Was sind die Unterschiede zwischen Lethwei und Muay Thai?


Die Unterschiede zwischen Lethwei und Muay Thai

Muay Thai – Thaiboxen und Lethwei zählen zu den härtesten und brutalsten Vollkontaktsportarten überhaupt. Währen Muay Thai, sich zunehmender Verbreitung und weltweiter Bekanntheit erfreut, fristet Lethwei, das burmesische Boxen, ein Schattendasein.

Warum ist da so und was sind die Unterschiede und Gemeinsamkeiten, zwischen den Kampfmethoden?

Die Unterschiede zwischen Lethwei und Muay Thai liegen an der Ausrüstung und dem Regelwerk, technisch unterscheiden sie nur wenig voneinander. Lethwei verwendet Bandagen, während im Muay Thai mit Boxhandschuhen gekämpft wird. Kopfstöße und bestimmte Würfe sind nur im Lethwei gestattet.

Was die beiden Kampfsportarten im Detail unterscheidet, sehen wir uns im Beitrag näher an.

UnterschiedeLethwei -burmesisches BoxenMuay Thai – Thaiboxen
historischer Ursprung2. Jahrhundert 16. Jahrhundert
LandMyanmar, Birma/ BurmaThailand, Siam
auch bekannt unterKampkunst der 9 KörperteileKampkunst der 8 Körperteile
Kopfstößeerlaubtverboten
TechnikenSchläge (Faust, Ellenbogen, Knie, Tritte), Clinch, Würfe, Kopfstöße, Take DownsSchläge (Faust, Ellenbogen, Knie, Tritte), Clinch, Würfe
BodenkampfNeinNein
Handschutzkeine oder BandagenBandagen + Boxhandschuhe
Dauer5 Runden zu 3 Minuten, 2 Minuten Pause5 Runden zu 3 Minuten, 2 Minuten Pause
Anzählen20 Sekunden, (10 mal – 2 Sekunden)10 Sekunden
PunktewertungPunktewertung als letztes Mittel den Kampf zu entscheidenTritte werden höher bewertet, als Schläge
ursprünglichKriegskunstKriegskunst (Krabi Krabong)
EröffnungsritualLethwei YayWai Kroo/Ram Muay
RingrichterJaJa

Worin unterscheiden sich Lethwei und Muay Thai?

Schutzausrüstung

Im Muay Thai, vom Westen beeinflusst, werden heute moderne Boxhandschuhe verwendet. Im Lethwei wird ohne jeglichen Handschutz, bzw., mit getappten Händen gekämpft. Tiefschutz und Mundschutz wird in beiden Kampfmethoden in Wettkämpfen getragen.

Boxhandschuhe und Tapes an den Händen stellen in erster Linie einen Schutz der eigenen Hände dar. Sie dienen nicht dazu, den Gegner zu schützen. Im Gegenteil, mit ihnen kann härter zugeschlagen werden, ohne die eigenen Hände zu gefährden.

Regeln

Sowohl im Lethwei, als auch Muay Thai gibt es einen Ringrichter, der die Einhaltung der Regeln überwacht, den Kampf gegebenenfalls unterbricht, weiterführen lässt oder beendet. Die zwei gravierendsten Unterschiede zwischen den Kampfmethoden sind, der Einsatz von Kopfstößen und mehr Spielraum im Clinch, beim Lethwei.

So werden im Lethwei auch Takedowns verwendet, Techniken, die den Gegner zu Boden bringen und im Muay Thai, wo aus dem Clinch auch geworfen werden darf, nicht gestattet sind. (Supplex)

Sobald einer der Kämpfer zu Boden gegangen ist, wird der Wettkampf unterbrochen, im Unterschied zu den Mixed Martial Arts, um im Stand wieder weiter geführt zu werden.

Sowohl im Lethwei, als auch Muay Thai wird über 5 Runden zu je drei Minuten, mit zweiminütigen Ringpausen gekämpft.

Punktewertung

Das erklärte Ziel im Lethwei und Muay Thai ist es den Gegner durch K.o. zu besiegen. Das ist die deutlichste und überzeugendste Art, einen Kampf für sich zu entscheiden. Punktewertungen, gab es im Lethwei, nach dem alten Regelwerk, überhaupt nicht.

Die einzige Möglichkeit den Kampf zu gewinnen, bestand daraus den Gegner K.o. zu schlagen oder ihn zur Aufgabe zu motivieren, indem er nicht mehr kampffähig geschlagen wurde.

