Kampfsportler, sind, nehmen sie ihren Sport ernst, bekanntermaßen gut durchtrainiert. Der Anblick der muskulösen, gut definierten Sportler, verleitet aber viele Betrachter, immer wieder zu Fehlannahmen, was Muskelaufbau, das Kampfsporttraining und die Zielsetzung des Trainings anbelangt.
So wird oft zwischen Krafttraining, Bodybuilding und zielgerichtetem Kampfsporttraining, nur sehr unzureichend unterschieden. Dabei sind die Zielsetzungen in den verschiedenen Sportarten völlig andere.
Kampfsportlern, dient Krafttraining, ausschließlich der Leistungssteigerung. Ihre Muskeln erfüllen den Zweck, effektiver kämpfen zu können. Während beim Bodybuilding, das Aussehen und die Größe und Proportionierung der Muskulatur, das Ziel ist, geht es beim Krafttraining, rein darum stärker zu werden.
Für Kampfsportler stellt Muskelaufbau, das sogenannte Hypertrophietraining ein untergeordnetes Ziel dar, sieht man von besonderen Fällen ab, wenn es darum geht in höhere Gewichtsklassen zu wechseln oder nach Verletzungen wieder in Form zu kommen.
Form follows function!
Die äußere Erscheinung folgt der Funktion. Der auf bestimmte Leistungen, Techniken und Aktionen trainierte Körper passt sich den an ihn gestellten Anforderungen muskulär an. Nicht umgekehrt. Muskelaufbau, um des Muskelaufbaus willen, ist Ziel im Bodybuilding. Für Kampfsportler bringt eine solche Vorgehensweise eher Nachteile als Vorteile.
Im Englischen gibt es einen Spruch dafür:
Looks like Tarzan – Plays like Jane! (Sieht aus, wie Tarzan – spielt aber wie Jane!)
Der Denkfehler, dafür zu trainieren, möglichst gut – (Markus Rühl, Profibodybuilder, würde vermutlich sagen – hübsch auszusehen) – und zeitgleich im Kampfsport optimale Leistung zu bringen, ist weit verbreitet und hält sich hartnäckig.
Muskelaufbau im Boxen, Kickboxen und Karate
Untrainierte oder wenig trainierte Kampfsportanfänger werden mit hoher Wahrscheinlichkeit in den ersten Wochen und Monaten, durch das Training ein gewisses Maß an funktioneller Muskulatur aufbauen. Diese Muskulatur wird vom Körper auch ohne spezielles Krafttraining aufgebaut. Er passt sich den neuen, ungewohnten Bewegungen an.
Tiefe Stellungen im Karate, wie sie im Kihon der Grundschule geübt werden, entwickeln beispielsweise die Beinmuskulatur sehr stark. Boxer und Kickboxer werden stärkere, ausdauernde Schultermuskeln aufbauen, die es ihnen erlauben über längere Zeit und härter zu schlagen.
Die spezifische Gymnastik in den jeweiligen Kampfsportarten und ein mäßig intensives Krafttraining, das meist aus Körpergewichtsübungen, einen Teil des regulären Trainings darstellt, tun den Rest. Die Kraftübungen sind in diesen Fällen, eher auf Kraftausdauer und Explosivität, bzw. Schnellkraft ausgelegt, als auf Muskelaufbau.
Dieses schon recht umfassende Kampfsporttraining, sorgt neben einem mäßigen Muskelaufbau, fast immer für einen geringeren Körperfettanteil und damit einen trainierten, relativ muskulös wirkenden Körper.
Ein sinnvolles Kampfsporttraining, ist unabhängig von der jeweiligen Sportart, auf die Bewegungs- und Technikoptimierung ausgelegt. Das geschieht durch das Training von Muskelketten. Ganze Muskelgruppen, arbeiten ja bei der Ausführung von Schlägen, Tritten und Würfen zusammen.
Umso besser die Koordination, der involvierten Muskeln untereinander (Intermuskuläre Koordination) und die Optimierung des Kraftoutputs, des einzelnen Muskels (intramuskuläre Koordination), umso besser und effektiver die trainierte Technik.
Isolationsübungen, eingelenkige Übungen, wie sie im Bodybuilding verbreitet sind, wenn es darum geht, „hübsch auszusehen“, bzw. das Gesamtkunstwerk Körper, besser zu proportionieren, haben für Kampfsportler, sieht man vom Reha Bereich ab, keinen Wert.
Wann ist Muskelaufbau (Hypertrophietraining) für Kampfsportler sinnvoll?
Muskelaufbautraining für Kampfsportler, im Sinne von Hypertrophietraining, der klassische Wiederholungsbereich befindet sich zwischen 8 – 12 Wiederholungen, wird in erster Linie dann benötigt, wenn des darum geht in höhere Gewichtsklassen zu wechseln. Auch für Anfänger kann es sinnvoll sein.
