Escrima-Warum zur Selbstverteidigung mit Waffen trainieren?


Warum mit Waffen trainieren?

Wer an Selbstverteidigungstraining denkt, denkt fast immer an waffenlose Selbstverteidigung, selbst wenn von bewaffneten Angreifern ausgegangen wird. Warum das ein entscheidender Fehler ist, auch wenn du selbst nicht vorhast, Waffen oder Gegenstände im Notfall, zum Selbstschutz einzusetzen, sehen wir uns in dem Beitrag genau an.

Das Training mit Waffen, bzw. Alltagsgegenständen, die als im Selbstverteidigungsfall als Waffen verwendet werden können, schult einzigartige Qualitäten und Fähigkeiten. Wer mit Waffen trainiert, kann die Bedrohungen durch sie, realistischer einschätzen und sich notfalls besser verteidigen.

Die philippinischen Kampfkünste (Kali/Arnis/Escrima) sind auf Waffen basierende Systeme, die, besonders für den Notfall, wichtige Fähigkeiten, vermitteln und trainieren.

Beitrag: Die philippinischen Kampfkünste, vielschichtig und effektiv!

Warum solltest du überhaupt mit Waffen trainieren?

Lerne durch das Training mit und gegen Waffen, die Bedrohungen, die von bewaffneten Angriffen ausgehen, richtig einzuschätzen.

Experten

Waffenabwehr, ohne selbst mit Waffen zu trainieren, führt zu unrealistischem Training!

Ich habe dies oft, selbst bei anerkannten Experten, gesehen.
Diverse YouTube Kanäle bieten da leider eine Fülle von Anschauungsmöglichkeiten.
Es sind durchaus kompetente Leute in ihrem Bereich dabei, die gutes Wissen vermitteln.

Leider haben einige, aber einen blinden Fleck in ihren Wahrnehmungen, was Waffen angeht und propagieren dann Selbstmordtechniken.

Ein Beispiel:

Eine Vorgehensweise die gegen einem Stockangriff sinnvoll sein kann, kann bei einer Klingenbedrohung zum klassischen und Leben beendendem finalen Eigentor werden.

Ganz besondere „Experten“

„Eye Jab (Angriff auf die Augen) – Kampf vorbei!“

Bekannter YouTube „Experte“

Möglicherweise – möglicherweise auch nicht. Wie wäre es damit, sich zusätzlich aus der Angriffslinie des schwereren Gegners zu bewegen und nach zusichern? Also Hände hoch, um den Kopf zu schützen, falls da noch was kommt. Ein Folgeangriff möglicherweise? Könnte hilfreich sein?

Hilfreicher als Zustimmung heischende Blicke beim gläubigen Publikum….

Was passiert mit einer auf diese Art trainierten Person im Ernstfall?

Oft fehlt grundlegendes Verständnis, was den Unterschied zwischen Klingen und Stumpfwaffen angeht.

Warum diese Kritik? Nun, wir reden über Notlagen und lebensrettende Maßnahmen. Jeder Fehler und jede Falschinformation erhöhen die Risiken. Man muss nicht alles wissen, aber man sollte nur Inhalte lehren, die man beherrscht.

An dieser Stelle zur Klarstellung – Warum also mit Waffen trainieren?

Ich propagiere ausdrücklich, Waffen nur im äußersten Notfall, gesetzeskonform und gezielt einzusetzen.

Aber so wie Polizisten mit ihren Schusswaffen und Einsatzstöcken trainieren, gehört es zu einem sinnvollen Selbstschutztraining, sich mit der Waffenproblematik auseinanderzusetzen.

Alleine schon deshalb, um eine vernünftige Risikoabschätzung vornehmen zu können.

Logische Konsequenzen der hohen Risiken durch Waffenbedrohungen

Vorausschauendes Handeln im Alltag

Wie du gar nicht erst in verfängliche Situationen kommst.

