Boxen oder MMA: Welche Kampfsportart ist gefährlicher?


Boxen oder MMA: Welche Kampfsportart ist gefährlicher?

In den USA haben die Mixed Martial Arts bereits das Boxen als beliebteste Kampfsportart abgelöst. Das moderne MMA ist ein relativ junger Sport, obwohl seine Wurzeln Jahrtausende zurückreichen. Ziel beider Vollkontaktsportarten ist es, den Gegner k.o. zu schlagen oder zur Aufgabe zu zwingen. Gelingt dies nicht, entscheiden die Punktrichter über den Ausgang des Kampfes.

Ein Vergleich der Gefährlichkeit und der Gesundheitsrisiken von Boxen und MMA zeigt. Boxer haben ein signifikant höheres Risiko für schwere Hirnverletzungen, während sich MMA-Sportler eher beim Training verletzen und häufiger Schnitt- und Gelenkverletzungen erleiden.

  • Beim Boxen stehen Schläge auf den Kopf im Vordergrund, was das Risiko von Hirnverletzungen wie Schädel-Hirn-Trauma oder Hirnblutungen erhöht. Im Vergleich zu MMA wird beim Boxen häufiger geschlagen und getroffen, wobei sich die Trefferwirkung der einzelnen Schläge über die Zeit summiert und das Risiko von Hirnschäden deutlich erhöht. Zudem ist die Schlagkraft von Boxern im Durchschnitt deutlich höher als die von MMA-Kämpfern.
  • MMA-Sportler haben dagegen insgesamt ein höheres Verletzungsrisiko im Training. Hier sind es vor allem Gelenkverletzungen, die aufgrund der hohen Belastung von Knien, Schultern, Händen und Ellenbogen häufiger auftreten. Im Vergleich zum Boxen kommt es beim MMA häufiger zu Platzwunden und stark blutenden Verletzungen. Diese sind jedoch meist oberflächlich und weniger gefährlich.

Beide Sportarten sind aufgrund ihrer Brutalität umstritten und es wird immer wieder über Verbote nachgedacht. Zuschauer und Ausübende würden desensibilisiert und an Gewalt gewöhnt. Die Verletzungsgefahr und die langfristigen Gesundheitsrisiken für die Kämpfer seien enorm.

Einflussgrößen auf Verletzungsbilder im Boxen und MMA

Vergleicht man die Gefährlichkeit und die Gesundheitsrisiken des modernen Boxsports mit den Mixed Martial Arts, so sind mehrere Einflussfaktoren zu berücksichtigen.

Boxen vs. MMA durchschnittliche Kampfdauer

Im Vergleich zu MMA-Kämpfen dauert ein Profiboxkampf in der Regel länger. Zudem ist die Intensität der Schlagabtäusche in Bezug auf Zeit, Härte und Häufigkeit bei Boxern insgesamt höher. Diese Faktoren erhöhen das Risiko schwerer Kopfverletzungen beim Boxen deutlich.

Im Profiboxen wird in der Regel über eine Rundenzeit von 3 Minuten in 8 bis 12 Runden geboxt. Die Rundenzahl kann aber auch durch individuelle Absprachen variieren, etwas bei Aufbaukämpfen von Einsteigern in den Profiboxsport.

Früher wurde bei Weltmeisterschaften über 15 Runden geboxt. Wegen des erhöhten Gesundheitsrisikos in den letzten Runden wurde auf 12 Runden reduziert. Im Amateurboxen dauern die Runden 2 oder 3 Minuten und zwischen 3 und 5 Runden.

Geplante Kampfdauer Boxen: 6 bis 36 Minuten

In den Mixed Martial Arts wird in der Regel über 3 bis 5 Runden à 5 Minuten gekämpft. Die Pause zwischen den Runden wird mit einer Minute veranschlagt. Je nach Veranstalter gibt es aber auch hier Abweichungen.