Anfänger, denen es darum geht ein gewisses muskuläres Niveau zu erreichen und Fortgeschrittene, die in der wettkampffreien Zeit, an Gewicht zulegen wollen, sind jene Zielgruppen, die für den Kampfsport, ganz gezielt Muskelaufbau trainieren können.
In dem Zusammenhang spricht man im Englischen von „Body Armor“. Der Begriff, der eigentlich Körperschutz, wie Stich- und Splitterschutzwesten, aus dem taktischen Bereich bezeichnet, meint Muskulatur, als Schutzpanzer, in Kontaktsportarten.
Ein zu viel an Muskelmasse, bringt von einem höheren Kraftpotential abgesehen, auch Nachteile:
- Die Muskulatur, muss mit Sauerstoff versorgt werden. Übergroße Muskeln, die stärker und voluminöser sind, als sie für den Kampfsportler, sein müssten, verschlechtern die Ausdauer.
- Sie schränkt ebenfalls, die Beweglichkeit ein. Denk an den Bodybuilder, der sich nicht mehr am Rücken kratzen kann. Für Kampfsportler, denke an Ringer oder MMAler, sind derartige Bewegungseinschränkungen, fatal.
Wichtig: Ein großes Muskelvolumen, bedeutet nicht zwangsläufig mehr Kraft, auch wenn Muskelmasse und Kraftfähigkeit korrelieren.
Die Technik, der Bewegungsausführungen und die Art des Krafttrainings, spielen diesbezüglich ganz wesentliche Rollen.
Welche Art von Krafttraining für Kampfsportler?
Für Kampfsportler ist Muskelaufbau, nicht die Priorität im Krafttraining. Wesentlicher ist das Training der Maximalkraft und der Kraftausdauer. Hohe Maximalkraft, verbessert die Schnellkraft und Explosivität, Kraftausdauer ermöglicht den Sportlern, länger ermüdungsfrei durchzuhalten.
Wesentlich ist zu verstehen, dass sowohl Kraftausdauertraining als auch Maximalkrafttraining, durchaus zu Muskelaufbau führen können. Im Unterschied zum Hypertrophietraining, dem klassischen Muskelaufbautraining, handelt es sich dabei um einen Nebeneffekt. Muskelaufbau, ist ja nicht das vorrangige Ziel.
Maximalkrafttraining, das Bewegen von hohen Widerständen, ermöglicht es, das Kraftpotential, der Muskulatur, auszureizen, ohne dabei signifikant an Muskelmasse zuzulegen. Warum ein zu viel an Muskelmasse kontraproduktiv sein kann, haben wir oben definiert.
Maximalkraft, wird mit hohen Widerständen, wenigen Wiederholungen und langen Pausen zwischen den Sätzen trainiert. Diese Art des Trainings beansprucht, ganz besonders das zentrale Nervensystem.
Kraftausdauertraining ist eine weitere Qualität, die Kampfsportler besonders trainieren und trainieren sollten. Dabei geht es um die Fähigkeit, möglichst lange „frisch“ zu bleiben, die Ermüdungswiderstandsfähigkeit, besonders geforderter Muskelgruppen.
Kraftausdauer wird in einem Wiederholungsbereich von 15 und mehr Wiederholungen trainiert. Viele Wiederholungen, kurze Pausen und wenige Sätze, ist die gängigste Art sie zu trainieren.
Denke beispielsweise an die Schultermuskulatur, bei den schlagenden Kampfsportarten. Wer nicht mehr in der Lage ist im Boxen oder Kickboxen, seine Deckung oben zu halten und nicht mehr die Kraft hat viel und hart zu schlagen, ist schlecht beraten.
Mike Tyson, der in seiner Blütezeit, technisch und körperlich in extrem guter Verfassung war, hat immer wieder „Pausen“ in seinen Kämpfen eingelegt, um seine Schultermuskulatur kurzfristig zu entlasten. Er tat das, indem er seine Deckung, bewusst und kaum merklich abgesenkt hat. Die Strategie hat er mit seinem Trainier Cus D Àmato ganz bewusst eingesetzt.
Mike Tyson, war auch bekannt für seine Vorliebe für Körpergewichtsübungen, wenn es um das Krafttraining ging. Tyson hat mehrere hundert Liegestütze, Kniebeugen und Situps, über den Tag verteilt ausgeführt und so seine Kraftausdauer geübt.
Wie sieht ein typischer Krafttrainingsplan für Kampfsportler aus?
Ein sinnvoller Krafttrainingsplan, für Kampfsportler, umfasst mehr gelenkige Grundübungen und wird meistens in Form eines Ganzkörpertrainings, 1 bis 3 Mal pro Woche, durchgeführt. Hanteln, Körpergewichtsübungen und Kugelhanteln, eignen sich dafür besonders gut.