  • Du senkst Risiken durch überlegtes Alltagsverhalten.
  • Wo bewegst du dich wann?
  • Ist es sicherer, andere Wege zu nehmen?
  • Spät abends ein Taxi zu benutzen?
  • Sich abholen zu lassen?
  • In Gruppen auszugehen?

Aufmerksamkeit

  • Behalte deine Umwelt im Auge.
  • Verzichte auf Ablenkungen wie Kopfhörer und den Dauerblick aufs Handy.
  • Du kannst Auslagen und Scheiben nutzen, um dir unauffällig einen Rundumblick zu verschaffen.

Achte auf deine Körpersprache

  • Kopf hoch, Brust raus – vermeide hektische Bewegungen.
  • Bahnen sich problematische Situationen an, versuche dich zu entziehen, bevor du in die engere Wahl potenzieller Übeltäter kommst.

Deeskaliere, wenn möglich!

Vermögen kann man ersetzen, Leben nicht.
Entziehe dich schnellstmöglich der Situation.

Hast du keine Wahl mehr, kämpfe!

Es ist in Deutschland und Österreich notwehrrechtlich gedeckt, einem unmittelbar bevorstehendem Angriff zuvorzukommen.
(Rechtsgrundlage)
Das musst du trainieren!

So geht das SEK (Sondereinsatzkommando der Polizei) gegen Messerbedrohungen vor!

Die Profis des SEK, schicken auch keinen ungeschützten Spezialisten mit dem Auftrag, dem Verbrecher mal sein Messer – „Spielzeug“ wegzunehmen, rein. Sie nutzen Kettenhemden. Das sollte uns zu denken geben.

Klar ist – im Fall des Falles musst du dich aggressiv wehren, um deine Chancen zu wahren.
Das hier im Detail auszuführen, würde aus mehreren Gründen zu weit führen.
Weder ist das durch das geschriebene Wort vermittelbar, noch mit gutem Gewissen öffentlich zu machen.

Die wesentlichste und beste Information in diesem Zusammenhang hast du schon bekommen.
Passe dein Verhalten an, um nie in eine solche Situation zu kommen.

Möglicherweise ein banaler Ratschlag, nichtsdestotrotz der beste, den man geben kann.
Die ETF bietet in ihren Street Safety Seminaren wertvolles, praxisrelevantes Wissen an.

Was in einem Land legal und illegal ist, regelt der Gesetzgeber. Hier lohnt es sich über die aktuelle Gesetzeslage zu informieren.
Manche Klingen sind per Legaldefinition (Definition des Gesetzgebers) als Werkzeuge, andere als Waffen definiert.
Der Gesetzgeber entscheidet über Besitz und Führungsverbote.

Waffen –  zur Rechtslage in der BRD und Österreich

So sind in der BRD derzeit Messer mit feststehender Klinge und einer Klingenlänge bis 12 cm legal zu führen.

Aber Achtung: für Waffenverbotszonen gilt das nicht. Für Einhandmesser (Klappmesser, die einhändig zu öffnen sind) gilt ein Führverbot.
Messer mit doppelseitig angeschliffenen Klingen sind verboten.

Beitrag: Sind Messer zur Selbstverteidigung geeignet? Pros und Cons!

Genauere Infos:
https://www.drschmitz.de/deutsches-waffenrecht/du-sollst-keine-messer-fuehren/

Während ich diesen Beitrag verfasse, wurden in der Politik (BRD) wieder Stimmen laut, Messer in der Öffentlichkeit ganz zu verbieten.

Andere plädieren dafür, die erlaubte Klingenlänge von 12 auf 6 cm zu reduzieren.

In Österreich ist das Waffengesetz derzeit weniger streng.

Generell herrscht aber die Tendenz, aufgrund der steigenden Zahl von einschlägigen Straftaten, die Gesetzeslage zu verschärfen.

Schusswaffen

  • Schusswaffen sind Distanzwaffen, unterschiedlicher Durchschlagskraft.
  • Abhängig von Waffe, Kaliber und Trefferbereich muss die sofortige Mannstoppwirkung absolut nicht gegeben sein.
  • Der Angreifer bleibt mitunter weiter gefährlich, selbst mit tödlichen Verletzungen.