Geplante Kampfdauer MMA: 15 bis 25 Minuten

Die Art der verwendeten Techniken: Boxen vs. MMA

Während sich die erlaubten Techniken im Boxen auf Schläge beschränken, erlaubt das Regelwerk des MMA eine Vielzahl unterschiedlicher Techniken. Zwar sind im MMA (UFC) auch Kniestöße, Ellbogenschläge und Fußtritte erlaubt, diese machen jedoch nur einen Teil des Technikrepertoires aus. Der Einsatz von Hebeltechniken aus dem Ringen, Judo und Jiu-Jitsu macht den Kampf abwechslungsreicher und in gewisser Weise auch ungefährlicher.

Im Gegensatz zum Boxen haben MMA-Kämpfer die Möglichkeit, durch Grappling im Stand und am Boden Schlagabtäusche zu vermeiden. Dadurch werden sie insgesamt weniger oft und weniger hart getroffen als Boxer. Eine hohe Anzahl harter Treffer führt mit der Zeit zu neurologischen Schäden. Diese können kurz- oder langfristig auftreten und zu schwersten Gesundheitsschäden mit Todesfolge führen.

Schädel-Hirn-Traumata, Hirnblutungen, Augenverletzungen und Verletzungen des Schädelknochens oder des Kiefers treten beim Boxen deutlich häufiger auf als bei den Mixed Martial Arts. Gleiches gilt für Langzeitschädigungen des Gehirns, die in vielen Fällen zu schweren Demenzerkrankungen führen können.

Kein Anzählen in den Mixed Martial Arts

Im Gegensatz zum Boxen gibt es beim MMA kein Anzählen, bereits angeschlagener Kämpfer. Ist ein MMA-Kämpfer nicht mehr in der Lage, sich zu verteidigen, wird der Kampf abgebrochen. Im Gegensatz zum Boxer, der vorübergehend nicht mehr in der Lage ist, sich zu verteidigen, gibt es keine zweite Chance, den Kampf fortzusetzen.

Im Boxsport führt das Anzählen von Kämpfern zum Weiterführen eines Kampfes, der unter dem Regelwerk der MMA bereits zu Ende wäre. Das gesundheitliche Risiko von Hirnverletzungen bei Boxern, die bereits angeschlagen weiterkämpfen und im Verlauf des Kampfes zusätzliche Treffer einstecken müssen, steigt signifikant.

Ground and Pound – eine Besonderheit der MMA

Ground and Pound, das Schlagen auf einen bereits am Boden liegenden, vermeintlich wehrlosen und unterlegenen Gegner, hat entscheidend zum schlechten Ruf des MMA in der Öffentlichkeit beigetragen. Im Boxen ist das Schlagen auf einen am Boden liegenden Gegner strikt verboten.

Dabei wird oft übersehen, dass Mixed Martial Arts eine Sportart ist, die sich gezielt auf solche Szenarien vorbereitet und intensiv trainiert. Besonders gefährlich wird Ground and Pound im Wettkampf, wenn der Ringrichter seiner Aufgabe nicht schnell genug nachkommt und den Kampf abbricht, um einen wehrlosen Kämpfer zu schützen.

In solchen Fällen kann es zu schweren Hirnverletzungen kommen.

Oberflächliche vs. innere Verletzungen im Boxen und MMA

In den Mixed Martial Arts treten häufiger als im Boxen stark blutende Verletzungen auf, die durch so genannte Cuts- bzw. Rissquetschwunden verursacht werden. Diese Verletzungen sind jedoch in der Regel gesundheitlich unbedenklich, sofern der Ringarzt verantwortungsvoll eingreift.

Gelenkverletzungen, vor allem an Händen, Ellenbogen, Schultern und Kniegelenken, treten bei den Mixed Martial Arts häufiger auf. Dies ist auf die Vielzahl der erlaubten Techniken zurückzuführen, insbesondere auf Hebel- und Würgetechniken, die, wenn sie nicht rechtzeitig gestoppt werden, zu schweren Gelenk- und Knochenverletzungen führen können.

Innere Verletzungen durch Schlagwirkung sind beim Boxen deutlich häufiger als beim MMA. Dies hat mehrere Ursachen. Boxen beschränkt sich auf Schläge. Boxer können daher im Durchschnitt besser und härter schlagen. Die Schlaghäufigkeit ist beim Boxen im Vergleich zum MMA deutlich höher. Außerdem dauern die Kämpfe im Durchschnitt länger. Dies führt zwangsläufig zu mehr und härteren Kopftreffern.

