Die Frage, ob es sich überhaupt noch lohnt, mit Kampfsport zu beginnen, wird verblüffend oft gestellt. In allen Altersklassen! Wir gehen der Frage nach, ob noch Hoffnung besteht, oder ob du dich bereits zum Sterben hinlegen solltest und alles zu spät ist.
Zu alt für Kampfsport oder Kampfkunst bist du zu 99,9 % nicht. Du kannst diese Disziplinen bis ins hohe Alter betreiben. Manche Stile eignen sich dazu besser, andere weniger. Du kannst die Anforderungen aber immer an deine Bedürfnisse anpassen. Kampfsport ist für dich da, nicht umgekehrt!
Viele Interessierte liegen ganz offenbar dem Irrglauben auf, dass Kampfsport oder Kampfkunst in erster Linie nur etwas für junge, sehr fitte Menschen ist. Nichts könnte mehr von der Wahrheit entfernt sein. Warum das so ist und welche Einschränkungen es im Alter geben kann, sehen wir uns jetzt genauer an.
Wann wird das Alter zum Problem im Kampfsport?
Die Frage, ob man denn nicht schon zu alt sei, um mit Kampfsport zu beginnen, wird schon von 20-Jährigen gestellt und taucht so gut wie in allen Altersklassen auf.
Wenn es um Leistungs- oder Hochleistungssport geht, hat die Frage in jungen Jahren durchaus ihre Berechtigung. Wer also die Absicht hat Weltmeister zu werden und in seinen zwanzigern beginnt zu trainieren, für den stehen die Chancen nicht optimal. Für Ausnahmetalente ist aber selbst das noch möglich, wie Schwergewichtsboxer Deytona Wilder, der erst in seinen Zwanzigern mit dem Boxsport begann, bewiesen hat.
Ansonsten gilt:
Alt ist, wer sich alt fühlt!
Es gibt derart viele Angebote an Kampfkünsten und Kampfsportarten, dass wirklich für jeden halbwegs gesunden Menschen etwas dabei ist. Du musst weder im Vollkontakt antreten, noch zum Artisten werden, um für dich gewinnbringend zu trainieren und Spaß zu haben.
Im Zweifelsfall ist eine ärztliche Untersuchung angeraten, vor allem dann, wenn du älter bist und längere Zeit keinen Sport betrieben hast. Das rät ohnehin der gesunde Hausverstand.
Aber auch für körperlich eingeschränkte Menschen gibt es Kampfkünste, die sie sicher auf ihrem körperlichen Level betreiben können.
Tai-Chi ist nicht nur für körperlich eingeschränkte Menschen eine tolle Kampfkunst, die beweglich und fit hält. Diese Kampfkunst wird oft bis in die 90er betrieben.
Zu alt für Leistung- und Hochleistungssport?
Du bist 18+ und fragst dich, ob es denn noch möglich ist im Leistungssport als Spätanfänger erfolgreich zu werden. Definitiv ja. Im Idealfall bist du ein sportlicher Typ und hast Erfahrungen in anderen Sportarten. Die Koordinationsfähigkeit und Fitness kannst du definitiv in den Kampfsport mitnehmen. Du wirst neue Bewegungsmuster und Techniken schnell lernen.
Den Faktor Erfahrung kannst du nur mit viel Training wettmachen. Er wird über längere Zeit, dein größtes Problem sein, weil es hier schlicht und einfach keine Abkürzungen gibt und Erfahrungen aus anderen Sportarten, kaum übertragbar sein werden. Du musst also entsprechend zielgerichtet und viel trainieren.
Die körperliche Leistungsfähigkeit nimmt ab dem fünfundzwanzigsten Lebensjahr kontinuierlich ab. Es ist aber ein Irrglaube anzunehmen, mit 30, 35 wäre das schon deutlich spürbar. Das ist es für die Allerwenigsten. Dazu müsstest du dein ganzes Sportlerleben über in Topform gewesen sein, um hier Unterschiede zu bemerken. Ansonsten gilt, durch kluges Training wirst du auch, wenn du älter wirst, leistungsfähiger sein als in jüngeren Jahren.
Gerade in den schwereren Gewichtsklassen sind die Kampfsportler oft in die 40er hinein noch sehr erfolgreich.
George Foreman wurde mit 45 Jahren noch einmal Weltmeister im Schwergewicht.