Übertragbarkeit des Trainings auf die Verwendung von Alltagsgegenständen

Selbstverständlich können die im Training mit Waffen erlernten Fähigkeiten im Notfall auch auf Alltagsgegenstände übertragen werden.

Siehe dazu: §3 Strafgesetzbuch – Notwehr (Aut)

Wir können grob in Gegenstände unterteilen, die als Waffen konzipiert wurden.

  1. Wir können grob in Gegenstände unterteilen, die als Waffen konzipiert wurden. Schusswaffen, Elektroschocker, Pfefferspray etc…
  2. Gegenstände, die auch für taktische Einsätze entworfen wurden (zum Beispiel die Tactical Pen (ein besonders massiver Kugelschreiber) und der Selbstverteidigungsschirm)
  3. Oder aber Alltagsgegenstände, die gegebenenfalls als Waffe zweckentfremdet werden können. Viele Stabtaschenlampen fallen in diese Kategorie.

Was zu führen juristisch unverfänglicher ist, muss jeder für sich selbst entscheiden.

Schlachtfeldstrategien – Relevanz althergebrachter Konzepte in der Moderne

Alte überlieferte Schlachtfeldtaktiken liefern auch heute brauchbares Know-how, für Szenarien mit und ohne Waffen. Beispielsweise für die Polizei, bei der Aufstandsbekämpfung, Sicherung von Zonen und der Trennung verfeindeter Gruppen bei Demonstrationen.

  • Einsatz von Schild und Stock.
  • Die Bildung und das Vorgehen in Formationen.
  • Strategisches und taktisches Vorgehen.
  • ETF Consult

Waffenlose Selbstverteidigung – der Schwerpunkt des SV Trainings unserer Vorfahren?

Der Sinn von Waffen, war und ist, körperliche bzw. numerische Unterlegenheit, auszugleichen.
Sich Reichweitenvorteile zu verschaffen bzw. einen Vorteil über den Gegner zu erlangen.

Waffenloser Kampf hatte nur Bedeutung, wenn die Waffe verloren ging, oder noch nicht gezogen werden konnte.

Die Entwicklung heutzutage scheint auch in Europa leider wieder in diese Richtung zu deuten.
Das solltest du dir bewusst machen.

Warum Fechttraining so unglaublich wertvoll sein kann (auch fürs Waffenlose)

Grundsätzlich unterscheidet sich das Fechttraining im Escrima vom Sportfechten in vielen Aspekten.
Wir bewegen uns nicht online – gerade vor und zurück, sondern nutzen den zur Verfügung stehenden Raum, bewegen uns in die Flanke.

Wie es auch gute Boxer machen, suchen wir nach vorteilhaften Angriffswinkeln zum Gegner.
Damit steht die Positionierung zum Gegner in Zusammenhang.

You have to learn to stand before you walk.

Da wir unterschiedliche Hiebwaffen benutzen, sind wir gezwungen Distanzen sehr schnell und korrekt abzuschätzen.

Warum mit langen Klingen trainieren? Wer hat heutzutage noch einen Säbel dabei?

Nun, wer einen Säbel richtig führen kann, kann das auch mit jeder kürzeren und leichteren Waffe.

Der Umkehrschluss gilt nicht!

Ein Bekannter hat tatsächlich seinen Blücher Säbel abgeschnitten, weil er ihm zu schwer war.
Er hatte keine Idee, wie dieser zu führen ist.
http://www.zietenhusar.wg.am/bluchersabel/

„Natürlich gibt es auch die hohe Schule des Hiebfechtens – späterhin wird es zum reinen Strategiegefecht. Raffinierte Hieb- und Schrittmanöver, sowie hundert Prozent Haltung und Kalkül, machen den Könner aus. Anders als beim ‚weißen Fechtsport’ bewegen wir uns auf einer quadratischen Fläche, kämpfen sehr viel variantenreicher.“  Bernd Schubert
http://etfconsult.de/de-campo-hiebfechten/

„We are not stick fighters – we are people fighters.“ Bill Newman

Anmerkung: Im Training verwenden wir aus Sicherheitsgründen unterschiedlich lange Stöcke, die je nach Szenario Stumpfwaffe oder Klinge darstellen.