Mittlerweile hat man im Lethwei, ebenfalls eine Punktewertung eingeführt. Diese dient aber nur dazu, den Kampf entscheiden zu können, falls er über die volle Distanz, der 5 Runden geführt wurde.

Im Thaiboxen wird ein 10 Punktesystem verwendet, um die Kämpfe zu werten, wobei Tritte höher bewertet werden als Faustschläge.

Techniken

Lethwei erlaubt, im Gegensatz zum Thaiboxen, auch Kopfstöße. Diese werden in der mittleren und nahen Distanz erfolgreich eingesetzt und führen zu teilweise schweren Kopfverletzungen, mitunter bei beiden Kämpfern.

Würfe und Beinfegetechniken bzw. als solche gebrauchte Low Kicks, gibt es in beiden Kampfmethoden. Im Muay Thai sind Würfe auf den Clinch beschränkt. Lethwei, gestattet auch noch andere Techniken, um den Kontrahenten zu Boden zu werfen.

Lethwei und Muay Thai sind historisch eng verwandt. Die thailändischen Kampfkünste, haben, so der König des Lethwei –  Dave Leduc, ihren Ursprung in den Kampfmethoden Burmas. Das Burmesische Reich erstreckte sich vor Jahrhunderten, auch über Thailand. Auch kam es in der Geschichte immer wieder zu Kriegen und sportlichen Vergleichskämpfen zwischen den Völkern, sodass die Kampfkünste, sich naturgemäß gegenseitig beeinflussten.

Die Techniken des Lethwei und Muay Thai sind einander sehr ähnlich. Während allerdings im Muay Thai größere Schwerpunkte auf Tritte und Knietechniken gelegt werden, diese werden mit mehr Punkten bewertet, ist Lethwei mehr auf Handtechniken und Ellenbogen ausgerichtet.

Die Punktewertungen spielten im Lethwei historisch keine Rolle, da bis zum K.o. oder der Aufgabe eines der Kontrahenten gekämpft wurde. Nach modernen Regeln greift allerdings eine Punktewertung. Die ist aber nur von Bedeutung, wenn der Kampf über die volle Distanz (5 Runden) ging.

Das technische Niveau der Kämpfer

Das technische Niveau der Kämpfer, dürfte, so die allgemeine Einschätzung, im Muay Thai höher sein, als im Lethwei. Das liegt schon alleine daran, dass Thaiboxen viel weiter verbreitet ist und mehr Kämpfer existieren. Die Konkurrenz ist größer, die Notwendigkeit, die Trainings- und Kampfmethoden immer weiter zu verfeinern, ist höher.

Muay Thai - Thaiboxen

Da die Kämpfe im Lethwei, aufgrund der Regeln, der erlaubten Schutzausrüstung und Techniken, noch brutaler als im Muay Thai sind, ist der körperliche Schaden den die Kämpfer nehmen auch höher.

Das wiederum führt dazu, dass die Lethweikämpfer, weniger Kämpfe absolvieren und so gesehen, im Schnitt, über weniger Erfahrung verfügen.

Ein Abtasten des Gegners, wie es im Muay Thai in der ersten Runde, oft der Fall ist, gibt es im Lethwei nicht. Das oberste Ziel ist und war, so schnell als möglich die Entscheidung durch K.o. zu suchen.

Die Geschichte von Muay Thai und Lethwei

Die Ursprünge des Lethwei finden sich im Pyu Reich, im 2. Jh. vor Christus. Es wurde in Verbindung mit Waffen für kriegerische Zwecke und zur Selbstverteidigung genutzt.

Das Jahr 1560 wird als Geburtsstunde, des Muay Thai angesehen. Der in Gefangenschaft geratene siamesische König konnte sich in einem Zweikampf seine Freiheit wieder erstreiten.

Historisch und geografisch sind Lethwei und Muay Thai eng verwandt. Es wird angenommen, dass alte burmesische Kampfmethoden, die Saat für den thailändischen Nationalsport und diverse, allesamt sehr ähnliche Kampfmethoden, in der Region gelegt haben.

Vergleichskämpfe zwischen Lethwei und Muay Thai

Vergleichskämpfe zwischen Kämpfern beider Systeme, unter den Regeln des Muay Thai und des Lethwei, kamen zu gemischten Ergebnissen.

Während die Muay Thai Kämpfer anfangs, noch überrascht von der bedingungslosen Entschlossenheit der Lethwei Kämpfer, so etwas wie Abtasten der Gegner, gibt es da nicht, gewesen sein mögen, dürften sie mittlerweile wissen, was sie erwartet.