Seit der Einführung der Marquis-of-Queensberry-Regeln im Jahr 1884 sind etwa 500 Boxer im Ring oder infolge des Boxens gestorben.

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Ein weiterer, oft übersehener Faktor ist, dass der Boden bei Boxkämpfen härter ist als bei Mixed Martial Arts Kämpfen. Dies führt bei einem Niederschlag oder K.o. häufig zu ungebremsten Stürzen auf den Hinterkopf, die schwere Hirnverletzungen zur Folge haben können.

Mit der Häufigkeit und Schwere von Kopftreffern sind langfristige Hirnschäden verbunden. Diese summieren sich im Laufe der Zeit und führen manchmal erst Jahre nach der aktiven Wettkampfkarriere zu erkennbaren schweren Folgeschäden am Gehirn.

Boxen & MMA – Wie gefährlich waren ihre historischen Vorgänger?

Die historischen Wurzeln des Boxsports und der modernen Mixed Martial Arts reichen bis in die Antike zurück. Beide Sportarten, wenn auch unter einem anderen Regelwerk, waren traditionell Teil der Olympischen Spiele.

Das Pankration der alten Griechen war ein waffenloser Allkampf und wird als Vorläufer der modernen Mixed Martial Arts betrachtet. Es endetet nicht selten mit dem Tod oder der Verkrüppelung des Verlierers. Fast alles war erlaubt. Schläge, Tritte mit Händen, Füßen und Ellenbogen, Hebeltechniken am Boden und im Stand, gefolgt von Würfen. Auch das Brechen und Heben von Fingern war damals üblich. Verboten war nur das Beißen und das Ausstechen der Augen.

Im modernen Wettkampfsport MMA, der nur auf den ersten Blick unreglementiert erscheint, sind solche Praktiken heute undenkbar. Entsprechend geringer sind die gesundheitlichen Risiken im modernen MMA im Vergleich zu seinem antiken Vorgänger. Früher waren schwerste bis tödliche Verletzungen die Regel, heute sind sie tragische Ausnahmen.

Der antike Faustkampf, Vorläufer des modernen Boxens, wurde mit durch Leder oder später durch Stahlriemen geschützten Händen ausgetragen. Eine vorgegebene Rundenzahl oder Punktrichter gab es nicht. Die Kämpfe endeten mit der Kampfunfähigkeit oder Aufgabe eines der beiden Kontrahenten. In Rom wurde der „Sport“ in Form von Gladiatorenkämpfen ausgeübt. Die Kämpfe endeten nicht selten tödlich.

Der Fall Arrhichion – ein Toter wird posthum zum Sieger erklärt

Das Ausmaß der Verletzungen im antiken Boxen und Allkampf, den Vorläufern der modernen Mixed Martial Arts, ist gut dokumentiert.

Im Pankration, aber auch im antiken Faustkampf endeten die meisten Kämpfe mit Schwerverletzten, nicht selten mit Toten. Dabei war der Tote nicht immer der Verlierer, wie im Fall des Arrhichion (564 v. Chr.), der unmittelbar nach der Aufgabe seines Gegners starb und posthum zum Sieger erklärt wurde. Arrhichion hatte seinem Gegner zuvor die Zehen gebrochen.

Die Kämpfe im Pankration und im antiken Faustkampf ähnelten also eher den Gladiatorenkämpfen, was sie im antiken Rom im Gegensatz zum olympischen Pankration der Griechen auch waren. Sie hatten mit dem, was wir heute unter Kampfsport verstehen, kaum etwas zu tun.

Regeln und Sicherheit im modernen Boxen und MMA

Die beiden Kampfsportarten Boxen und Mixed Martial Arts, wie wir sie heute kennen, haben sich zu modernen Wettkampfsportarten entwickelt. Um die Sicherheit der Kämpfer bestmöglich zu gewährleisten, wurden die Regeln, die Wettkampfbestimmungen, die vorgeschriebene Schutzausrüstung und die obligatorischen Gesundheitschecks ständig verbessert und verbindlich eingeführt.