Die Übertragbarkeit ins waffenlose Training – Was Boxen und Fechten gemein haben

James Figg, der auch als Vater des modernen Boxens bezeichnet wird, war Fechtlehrer.
Die ersten Boxlehrer kamen aus dem Fechten!
Die Waffen wurden im Ring noch gezeigt und dann abgegeben.

Die Körpermechanik wird durch Waffentraining besonders geschult!

Das Training mit langen und schweren Waffen führt dazu, dass du lernst, die Waffe aus dem Körper herauszubewegen. Die Körpermechanik wird geschult.

  • Die Waffe wird sozusagen ein Teil von dir und ist kein Anhängsel an deiner Hand mehr.
  • Du lernst, dich ökonomisch zu bewegen.
  • Du generierst Kraft aus den Beinen und dem Oberkörper, weniger aus den Armen.
  • Die sogenannte Schwungraumausnutzungsenergie über die Fig. 8 und U-Schwünge wird entwickelt.
  • Diese Bewegungsmuster finden sich auch im waffenlosen Training wieder und ermöglichen es über kurze Wege die sogenannte short power zu generieren. Kraftvolle Aktionen mit einem Minimum an Ausholbewegungen.


Das Tolle dran:
Kurze Ausholbewegungen sind schnell und ermöglichen es Könnern unberechenbar zu schlagen und ganze Serien aus unterschiedlichen Winkeln in kurzer Zeit loszulassen.

Waffenverbote – Der gesellschaftliche Aspekt

Sind Waffenverbote die Lösung, um die ausufernde Gewalt unter Kontrolle zu bekommen?
(siehe Vorgängerartikel Statistik der Messerattacken)

Hier sollte man sich die grundlegende Frage stellen – Wer wird sich an diese Verbote halten, wer nicht?
Kriminellen wird es egal sein.
Rechtstreue Bürger hingegen werden unter Generalverdacht gestellt und kriminalisiert.

Das ist die Meinung der deutschen Polizeigewerkschaft.

Beispiel: Messerangriffe in London
https://www.welt.de/vermischtes/article175136076/Messerangriffe-in-London-Statistik-zeigt-schockierende-Entwicklung.html
Dazu muss man wissen.
Das Waffengesetz in London ist eines der strengsten weltweit.

Finale These – die less often!

Geht es um Selbstverteidigung, ist das Training mit Waffen, für das Verständnis, deren Handhabung und Gefahrenpotential, unerlässlich!

Waffentraining zum besseren Verständnis der Problematik

Es ist ebenso unerlässlich dafür, sich mögliche Gefahren bewusst zu machen und sein Alltagsverhalten dementsprechend anzupassen.

Sich zu überlegen, wie man Risiken reduzieren kann und nicht in gefährliche Situationen zu kommen.
Die Aufmerksamkeit zu schulen und sich Gefahren zu entziehen, so das möglich ist.
Im Falle einer Konfrontation erhöht man seine Überlebenschancen durch sinnvolles Training.

Marc Denny, ein bekannter amerikanischer FMA (Filipino Martial Arts) Instructor, hat eine DVD Serie zur Messerproblematik produziert.
Bezeichnender Titel: Die less often, oder stirb weniger oft!

Disclaimer

Zur aktuellen Gesetzeslage in deiner Heimat informiere dich bitte selbst.
Keine Gewähr auf die oben mit bestem Wissen und Gewissen angeführten Informationen zur aktuellen Gesetzeslage.

Viel Spaß beim Training!

PS: Dieser alte Beitrag von mir, nicht ganz einfach zu lesen, ist inhaltlich, meiner Meinung nach so wertvoll, dass ich mich entschieden habe ihn, auch auf Eleleu zu veröffentlichen.

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