Aber auch im Kraft und Ausdauersport wird die Weltspitze älter und ist vielfach in den oberen 30ern und älter. In späteren Jahren einzusteigen, kann aber auch Vorteile haben. In manchen Vollkontakt Kampfsportarten, im Muay Thai zum Beispiel, entstehen durch Wettkämpfe und Training häufig Abnutzungserscheinungen. In Thailand hören deshalb viele Thai Boxer wieder um das 25 Lebensjahr wieder auf. Sie haben von klein auf extrem viel und hart trainiert, oft hunderte Kämpfe hinter sich und gehören dann schon zum alten Eisen.
Kampfsport mit 30
Selbst hier kannst du es, mit einer sportlichen Vorgeschichte, noch in Wettkämpfen zu etwas bringen. Auf höchstem Niveau wirst du allerdings nicht mehr mithalten können. Dazu hast du einfach zu wenig Erfahrung und nach fünf bis zehn Jahren Training wirst du körperlich einfach nicht mehr mit Sportlern in ihren Zwanzigern mithalten können, die vergleichbar viel Wettkampf- und Trainingserfahrung haben. Im Amateurboxen gibt es zudem ein Alterslimit.
Mit 33 ist zumindest in Österreich, sogar mit Sondergenehmigung dann offiziell Schluss. Das dient der Sicherheit der Sportler. Im Bereich des Profiboxens gibt es diese Altersgrenze allerdings nicht. Du kannst also, wenn du medizinisch fit bist, durchaus noch an Wettkämpfen teilnehmen, wenn du das möchtest.
Kampfsport mit 40, 50 und darüber
Wenn du das ärztliche OK hast, spricht viel dafür und nichts dagegen. Die Auswahl an Kampfsportarten und Kampfkünsten ist derart groß, dass für jeden etwas dabei ist.
Unabhängig vom Fitnesslevel.
Kein vernünftiger Trainer wird es darauf anlegen, dich im Training zum Kollabieren zu bringen, weil du noch nicht so fit bist, wie du sein wirst, wenn du dranbleibst. Du fängst ja auch nicht mit 150 kg im Bankdrücken an, wenn du nur 70 kg drücken kannst? Jüngere übrigens auch nicht.
Ich bin fest überzeugt davon, dass gerade Kampfsportarten und Kampfkünste helfen, länger jung zu bleiben. Die Anforderungen im Training sind nämlich sehr vielschichtig, wie nur bei wenigen Sportarten. Alle konditionellen Fähigkeiten werden gefordert. Du verbesserst deine koordinativen Fähigkeiten, deine Schnelligkeit, Reaktionsfähigkeit, Ausdauer, Gleichgewicht und Kraft.
Das Schöne daran:
Jeder macht das auf seinem Level. Zu langsam, unkoordiniert, schwach, etc. gibt es nicht. Du baust deine Fähigkeiten kontinuierlich auf, abhängig von deinem aktuellen Niveau.
Welche Kampfsportarten eignen sich besonders für ältere Menschen?
Ab einem gewissen Alter beginnen die Zipperlein. Du spürst eventuell alte Verletzungen, Abnützungserscheinungen oder gewisse Bewegungseinschränkungen. Das ist normal und das bringt das Leben nun mal mit sich. Die Alternative jung zu sterben ist auch keine erstrebenswerte Lösung dieses Problems. Schon gar keine Lösung ist sich selbst als zu alt zu erklären und in relativ jungen Jahren zu vergreisen.
Die Einstellung ist nicht nur unsportlich, sondern wird sich in späteren Lebensjahren massiv negativ auswirken. Wer schon in relativ jungen Jahren unfit ist, wird im Alter noch schneller abbauen. Das bedeutet dann weniger Lebensqualität, Abhängigkeit von anderen und eine höhere Sterbewahrscheinlichkeit.
Das solltest du dir wirklich bewusst machen. Gerade in Zeiten, wie diesen, in denen Seniorenkurse für Menschen ab 50 angeboten werden und viele sich mit 40 richtig alt fühlen. Ist das nicht etwas verfrüht, bei der aktuellen Lebenserwartung? Willst du einen guten Teil deines Lebens damit verbringen, dich alt zu fühlen?
Ich kenne mehrere Sportler mit 60+, die fitter sind als der durchschnittliche Dreißigjährige und selbst in Sportarten wie dem Boxen, noch die eine oder andere Runde mit jungen Leistungssportlern mitgehen können. Die körperliche Leistungsfähigkeit lässt ab einem gewissen Alter klarerweise spürbar nach.
Das Alter bringt aber auch Wissen und Erfahrung mit sich.