Ein wichtiger Schritt zur Reglementierung des Boxsports war die Einführung der Marquis of Queensburry Regeln. Die Boxhandschuhpflicht, das Verbot des Ringens und Tretens und die Einführung des Anzählens bis 10 bei angeschlagenen Kämpfern.

Die modernen Mixed Martial Arts haben sich seit ihren Anfängen im brasilianischen Vale Tudo, was so viel wie „alles geht“ bedeutet, und den ersten Ultimate Fighting Championships in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts zu einer stark reglementierten Sportart entwickelt.

So sind viele der damals noch erlaubten und hochgefährlichen Techniken heute verboten. So sind beispielsweise Tritte auf einen bereits am Boden liegenden Gegner nicht mehr erlaubt.

Auch das schnelle Eingreifen von Ringrichtern und Ringärzten zum Schutz der Kämpfer trägt in beiden Sportarten erheblich zur Verbesserung der Sicherheit der Athleten bei.

Dennoch ist das Verletzungsrisiko bei beiden Kampfsportarten hoch. Dies ist eine Eigenschaft, die sie mit anderen Leistungs- und Spitzensportarten gemeinsam haben und die oft übersehen wird.

Was kann man tun, um als Boxer und MMAler seine Sicherheit zu erhöhen?

Vor allem im Amateurboxen ist heute ein sehr hoher Sicherheitsstandard gewährleistet. Die Zahl und Schwere der erlittenen Gesundheitsschäden konnte dadurch drastisch reduziert werden. Ähnliches lässt sich für die Mixed Martial Arts sagen.

Sinnvolles Training, gute Schutzausrüstung, Altersbeschränkungen für Wettkämpfer, regelmäßige Gesundheitschecks wie z.B. CTS nach erlittenen K.O.s oder Niederschlägen und anschließende Wettkampfpausen können entscheidend zur Sicherheit der Kämpfer beitragen.

Was ist brutaler & härter, Boxen vs. MMA?

Häufig wird die Frage nach der Brutalität und Härte des Boxsports im Vergleich zum MMA gestellt.

Laut einer Aussage von Connor McGregor vor dem Kampf gegen Mayweather sei MMA der härtere Sport. Verletzungen im Training, Schmerzen durch überdehnte und überlastete Gelenke kämen beim MMA-Training wesentlich häufiger vor.

Eine von der Association of Ringside Physicians durchgeführte Studie ergab, dass von 1993 bis 2020 insgesamt 60 MMA-Kämpfer in den Vereinigten Staaten gestorben sind.

Quelle

Im direkten Vergleich, dem Kampf zwischen einem Boxer und einem MMA-Kämpfer, ist der MMA-Kämpfer eindeutig im Vorteil. Er verfügt über ausreichende Mittel, um den harten, kampfentscheidenden Schlägen des Boxers zu entgehen und kann diesem mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Ringkampf aufzwingen, den der Boxer nicht gewinnen kann.

Fazit – Was ist gefährlicher, Boxen oder MMA?

Hinsichtlich der gesundheitlichen Risiken ist Boxen, wie inzwischen zahlreiche fundierte Studien belegen, deutlich gefährlicher als Mixed Martial Arts. Ausschlaggebend dafür sind die Häufigkeit und Schwere der zum Teil tödlichen Kopfverletzungen und die oft unterschätzten Langzeitfolgen von Hirnverletzungen.

In beiden Sportarten gibt es jedoch erhebliche Unterschiede zwischen dem Amateur- und dem Profibereich. Profis leben in beiden Kampfsportarten deutlich gefährlicher. Nicht zuletzt, weil bewusst gesundheitliche Risiken eingegangen werden und Karrieren verlängert werden, um im Geschäft zu bleiben.

Wer als Amateur seinen Kampfsport mit gesundem Menschenverstand betreibt, sich regelmäßig ärztlich untersuchen lässt und seine Wettkampfkarriere rechtzeitig beendet, hat gute Chancen, ernsthaften gesundheitlichen Schäden zu entgehen.

Ein Restrisiko bleibt aber gerade im Kampfsport immer bestehen. Dessen sollte man sich bewusst sein.

Viel Spaß beim Training!

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