Die Kopfstöße, ungewohnt für Thaiboxer, brachten und bringen, viele Kämpfer aus dem Konzept. Das erinnert an die Kyokushin Karatekas, die bei Kämpfen mit Kickboxern, durch im Vollkontaktkarate, nicht regelkonforme Schläge zum Kopf, aus dem Konzept gebracht wurden, trotz ihrer Härte und kämpferischen Qualitäten.

Schlussendlich entscheiden aber immer, die individuellen kämpferischen Fähigkeiten der Kämpfer, die Tagesform und, selten aber doch, Glück über den Ausgang der Kämpfe.

Welche Kampfmethode ist besser?

Lethwei und Muay Thai sind einander so ähnlich, dass es viel mehr von Trainer, Lehrer und Schüler abhängt, als von der Kampfmethode selbst, wenn es um besser oder schlechter geht.

Für einen Straßenkampf, kann man argumentieren ist das Lethwei, besser geeignet. Sind in dem Kampfsport, doch mehr Techniken erlaubt und das von Beginn, im Kampf angestrebte Ziel, ist es den Gegner kampfunfähig zu machen.

Muay Thai ist weiter verbreitet, es ist viel einfacher eine gute Schule zu finden. Die Trainingsmethoden sind ausgeklügelt. Wird der Sport doch, auch in der westlichen Welt, schon seit Jahrzehnten betrieben und zunehmend zum Breitsport, trotz seiner Härte. Nicht jeder, der Muay Thai trainiert, nimmt an Wettkämpfen teil.

So dürfte das Muay Thai Training, sicherer sein, handelt es sich doch mittlerweile, um einen gut etablierten Vollkontaktsport.

Die Grenzen zu dem, was noch unter der Kategorie Sport anzusiedeln ist, werden beim Lethwei, definitiv scharf ausgelotet. In meinen Augen zumindest.

Unterschiede Lethwei/Muay Thai zum MMA

Verglichen mit den Mixed Martial Arts, die immer wieder als brutalster oder härtester Kampfsport bezeichnet werden, gibt es weder im Lethwei noch Muay Thai, Grappling. Es ist den Kämpfer nicht möglich, sich ins Ringen zu retten oder den Bodenkampf zu suchen, um einen besseren Standkämpfer zu neutralisieren.

Der Clinch, das gegenseitige Umklammern im Standkampf, existiert in allen 3 Kampfmethoden, wird aber sofort mit Knietechniken, Tritten (Beinfegern) und Würfen weitergeführt. Er eignet sich als, im Unterschied zum modernen Boxsport, nicht dazu, sich kurz auszuruhen.

All dies führt dazu, dass sich die Lethwei und Muay Thai Kämpfer, nicht regelkonform Schlagabtäuschen entziehen können. Der Unterlegene ist so gezwungen, härteste Treffe zu nehmen, bevor er K.o. geht oder den Kampf aufgibt.

Aus diesen Gründen ist das Verletzungsrisiko, gerade von schweren Gehirnerschütterungen und Verletzungen bei der thailändischen und burmesischen Kampfmethode, extrem hoch. Der Titel der härtesten und brutalsten Kampfsportart geht so ans Lethwei. Hier wird nur minimale Schutzausrüstung verwendet und das, als einzige Kampfmethode, Kopfstöße gestattet.

Fazit – die Unterschiede Lethwei – Muay Thai

Die eng miteinander verwandten Kampfsportarten, unterscheiden sich technisch wenig. Das Regelwerk, unter dem gekämpft wird, prägt aber die Kämpfe entscheidend.

Lethwei ist unbestritten, die noch brutalere Kampfmethode. Sie ist, meiner Meinung nach, hart an der Grenze, was an sportlichem Wettkampf, denkbar erscheint. Kopfstöße sind, in sonst keiner mir bekannten Kampfsportart erlaubt. Sie geben den Kämpfen, den Flair, einer wilden Straßenschlägerei.

Wobei das technische Niveau der Kämpfer im Lethwei, deutlich höher ist. Und die Kämpfer sich dem freiwillig aussetzen, ohne andere Unbeteiligte in Mitleidenschaft zu ziehen.

Lethwei in Deutschland und Österreich zu erlernen, dürfte sich als schwierig erweisen. Die Umstellung vom Thaiboxen auf Lethwei, dürfte sich allerdings nicht als sehr schwer erweisen.

Für mich ist Lethwei, jedenfalls ein Sport, dem ich ab und an zusehe, aber sicher keiner, den ich jemals als aktiver Wettkämpfer, in Betracht ziehen würde. Er ist mir einfach zu brutal. Aber das ist, wie so vieles, Geschmackssache.

Viel Spaß beim Training!

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