Wer also als Kampfsportler und Kampfkünstler klug trainiert hat und nicht auf körperliche Fähigkeiten, sondern Strategie, Taktik und Technik gesetzt hat, wird lange ein verblüffend hohes Niveau halten können.
Auch wenn die Sportwissenschaft festgestellt hat, wie sehr Kraft, Schnelligkeit, Reaktionszeit und andere Faktoren im Alter nachlassen. Die Erfahrung zeigt, dass es in der Praxis nicht so dramatisch sein muss, wie in der Theorie.
Mit dem richtigen Training kannst du über lange Zeit, durchaus jüngere alt aussehen lassen. Ich habe das selbst mehrmals erlebt. Da war ich 30 Jahre jünger, aber im Vergleich sah es für mich düster aus. Merke, auch Boxer deutlich über 60 können gefährlich sein. 😉
Hier ein Video, das im Internet viral gegangen ist und zeigt, was Erfahrung und Können ausmachen.
Gesundheitsrisiken vermeiden – Kampfsport 50 plus
Grundsätzlich werden viele Kampfkünste schon altersgerecht angeboten und von guten Trainern dem jeweiligen Fitnesslevel angepasst. Kampfsportarten, die hohe Beweglichkeit erfordern, sind in späteren Lebensjahren nicht die optimale Wahl. Da aber der Spaß im Vordergrund stehen sollte, spricht nichts dagegen auch seine solche unter dem richtigen Trainer auszuüben.
Karate, Tae Kwon do, Shaolin Kung-Fu wären aber für mich persönlich nicht die erste Wahl. Sie erfordern einfach ein hohes Maß an artistischen Fähigkeiten und Beweglichkeit. Denke an Sprungtritte, Überschläge und ähnliche Techniken. Nichtsdestotrotz können diese Kampfsportarten bis ins hohe Alter betrieben werden. Was zeigt, wie fit man bleiben kann und wie man die Kampfkunst an seine eigenen Möglichkeiten anpassen kann und auch sollte.
Vollkontaktsportarten können in dieser Altersgruppe durchaus noch betrieben werden. Das stellt aber eher die Ausnahme als die Regel dar. Ich würde den allermeisten, die in höherem Alter mit dem Gedanken spielen, abraten. Das bedeutet aber nicht, dass eine Teilnahme am Training nicht möglich ist, aber Wettkämpfe und hartes Sparring für Neueinsteiger in der Altersklasse sicherlich nicht besonders klug ist.
Die Verletzungsgefahr steigt im Alter einfach an und das Abheilen von Verletzungen und Wehwehchen dauert deutlich länger. Die Gefahr durch harte Schläge auf den Kopf einen Aneurysma Riss, eine Ausbeulung in einem Blutgefäß, verbunden mit einem Riss zu erleiden, steigt signifikant an. Das ist einer der Hauptgründe für das sehr niedere Alterslimit im Amateurboxen.
Es gibt aber eine Vielzahl von Kampfkünsten, die mit wenig oder gar keinem Körperkontakt auskommen. Zu diesen zählen oft die sogenannten, inneren – weichen Systeme, die mit der gegnerischen Kraft arbeiten und nicht danach streben, Kraft gegen Kraft einzusetzen. Dazu zählen unter anderen das japanische Aikido und das chinesische Tai-Chi.
Aber auch sogenannte äußere, harte Kampfsysteme, wie das Karate können bis ins hohe Alter betrieben werden. Es gibt eine Vielzahl an Karate Stilen, unter denen sich auch für ältere Menschen passende Strukturen entwickelt haben. Auch gibt es schon viele Gruppen, die sich auf ältere Teilnehmer spezialisiert haben. Berührungsängste oder gar die Angst verprügelt oder zum Kämpfen gezwungen zu werden muss hier niemand haben.
Fazit – Zu alt, um noch mit Kampfsport zu beginnen?
- Kampfsportarten und Kampfkünste sind für die Menschen da nicht umgekehrt.
- Jeder kann seinem Leistungsvermögen und seinen Vorlieben entsprechend die passende Kampfkunst finden.
- Das Training ist äußerst vielseitig und hält länger jung und fit.
- In vielen Gruppen wird gründlichem Aufwärmen und der Verbesserung der Beweglichkeit viel Aufmerksamkeit gewidmet. Ein grundlegendes Niveau an funktioneller Kraft wird im Training ebenfalls entwickelt.
Es ist einen Versuch wert!
Viel Spaß beim Training!