt richtig.

Jetzt gilt es einen offensichtlichen Kampf zu vermeiden, während gleichzeitig die Notwendigkeit besteht, körperlich aktiv zu werden. Auch hier wieder tarnen und täuschen. Wem es gelingt sich „unauffällig“ aus dieser Situation zu lösen, ohne aggressiv zu wirken, hat jetzt noch eine gewisse Chance, eine Eskalation zu vermeiden.

Dazu benötigst du aber die Hilfe eines kompetenten Lehrers. Wir in der ETF, bieten bundesweit in Deutschland und an zwei Standorten in Österreich, zweistündige Seminare an, die Verhaltenstraining und einfache körperliche Maßnahmen umfassen, um hier noch mal davonzukommen.

Wenn es zu offener Gewalt kommt

Kommt es zu einer körperlichen Auseinandersetzung, kann dir nur mehr entsprechendes Training helfen. Erfolgsgarantien kann aber niemand geben. Wer von mehreren Personen angegriffen wird, oder von einem bewaffneten Angreifer, kommt sehr schnell an seine Grenzen. Auch als einschlägig Trainierter.

Darüber musst du dir unbedingt klar werden. Selbstverteidigung und Selbstschutz besteht zu 90%  aus Vermeiden von Gefahren und Risiken.

Was kann dir in einer solchen Situation helfen?

  • Flucht: Wenn möglich!
  • Kampf: Das entsprechende Training und legale Waffen und Gegenstände. Messer sind zur Selbstverteidigung schlecht geeignet. Ich rate dir ausdrücklich davon ab. Gut geeignet sind Schlagkraftverstärker wie der Kubotan, entsprechendes Training vorausgesetzt. Der Kubotan ist bei aktueller Gesetzeslage in der BRD und AUT, nicht als Waffe definiert und darf frei geführt werden. Ich kann hier aber keine 100 % ige Rechtsberatung bieten. Es liegt in deiner alleinigen Verantwortung über die aktuelle Gesetzeslage in deiner Heimat informiert zu sein!

Fazit – Psychologie der Selbstverteidigung

Grundsätzlich geht es dir darum:

  • Nicht ins Täter – Opfer Schema zu passen.
  • Selbstbewusst aufzutreten.
  • Sich der Umgebung und möglicher Risiken und Gefahren bewusst zu werden.
  • Kein Ansprechpartner für potentielle Täter zu sein.
  • Über Strategien und Taktiken zu verfügen, die dir helfen aus brenzligen Situationen, rauszukommen.

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