Krafttraining ist im Kampfsport nie Selbstzweck. Es geht ausschließlich um die Leistungsverbesserung, nicht um das Aussehen. Eine funktionelle, starke und ausdauernde Muskulatur bietet die besten Voraussetzungen, für den Sport. Möglichst viel an Muskelmasse aufzubauen, ist ein ungeeigneter Ansatz.
Typische Split Programme, wie sie im Bodybuilding Verwendung finden, sind in den meisten Fällen, ungeeignet bis völlig ungeeignet für Kampfsportler, die leistungsorientiert trainieren.
Welche Art von Trainingsplan sinnvoll ist, hängt von den individuellen Voraussetzungen und Zielstellungen ab.
- Wie hoch ist dein Kraftniveau bereits?
- In welcher Gewichtsklasse trittst du an?
- Wie wichtig ist Kraft in deiner Kampfsportart?
- Was sind deine Stärken und Schwächen?
- In welcher Phase deines Trainings befindest du dich? (Wettkampfzeit etc.)
Krafttraining für Kampfsportler – Grundsätze:
- Trainiere bevorzugt mehr gelenkige Grundübungen.
- Bevorzuge technisch einfache Übungen. (Verletzungsgefahr bei komplexen Bewegungen)
- Isolationsübungen nur in Ausnahmefällen!
- Ganzkörpertraining – 1 bis max. 3 Mal in der Woche!
- Training an freien Gewichten und Körpergewichtsübungen haben sich besonders bewährt.
- Vermeide einseitiges Training. Muskuläres Ungleichgewicht erhöht die Verletzungsgefahr.
- Maximalkraft und Kraftausdauer sind wesentlich!
- Vernachlässige dein Techniktraining nicht!
- Vorsicht vor Übertraining!
Abhängig vom Trainingsniveau, deiner Genetik, deinen Stärken und Schwächen, kannst du dein Krafttraining gestalten. Muskelaufbautraining, wird dabei nur selten von Bedeutung sein, außer du hast deutliche muskuläre Defizite, willst einen „Body Armor“ (Körperpanzer) aufbauen oder in eine höhere Gewichtsklasse wechseln.
Wichtig ist es, den Körper ausgewogen zu trainieren. Ziehende und drückende Übungen sollten in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Da in allen Kampfsportarten, das Drücken bzw. die Orientierung nach vorne überwiegt, wird empfohlen Zugübungen, im Verhältnis 2:1, zu drückenden zu trainieren.
Für viele Kampfsportler reicht ein Ganzkörpertraining ein bis zweimal die Woche völlig aus.
Die Gefahr, sonst ins Übertraining zu kommen und das eigentliche Kampfsporttraining zu vernachlässigen, ist sehr hoch.
Was das Krafttraining für Kampfsportler betrifft, gibt es viele Trainer und viele Meinungen. Wer Krafttraining als Ergänzung zum eigentlichen Training versteht, sollte sich auch bei der Übungsauswahl Gedanken machen.
So haben sich Übungen aus dem olympischen Gewichtheben, sehr bewährt. Die Übungen sind allerdings technisch sehr komplex, benötigen lange Zeit, um sie zu meisten und erhöhen die Verletzungsgefahr, bei falscher Ausführung.
Hier musst du für dich abwägen, ob es das Risiko für dich wert ist. Das eigentliche Kampfsporttraining ist ja schon, was Verletzungen betrifft, riskant genug. Muss man dann im begleitenden Krafttraining, noch erhöhte Risiken zusätzlich eingehen?
Fazit – Muskelaufbau und Kampfsport – Wie passt das zusammen?
So manchem Kampfsportler, geht es darum, auch gut auszusehen und auch optisch einen gut trainierten, muskulösen Eindruck zu hinterlassen. Das ist verständlich, nachvollziehbar und nichts Verwerfliches. Was die Leistungsoptimierung angeht, hat Kraft- und Muskelaufbautraining, im Kampfsport nicht die erste Priorität.
Gezieltes Krafttraining ist zwar wichtig, es geht dabei aber nicht um gutes Aussehen, Muskelmasse und perfekte Proportionen, sondern um die Leistungsoptimierung im Sport.
Wer „gut aussehen“ will und seine sportliche Leistung optimieren will, arbeitet in der Regel, an zwei unterschiedlichen Zielsetzungen und geht in beiden Bereichen, Kompromisse ein. Muskelaufbau, um des Muskelaufbaus willen, ist die Zielsetzung im Bodybuilding, nicht im Sport.
Selbstverständlich lassen sich „hübsch aussehen“ und gute Leistung zu bringen, in einem gewissen Rahmen kombinieren. In den unten verlinkten Beiträgen, findest du mehr Information dazu.
Viel Spaß beim Training!
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